Bundesländer verschärfen RegelnBayern kehrt zur Maskenpflicht an Schulen zurück

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Maskenpflicht Bayern Schulen

Bayern führt die Maskenpflicht an Schulen wieder ein. 

Berlin – Angesichts der angespannten Corona-Lage in Deutschland ringen Politik und Gesundheitsexperten um zusätzlichen Schutz für den Winter.

Bayern hat die vorübergehende Wiedereinführung der Maskenpflicht an Schulen beschlossen. Nach den Herbstferien müssen in den Grundschulen für eine Woche und in den weiterführenden Schulen für zwei Wochen wieder Masken auch am Platz und unabhängig vom Mindestabstand getragen werden, wie das Kabinett am Mittwoch in München beschloss. „Ab dem 8. November wird die Maskenpflicht im Unterricht und auf den sogenannten Begegnungsplätzen im Schulgebäude gelten, nicht dagegen aber unter freien Himmel, also im Pausenhof“, erläuterte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Für die weiterführenden Schulen sind dann medizinische Masken vorgeschrieben, für die Grundschüler reichen Alltagsmasken. Die Maskenpflicht im Unterricht war in Bayern erst Anfang Oktober aufgehoben werden. Doch die Corona-Infektionszahlen waren zuletzt stark gestiegen. 

Sachsen mit dem bundesweit zweithöchsten Infektionsgeschehen will die 2G-Regel (Zugang nur geimpft oder genesen) etwa für Gastronomie und Veranstaltungen drinnen einführen. Das sehen Eckpunkte vor, über die das Kabinett am Dienstag beriet. Im Nahverkehr sollen FFP-2-Masken Pflicht werden, die Maskenpflicht im Unterricht soll bleiben.

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In Baden-Württemberg tritt an diesem Mittwoch eine Warnstufe in Kraft, die an die Zahl der Corona-Patienten in Kliniken geknüpft ist. Sie sieht ebenfalls strengere Regeln für Vorgaben für Ungeimpfte vor. 

Niedersachsen lässt vorerst keine Lockerungen an den Schulen zu. Die Maskenpflicht im Unterricht wird für viele Schülerinnen und Schüler bestehen bleiben. Nur die Schüler der ersten und zweiten Klasse dürfen die Masken weiterhin im Unterricht absetzen.

Marburger Bund: 2G in allen Bereichen des öffentlichen Lebens

Bundesweit im Blick steht auch mehr Schutz für Pflegeheime. Spahn strebt dort verpflichtende Testkonzepte im Herbst und Winter an, die „unabhängig vom Impfstatus mindestens zweimal wöchentlich obligatorische Tests für das Personal vorsehen“, wie es im Entwurf heißt. Besucher müssten ebenfalls ein frisches negatives Testergebnis haben, sonst müssten Einrichtungen Schnelltests anbieten. Die Länder könnten auch Besucher-Zugang nur für Geimpfte oder Genesene (2G) vorsehen. Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, sagte der „Wirtschaftswoche“, wer nicht geimpft sei, könne und sollte nicht in Alten- und Pflegeheimen arbeiten. Die Regierung habe eine Impfpflicht ausgeschlossen, sollte darüber aber erneut nachdenken.

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Auch der Marburger Bund fordert Zutritt nur für Geimpfte und Genesene (2G) zu bestimmten gesellschaftlichen Bereichen. „Aus meiner Sicht sollte 2G der Standard in allen Bereichen des öffentlichen Lebens sein, beispielsweise in der Gastronomie und in Museen“, sagt Vorsitzende Susanne Johna. Wenn sich in kürzester Zeit die Ungeimpften infizierten und ein kleinerer Teil der Geimpften, kämen je nach regionaler Inzidenz auch Krankenhäuser wieder an Grenzen kommen, meinte sie angesichts der Corona-Lage.

Boosterimpfungen durch Hausärzte

Die Praxisärzte sicherten zu, mehrere Millionen weitere Auffrischungsimpfungen („Booster“) bis Jahresende anbieten zu können – allerdings vorerst für gefährdete Menschen unter anderem ab 70 Jahre gemäß einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Dagegen dringt der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weiter auf Impf-Verstärkungen auf breiterer Front schon für alle über 60. In ersten Bundesländern kommen wegen kritischer Infektionszahlen weitergehende Auflagen vor allem für Ungeimpfte.

Flexiblere Regeln fürs Impfen

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sagte am Dienstag in Berlin, die Praxen könnten die Aufgabe von insgesamt 15 Millionen Auffrischungsimpfungen bis Ende Dezember leisten. Dies müsse aber in einer „etwas ruhigeren und geordneten Atmosphäre“ stattfinden. Verlässliche Basis sei die Stiko-Empfehlung. Abweichende Empfehlungen nicht-ärztlicher Herkunft verwirrten viele und „chaotisierten“ teils Praxisabläufe, so dass dies eher bremse. Einen „Booster“ bekommen haben bisher gut zwei Millionen Menschen.

Die Zahl der impfenden Praxen sei bereits wieder auf mehr als 30.000 gestiegen, nachdem es zu Spitzenzeiten 70.000 waren. Wenn noch etwa 5000 weitere dazu kämen, reichte dies für anstehende Auffrischungen aus, sagte Gassen. Es gehe ja um eine klar definierte Gruppe, die impfwillig sei und daran von den Ländern oder Krankenkassen erinnert werden sollte. Helfen würden kurzfristigere Bestellmöglichkeiten für Impfstoff als 14 Tage im Voraus - und flexiblere Regeln fürs Impfen, auch wenn Fläschchen mit mehreren Impfdosen nicht ganz aufgebraucht werden könnten. Sonst seien immer erst Patienten dafür zu sammeln.

Wer soll den Booster erhalten?

Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens betonte, es komme nun darauf an, die Menschen zuerst per „Booster“ zu schützen, die es am dringendsten benötigten. Gesunde mittleren Alters mit Grundimmunisierung könnten davon ausgehen, dass sie noch ausreichend Schutz vor einer schweren Covid-19-Erkrankung haben. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Martin Scherer, stärkte der Stiko den Rücken. Es sei wichtig, nach deren Empfehlung vorzugehen. Vorpreschen der Politik löse zeitfressende Diskussionen in Praxen aus. Nötig sei „Ruhe im System“, damit Ärzte ihre Arbeit tun könnten.

Der Marburger Bund forderte unterdessen mehr Tempo bei den Auffrischungsimpfungen. „Wir müssen bei den Booster-Impfungen mehr aufs Tempo drücken“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). „Die Gesundheitsministerien der Länder sollten jetzt alle Menschen ab 70 per Brief gezielt über die Möglichkeit zur Auffrischungsimpfunginformieren“, sagte sie. „Man darf nicht einfach davon ausgehen, dass die Leute schon Bescheid wissen.“

Breiter angelegte Auffrischungen

Viele Betroffene wüssten gar nicht, dass sie eine dritte Impfung bräuchten, um weiterhin gut vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt zu sein. Vorrang müssten dabei die Menschen über 70 sowie jene mit bestimmten Vorerkrankungen haben. „Nach mehr als einem halben Jahr hat die Schutzwirkung der Impfung besonders bei alten Menschen nachgelassen. Um die Immunität zu erhalten, brauchen wir jetzt rasch Auffrischungsimpfungen für diesen besonders gefährdeten Personenkreis.“ Dazu gehörten aber auch jüngere Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und medizinisches Personal.

Spahn macht sich aber weiter für breiter angelegte Auffrischungen stark. Darüber sollten die Länder alle Über-60-Jährigen informieren, heißt es in einem vorliegenden Entwurf für die Gesundheitsministerkonferenz mit den Ländern Ende der Woche. Zuerst berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe darüber. Ergänzend könnten Auffrischungen auch „grundsätzlich allen Personen angeboten werden, die diese nach Ablauf von sechs Monaten nach Abschluss der ersten Impfserie wünschen“ - rein kalendarisch also, wenn man bis Anfang Mai seine vollständige Impfung bekommen hatte.

Impfzentren könnten wieder geöffnet werden

Spahn hält außerdem daran fest, dass die Länder ihre Impfzentren aus dem Stand-by-Modus „wieder aktivieren und dort Auffrischungsimpfungen anbieten“ sollen. Mehrere Länder reagierten schon reserviert darauf. Der Städtetag kritisierte in einem vorliegenden Schreiben, ein Impfzentrum sei „keine Taschenlampe“, die je nach Stimmungslage aus- und wieder angeknipst werden könne. Bund und Länder hatten vereinbart, die zeitweise mehr als 400 Zentren zum 30. September zu schließen oder Kapazitäten zurückzufahren. Laut Beschluss von Juni sollten die Länder aber sicherstellen, dass Impfkapazitäten „bedarfsgerecht in kurzer Zeit wieder hochgefahren werden können“.

Eine Linie könnte eine Bund-Länder-Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) festlegen, das die geschäftsführende Regierung angeboten hat. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, sagte, ein Treffen in der kommenden Woche sei sachgerecht. Der Infektionsanstieg erfordere „Wachsamkeit und entschlossenes Handeln aller bei der Impfstrategie“. Aus anderen Ländern kamen aber auch skeptische Signale zu einem erneuten Treffen. (RND/dpa)

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