Sächsische Staatskapelle Dresden, Thielemann und BrucknerZuhause angekommen

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Gerade in den langen Generalpausen bei Bruckner und Wagner liegen für Thielemann die spannungsreichsten Momente.

Gerade in den langen Generalpausen bei Bruckner und Wagner liegen für Thielemann die spannungsreichsten Momente.

Aus einer Fernbeziehung wurde dann im September 2012 quasi eine familiäre Vereinigung. Nicht zuletzt, weil der gebürtige Berliner und ausgesprochene Preuße Thielemann im Zuge eigener Ahnenforschung herausfand, dass seine Vorfahren eigentlich aus Leipzig und Dresden stammen. Seitdem bezeichnet er sich augenzwinkernd als „konvertierter Beute-Preuße“ – in Wahrheit ist er endlich daheim angekommen.

Was macht nun das Faszinosum Thielemann – Staatskapelle aus?

Sicherlich die Pflege von Traditionen, die bei beiden ungefährdet scheint. Der Name Thielemann steht einerseits für die Bewahrung des deutsch-österreichischen romantischen Opern- und Konzertrepertoires aus dem späten 19. Jahrhundert, andererseits ebenso für die unterstützende Erhaltung eines spezifischen Orchesterklangs. Ein Klang, der durchaus eine Fokussierung des Repertoires mit sich bringt, nicht nur aufgrund des glänzenden Blechbläserapparats.

Verbundenheit durch Klänge

Sicherlich hängt diese Klangtradition und die künstlerische Seelenverwandtschaft zwischen Orchester und Dirigent auch mit dem Idiom zusammen, das Thielemann gerne als „deutschen“ Klang umfasst. Einer seiner Jugendidole war und bleibt Wilhelm Furtwängler, dessen gedeckteren, dunklen Klang, gepaart mit flexiblen Tempi, Durchsichtigkeit und Leichtigkeit er bis heute ebenso bewundert wie seine freie und persönliche Art des Musizierens und Dirigierens.

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Bei der Staatskapelle, seiner „Wundertüte“, würden sich neben diesem Ideal eines übergeordneten gedeckteren, dunkleren, aber immer durchsichtigen Klangs „mendelssohnsche Leichtigkeit, wagnersche Opulenz und strausssche Brillanz“ vereinen, so Thielemann. Er schwärmt davon, wie das ebenso opernerfahrene Orchester auf Winzigkeiten reagiere. Aber auch die Stille in der Musik ist für Thielemann eine große Kunst. Gerade in den langen Generalpausen bei Bruckner und Wagner liegen für ihn die spannungsreichsten Momente, in denen nichts und gleichsam alles passiert.

In der Ruhe liegt die Kraft

Auch wenn Thielemann schon ein alter Hase im Geschäft ist, mangelt es ihm, wie er selbst sagt, noch immer an Gelassenheit und an der Fähigkeit, seine Kräfte besser einzuteilen. Nun – dies lässt sich an Bruckner und Wagner bestens üben. Zumal die Staatskapelle den Werken Bruckners durch stetige Aufführungen und auch Aufnahmen (erwähnt sei hier nur Eugen Jochums Gesamteinspielung) ähnlich verbunden ist wie ihr Chefdirigent.

Wer Wagner und Strauss zu seinen „Hauskomponisten“ zählen darf, dem ist auch der spezielle Klang einer Bruckner-Sinfonie auf besondere Weise vertraut. Nicht umsonst wird dort jede Saison mit Bruckner eingeläutet. Bei dem Konzert, bei dem Thielemann im September 2009 für den erkrankten Fabio Luisi einsprang, stand ebenfalls Bruckner auf dem Programm.

Erfolg durch die „Achte“

Wenig später spielten beide Bruckners „Achte“ ein und Kritiker sprachen davon, Thielemann habe Bruckner „die Zunge“ gelöst. Nur weitere zwei Jahre vergingen, bis ihn die „Staatskapellisten“ zu ihrem neuen Chefdirigenten kürten. Thielemann, Dresden und Bruckner – eine wahrlich glückliche Dreiecksbeziehung. Wären da nicht Strauss und Wagner... Aber das ist eine andere Geschichte.

Termin: Dienstag 09.09., 20:00 Gidon Kremer Violine Sächsische Staatskapelle Dresden Christian Thielemann Dirigent Sofia Gubaidulina In tempus praesens (2007) Konzert für Violine und Orchester Anton Bruckner Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109 (1887–96) 19:00, Einführung in das Konzert durch Oliver Binder, Empore 92,– 82,– 64,– 44,– 27,– 25,– Euro | Z: 64,– Euro Klassiker!

Dmitrij Kitajenko eröffnet die neue Saison des Gürzenich-Orchesters Köln „Ungiltig“, „nur ein Versuch“, „ganz nichtig“, vermerkte Anton Bruckner nachträglich auf der Partitur seiner d-Moll-Sinfonie und schloss sie damit aus dem Kreis seiner neun gültigen Sinfonien aus. Aber immerhin vernichtete er sie nicht, sondern vermachte das Autograph dem Landesmuseum in Linz. Wenn wir die Sinfonie heute als die „Nullte“ bezeichnen, so ist das nicht chronologisch zu verstehen: Komponiert hat Bruckner sie 1869, ein Jahr nach seiner als Nr. 1 gezählten Sinfonie. Als Bruckner den damals in Wien wirkenden Felix Otto Dessoff mit der Nullten bekannt machte, soll der gleich gefragt haben: „Ja, wo ist denn das Thema?“ Worauf der empfindliche Komponist geantwortet haben soll: „Jetzt hab’ i mi net mehr traut, ein urdentlichs Thema aufzuschreiben.“ Rückblickend stellt sich gerade dieser aus einem „d-Moll-Urnebel“ heraus entstehende Beginn als zukunftweisend heraus. Heißt es also der „Nullten“ mit Neugier zu begegnen, so kann man sich im weiteren Programm des Festkonzerts des Gürzenich-Orchesters zur Saisoneröffnung genießend zurücklehnen. Denn Mozarts klangsensible Sinfonia concertante Es-Dur für Violine, Viola und Orchester KV 364 ist bei Renaud Capuçon und Gérard Caussé in besten Händen. Und Ehrendirigent Dmitrij Kitajenko wird alles tun, dass die „Rosenkavalier“-Suite von Richard Strauss nach Opernkenner Kurt Pahlen – „blühende Melodien, berauschende Harmonien, seliges Schwelgen im Wohlklang“ bekommt.

Sonntag 31. August, 11 Uhr Anton Bruckner Sinfonie Nr. 0 d Moll WAB 100 Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonia Concertante Es-Dur KV 364 Richard Strauss Suite aus der Oper „der Rosenkavalier“ TrV 227 d Renaud Capuçon, Violine Gérard Caussé, Viola Gürzenich Orchester Köln Dmitrij Kitajenko, Dirigent

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