Nach vier Wochen wieder angestecktWie gefährlich sind Corona-Reinfektionen?

Lesezeit 6 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Ein positiver Corona-Schnelltest.

Trotz Sommer steigt die Zahl der Corona-Ansteckungen. Selbst Geimpfte, die sich in den vergangenen Wochen oder Monaten schon einmal mit Omikron infiziert haben, bekommen gerade erneut Corona. Denn schon länger ist klar: Der Immunschutz bewahrt vor schwerem Covid-19, nicht aber vor einer Infektion, vor einem milden bis moderaten Krankheitsverlauf. Es mehren sich zudem Hinweise, dass man sich bei den neuen Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 noch schneller ein zweites Mal anstecken kann als bei bisherigen Varianten. Fachleute sprechen dabei von einer Reinfektion.

Jüngstes Beispiel: Australien. Die örtliche Gesundheitsbehörde (AHPPC) rechnet angesichts der Ausbreitung der Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 mit einem Anstieg der Reinfektionsraten – bei denjenigen, die sich zuvor mit Corona angesteckt haben, aber auch bei denen mit aufgefrischter Impfung. Denn die Varianten umgehen den Immunschutz noch einmal deutlicher als BA.1 und BA.2.

Schon nach einem Monat erneut anstecken – bei Omikron möglich

Reinfektionen könnten bereits „28 Tage nach Genesung von einer früheren Covid-19-Infektion auftreten“, heißt es in einer AHPPC-Stellungnahme von Anfang Juli. Die befürchtete Folge: Mehr Infektionen, mehr Einweisungen ins Krankenhaus, mehr Todesfälle. Bislang gilt im Land die Regel, dass erst nach drei Monaten erneut von einer Reinfektion die Rede sein kann. Das Gremium spricht sich nun aber dafür aus, die Periode auf 28 Tage zu verkürzen und dann erneut Corona-positive Personen als neue Fälle zu melden.

Dass sich mit Omikron innerhalb kürzerer Zeit mehr Menschen erneut anstecken können, machen französische Forschende auch in einem in der Fachzeitschrift „Journal of Infection“ erschienenen Artikel deutlich. Sie haben sich Reinfektionsraten verschiedener Corona-Wellen in der Hafenstadt Marseille angeschaut. Das Ergebnis: Lagen diese früher bei 0,2 bis 1,5 Prozent, stieg sie mit dem Kursieren der Omikron-Varianten BA.1 und BA.2 auf 6,8 Prozent. Sie kommen außerdem zum Schluss, dass der Schutz vor Omikron aufgrund einer vorangegangenen Infektion „deutlich reduziert“ sei und auch für eine geringere Wirksamkeit von Impfstoffen verantwortlich sein könnte. Wie es nun aber explizit bei BA.5 aussieht? Dazu fehlen bislang aussagekräftige Daten.

Reinfektionen könnten in den kommenden Wellen einen separaten Infektionstreiber darstellen, resümieren auch österreichische Forschende, die ähnliche Beobachtungen machen wie in Frankreich und Australien. Aktuelle Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass eine viel schnellere Reinfektionsrate als nach drei Monaten möglich ist, und dass Mehrfachinfektionen zudem nicht unbedingt zu asymptomatischen Verläufen führen. „Schnelle Reinfektionen treten jedoch meistens bei ungeimpften oder unvollständig geimpften Personen auf“, betonen die Forschenden in einem Bericht, der ebenfalls im „Journal of Infection“ erschienen ist.

Daten aus Deutschland: Impfschutz sinkt deutlich – auch nach dem Booster

Auch in Deutschlands Daten zeigt sich, dass ein Schutz vor einer symptomatischen Omikron-Infektion schon nach sehr kurzer Zeit wieder sinken kann. Und das bereits, seit die ersten Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 Anfang des Jahres kursierten. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat für seine jüngste monatlich erscheinende Auswertung der Impfeffektivität Daten bis Ende Mai und Studien bis Februar berücksichtigt. Nach einer Grundimmunisierung – also ohne Auffrischung – lag die Effektivität gegen eine symptomatische Infektion nach bis zu drei Monaten bei maximal 54 Prozent, nach sechs Monaten nur noch bei 13 Prozent.

Die Boosterdosis kann den Impfschutz zwar wieder erhöhen – aber dieser sinkt nach kurzer Zeit ebenfalls deutlich – nach drei Monaten auf 44 bis 65 Prozent. Das sind deutlich geringere Werte als zu Beginn der Impfkampagne, als noch keine neuen Virusvarianten kursierten. Immerhin bleibt eine gute Nachricht: Gegen schweres Covid-19 und Tod bleibt die Auffrischdosis auch nach drei Monaten sehr wirksam – mit einer anhaltend hohen Effektivität zwischen 78 und 94 Prozent, wie das RKI in seinem Bericht festhält. Wie es danach aussieht, dazu gibt es aber noch keine Ergebnisse. Allerdings dürfte bei vielen Menschen hierzulande die letzte Auffrischdosis inzwischen schon mehrere Monate zurückliegen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Erst mit BA.1, dann mit BA.5 anstecken? Selten, aber möglich Es ist offensichtlich auch möglich, sich in kurzer Zeit mit unterschiedlichen Omikron-Subtypen anzustecken. Hinweise darauf lieferte eine Studie aus Dänemark. Die Ergebnisse wurden Ende Februar als noch von unabhängigen Fachleuten zu begutachtender Preprint auf der Plattform „medRxiv“ veröffentlicht. Die Forschenden untersuchten dafür Daten zu mehr als 1,8 Millionen Corona-Infektionen zwischen Ende November und Mitte Februar. Darunter waren Geimpfte wie auch Ungeimpfte. Auch Delta-Ansteckungen fanden da noch statt.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Statens Serum Institut fanden 187 Fälle, bei denen sich Menschen in einem Zeitraum zwischen 20 und 60 Tagen nach der Erstinfektion erneut mit den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 angesteckt hatten. Das ist also insgesamt ein eher kleiner Anteil. In 47 Fällen steckten sich Menschen innerhalb kurzer Zeit erst mit dem Omikron-Subtyp BA.1, dann mit BA.2 an. Meist war das der Fall „bei jungen, ungeimpften Personen mit leichter Erkrankung, die nicht zu einem Krankenhausaufenthalt oder Tod führt“, heißt es in der Studie. „Wir liefern den Beweis dafür, dass BA.2-Infektionen mit Omikron kurz nach einer BA.1-Infektion auftreten, aber selten sind.“

Wie gefährlich sind Reinfektionen? Jeder hat ein anderes Ansteckungsrisiko

Wie hoch das Risiko einer erneuten Ansteckung im Einzelfall ist, unterscheidet sich von Person zu Person. Nicht nur die kursierende Virusvariante, sondern auch die eigene Immunantwort ist beispielsweise entscheidend: Es gibt Menschen, die sich mit dem Virus infizieren und deren Immunsystem daraufhin viele Antikörper und T-Zellen produziert. So entsteht ein guter Schutz vor einer erneuten Ansteckung. Es kann jedoch auch sein, dass die Antikörperantworten geringer ausfallen. Diese Immunreaktionen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Auch die Virusmenge kann unterschiedlich hoch sein, mit der man konfrontiert wird – und das eigene Verhalten im Alltag entscheidet auch mit.

Grundsätzlich kann man aber auch bei Omikron immer noch sagen: Menschen, die sich schon einmal mit dem Coronavirus angesteckt haben, erkranken im Fall einer Reinfektion wahrscheinlich milder – vor allem, wenn sie zusätzlich noch geimpft und geboostert sind. Das liegt daran, dass das Immunsystem den Erreger bereits ein Stück weit kennt und ihn mit zuvor gebildeten Antikörpern und T-Zellen abwehren kann. Das betonen Immunologen und Immunologinnen.

Wie kann man sich vor einer Reinfektion schützen?

Gerade Ältere und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen tragen aber weiterhin ein erhöhtes Risiko für schweres Covid-19. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt deshalb allen Menschen ab 70 Jahren, in Pflegeeinrichtungen Lebenden, Menschen mit Immunschwäche ab fünf Jahren sowie Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen eine zweite Auffrischungsdosis mit einem der bestehenden mRNA-Impfstoffe. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA rät neuerdings bereits ab 60-Jährigen und Menschen mit Vorerkrankungen jeglichen Alters zur zweiten Boosterdosis. Für Jüngere gibt es aber auch Spielraum, wie der Hausärzteverband zuletzt erklärte. Wer Interesse hat, sollte sich das Gespräch in einer hausärztlichen Praxis oder einer Impfstelle suchen.

Und auch wenn ein Großteil der Corona-Maßnahmen nicht mehr gilt, rät das Robert Koch-Institut (RKI) im Alltag zur Vorsicht. Maske tragen und Testen empfiehlt sich weiter in Innenräumen unter vielen Menschen. Weil das Ansteckungsrisiko drinnen sehr hoch ist, sollte man Treffen mit vielen Personen nach draußen verlegen, wenn keine Maske getragen und nicht gelüftet wird. Bei regional hohen Fallzahlen kann man darüber nachdenken, die eigenen Kontakte wieder zu reduzieren – zum Beispiel durch Arbeiten im Homeoffice oder das Meiden von Clubs und Restaurants.

KStA abonnieren