Brisante Post an Vorstand des 1. FC KölnOpposition um Prestin fordert Mitgliederlisten und stellt Team und Konzept vor

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Dieter Prestin verfolgt das Heimspiel des 1. FC Köln gegen Bayer 04 Leverkusen.

Dieter Prestin (Mitte) während des Heimspiel des 1. FC Köln gegen Bayer 04 Leverkusen

Die FC-Vorstandskritiker um Dieter Prestin gehen die nächsten Schritte. Das Präsidium sieht einen Rücktritt als sinnlos an.

Dem Vorstand des 1. FC Köln wird relevante Post zugestellt: Die Opposition um Dieter Prestin fordert nach Informationen dieser Zeitung das Präsidium des Bundesliga-Absteigers anwaltlich zur Aushändigung der Mitgliederlisten des Klubs auf. Versehen ist das Einschreiben vom 24. Mai mit einer Frist bis zum 6. Juni. Das Ziel ist klar: Die Opposition um den Kölner Doublesieger von 1978 will eine außerordentliche Mitgliederversammlung erzwingen, um den massiv in der Kritik stehenden Vorstand zu stürzen.

Die Hürden für diesen Schritt sind nicht besonders hoch: Mindestens 1000 Unterstützungsunterschriften von volljährigen Mitgliedern des 1.FC Köln reichen. Doch um eine Abwahl des Vorstands überhaupt auf die Tagesordnung zu bringen, sind hingegen schon drei Prozent der stimmberechtigten Mitglieder notwendig. Für eine Abwahl bedarf es sogar einer Zweidrittel-Mehrheit.

Da Prestin selbst Mitglied ist, muss der FC laut geltender Rechtsprechung die Mitgliederlisten herausgeben. Vereine sind verpflichtet, die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu anderen Vereinsmitgliedern zu schaffen. Dies geschieht, indem die

1. FC Köln: Opposition stellt am 10. Juni sein Team und Konzept vor

Prestin und seine Mitstreiter um den Steuer- und Bilanzrechtsexperten und früheren Kölner Prinz Karneval Stefan Jung werden in Kürze erstmals öffentlich ihr Team und Konzept vorstellen. Dazu laden sie am 10. Juni zu einer Pressekonferenz in ein Kölner Hotel ein. Diese findet somit genau zwei Tage vor dem FC-Mitgliederstammtisch (12. Juni) statt, auf dem sich Vorstand und Geschäftsführung für die Ereignisse der vergangenen Monate (erneuter Abstieg, Transfersperre etc.) erklären müssen.

Die turnusmäßige Mitgliederversammlung hat der Klub für den 24. September in der Lanxess Arena terminiert. Auf der Tagesordnung an diesem Dienstagabend steht unter anderem die Wahl des Mitgliederrats, nicht aber die des Vorstands, dessen Amtszeit im kommenden Jahr regulär endet. Auf der letzten Mitgliederversammlung 2023 verloren sich gerade einmal 741 Mitglieder in der Arena. 2022 war das Interesse ähnlich mau: Der Vorstand war für drei Jahre wiedergewählt worden, allerdings waren zum Zeitpunkt der Wahl lediglich 799 der damals insgesamt 123.313 Mitglieder anwesend. Allerdings war damals die Situation eine andere: Der FC spielte unter dem neuen Trainer Steffen Baumgart eine starke Erstliga-Saison und wurde am Ende Sieber. 

Möglichkeit der hybriden Mitgliederversammlung wird geprüft

Um ein repräsentatives Stimmungsbild einzuholen und nicht nur eine gut organisierte Gruppe entscheiden zu lassen, prüft das Team Prestin, ob eine Hybrid-Veranstaltung (Präsenz und Online) mit der Möglichkeit der Online-Stimmabgabe gangbar ist. Dafür hat es sich Juristen ins Boot geholt. Während der Corona-Zeit hatte der FC im November 2021 seine Mitgliederversammlung als hybride Versammlung durchgeführt. Die FC-Mitglieder konnten damals entweder persönlich in der Arena teilnehmen oder sich digital zuschalten.  Das Interesse war überschaubar: Es waren nur 524 Mitglieder in der Halle anwesend, das Höchstmaß an virtuellen Teilnehmern belief sich auf 2151. 

FC-Mitgliederrat ist gegen eine außerordentliche Versammlung

Am Freitag hatte sich erstmals nach dem Abstieg auch der Mitgliederrat des 1. FC Köln zu Wort gemeldet. Das Gremium, das den amtierenden Vorstand vorgeschlagen und somit ins Amt verholfen hatte, plädiert aus diversen Gründen gegen eine außerordentliche Mitgliederversammlung und damit gegen eine vorzeitige Abwahl von Wolf und seinen Stellvertretern Eckhard Sauren und Carsten Wettich. Trotz der Ablehnung einer außerordentlichen Versammlung betont der Mitgliederrat zum Ende seines Briefs: „Nach einer solchen Saison darf es selbstverständlich kein einfaches ,Weiter so‘ geben. Es gilt nun, mit der nötigen Sorgfalt abzuwägen, welche Schlüsse zu ziehen und welche Schritte zu gehen sind.“  Interessant war in der ausführlichen Wortmeldung allerdings auch, auf was verzichtet wurde: und zwar auf eine Rückendeckung für den Vorstand und die Geschäftsführung.

Vorstandskritiker Prestin hatte nach dem feststehenden Abstieg deutliche Worte gefunden: „Vereinsspitze und Geschäftsführung leiden unter einem außerordentlichen Realitätsverlust. Sie winden sich bei allen Themen wie ein Aal und übernehmen keinerlei Verantwortung für das sportliche Desaster. Nach dieser Saison gibt es nichts mehr schönzureden. Die ganze Spielzeit war eine Katastrophe, ohne die sagenhafte Unterstützung der Fans wären wir sicherlich schon früher abgestiegen. Es ist zwar hart, aber leider die bittere Wahrheit: Der Abstieg ist verdient und das Produkt eines Versagens der Vereinsführung.“

Man müsse nun ernsthaft die Sorge haben, dass es für den Verein bei einem Weiter-so noch weiter nach unten gehen könne. Es gebe da in der 2. Bundesliga einige mahnende Beispiele. Prestin wird deutlich: „Die Mitglieder und Fans, mit denen ich im Austausch bin, wollen nur eines: einen Neustart. Sie haben die Nase gestrichen voll. Die Verantwortlichen sollten Konsequenzen ziehen und den Weg freimachen. Es kann nicht sein, dass man jetzt einfach vieles aussitzen und sich über den Sommer samt EM-Pause retten will. Es geht jetzt darum, absolut notwendige Veränderungen einzuleiten.“

FC-Vorstand sieht einen Rücktritt als sinnlos an und glaubt an den Aufstieg

Derweil äußerten sich nach Tagen des Schweigens Präsident Werner Wolf und sein Stellvertreter Eckhard Sauren. Personelle Konsequenzen sind für den Vorstand vollkommen abwegig und ausgeschlossen. Man will in der Konstellation unbeirrt weitermachen, da man sich auf einem erfolgreichen Weg sehe. „Am Ende sind wir zu der Entscheidung gekommen, dass es überhaupt keinen Sinn ergibt, zurückzutreten. Dann hast du ein Geißbockheim im Chaos“, sagte Werner Wolf dem „Express“. Der Präsident strebt mit dem FC in der kommenden Saison den sofortigen Wiederaufstieg an. Und ist überzeugt, dass dieser auch realistisch ist: „Ja, wir wollen schnellstmöglich wieder aufsteigen! Alles andere wäre indiskutabel. Wir glauben auch, dass wir so aufgestellt sind, dass das möglich ist.“

Mit der Opposition um Prestin und deren Forderung nach einer außerordentlichen Mitgliederversammlung will man offenbar pragmatisch umgehen. „Wir respektieren die Satzung des 1. FC Köln. Ohne Wenn und Aber“, so Wolf. Und Sauren sagte: „Wenn einige Mitglieder meinen, dass das für den Verein eine sinnvolle Möglichkeit ist, dann ist das deren Entscheidung.“

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