Der ehemalige CSU-Chef Seehofer lieferte sich als Innenminister heftige Gefechte mit Kanzlerin Merkel. Nun äußert er sich auch zum Aufstieg der AfD.
AfD stark wie nie„Ein großer Fehler“ – Seehofer rechnet mit Merkels Politik ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lauscht auf dem CSU-Parteitag 2015 der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Seehofer watschte Merkel öffentlich ab.
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Friedrich Merz war im November 2018 ins Rennen um den Parteivorsitz der CDU gegangen mit der Erklärung, die Zustimmung zur AfD halbieren zu können. Das ist Geschichte: Merz unterlag Annegret Kramp-Karrenbauer und wurde erst 2022 Bundesvorsitzender der CDU. Auch Wahlergebnisse für die Union von 40 Prozent, wie von Merz 2018 angekündigt, sind Geschichte. Im Februar 2025 erzielte die Union gut 28 Prozent.
Vor allem jedoch konnte der Aufstieg der AfD nicht gestoppt werden: Weder unter der Großen Koalition noch während der Ampel gelang es, die Wahlergebnisse der Partei, die mittlerweile als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, zu reduzieren. Inzwischen hat die AfD die Union in einigen Umfragen sogar eingeholt. Ende April teilte Forsa mit, die AfD würde 26 Prozent erzielen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, CDU und CSU zusammen aber nur 25 Prozent.
Kann die AfD mit härterer Migrationspolitik gestoppt werden?
Über die Gründe für den Erfolg der AfD wird viel diskutiert. Während viele Experten sagen, man könnte die Partei nicht mit ihren eigenen Themen schlagen, versuchen die Parteien der politischen Mitte dies seit Jahren dennoch. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf stark auf das Thema Migration gesetzt, CSU-Innenminister Alexander Dobrindt verschärfte direkt nach Amtsantritt die Grenzkontrollen. Jüngst brachte Jens Spahn, mittlerweile Fraktionschef der Union, erneut das Thema Halbierung der AfD auf. „Die gemeinsame Aufgabe von Union und SPD ist es, Probleme zu lösen und so die AfD zu halbieren“, sagte der CDU-Politiker. Daher müsste die „illegale Migration“ schnell von der Schwarz-Roten Koalition beendet werden.
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Der ehemalige CSU-Chef Horst Seehofer begrüßte nun in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk die von der neuen Regierung beschlossenen Maßnahmen in der Migrationspolitik. Die Wende sei jetzt endlich mit Merz und Dobrindt erfolgt. Nur mit der CSU an entscheidender Stelle im Innenministerium sei dies umsetzbar geworden, so der CSU-Ehrenvorsitzende.
Horst Seehofer teilt gegen Angela Merkel aus
Seehofer kritisiert vor allem die ehemalige CDU-Kanzlerin Angela Merkel heftig: Mit ihr als „Chefin“ „können Sie Innenminister sein, so lange Sie wollen: Wenn der Kanzler diese Grundlage nicht mitträgt, können Sie nichts machen“, sagte Seehofer. Merkel stand mit ihrer Politik für offene Grenzen und hatte in der Migrationskrise 2015/16 den Slogan ausgegeben „Wir schaffen das“. Zu diesem Zeitpunkt war der CDU-Politiker Thomas de Maizière Innenminister unter Merkel und unterstütze deren Politik.
Seehofer übernahm das Amt dann 2018. Bereits in den Jahren zuvor hatte der CSU-Chef Konflikte mit Merkel um eine Obergrenze für Geflüchtete ausgetragen, Merkel musste sich 2015 auf dem CSU-Parteitag auch eine öffentliche Abrechnung anhören. Als Innenminister wollte Seehofer einen „Masterplan Migration“ umsetzen, stieß aber bei der Bundeskanzlerin auf Widerstand. Es kam zum schweren Konflikt zwischen den Schwesterparteien. Seehofer plädierte für Zurückweisungen, Merkel war gegen nationale Alleingänge. Kurz vor dem endgültigen Bruch wurde ein Kompromiss erzielt.
Seehofer scheint sein Konflikt mit Merkel immer noch zu beschäftigen, auch in Bezug auf die AfD. Merkel hatte gesagt, sie habe die AfD nicht verdoppelt. Diese These findet Seehofer ein „bissel schräg“, wie er dem BR nun erklärte. „Sie kriegen die AfD nicht durch Demonstrationen oder durch Verbotsüberlegungen wieder klein, sondern nur durch eine gute Politik, die das Vertrauen der Bevölkerung bekommt“, so der frühere CSU-Chef.
Zum Migrationskurs der Ex-Kanzlerin sagt Seehofer rückblickend: „Auch wenn sie es heute noch nicht so sieht wie ich, das war ein großer Fehler.“ Der zweite Fehler besteht aus Sicht Seehofers darin, dass Merkel ihren Irrtum bis heute nicht zugeben wolle.