FC-MitgliederratSpinner gegen Müller-Römer – Kampf um die Macht am Geißbockheim

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Werner Spinner (links) und Stefan Müller-Römer

  • Am Mittwoch wählt der 1. FC Köln anlässlich seiner Jahreshauptversammlung in der Lanxess-Arena einen neuen Mitgliederrat.
  • 41 Kandidaten treten an. Und im Kern geht es um nichts anderes als die Macht am Geißbockheim.
  • Die Situation ist verfahren, die Motivlage umstritten: Der Vorsitzende des Mitgliederrates, Stefan Müller-Römer, will den Vorstand nicht mehr. Darum will der Vorstand Müller-Römer nicht mehr. Eine Analyse

Köln – Der Zauber des Neubeginns war deutlich zu spüren; damals, im Frühjahr 2012. Werner Spinner war noch designierter Präsident des 1. FC Köln, ein halbes Jahr zuvor hatte Wolfgang Overath den Mitgliedern ihren Verein vor die Füße geworfen. Nun sollte alles anders werden. Es werde nie wieder einen „Sonnenkönig“ beim FC geben, sollte Spinner später sagen und Wolfgang Overath damit meinen. Dabei ging es Spinner gar nicht um einen persönlichen Angriff auf Overath. Er wollte den Verein tatsächlich reformieren.

Spinner wollte den Verein durch den Mitgliederrat demokratisieren

Spinner wollte mehr Rechte für die Mitglieder – und er ging die Sache entschlossen an. Als der damalige FC-Gesamtgeschäftsführer Claus Horstmann eines Tages zu einer Sitzung im Geißbockheim erschien, saß Stefan Müller-Römer mit am Tisch, Spinner hatte den Anwalt, der mit der Initiative „FC.reloaded“ einigen Anteil an Overaths Rücktritt gehabt hatte, als einen seiner Berater mitgebracht.

Müller-Römer

Stefan Müller-Römer

Horstmann war überrascht, den ehemaligen Oppositionsführer am Tisch zu sehen. Eisige Stille habe den Raum erfüllt, erinnern sich Teilnehmer. Müller-Römer bot an, den Raum zu verlassen, falls Horstmann ein Problem mit ihm habe. Doch Spinner wollte, dass er blieb. Die Geschichte von Spinner und Müller-Römer ist mehr als nur die Geschichte einer Feindschaft. Die Satzung, die sich der 1. FC Köln im Jahr 2012 gab, nannte Spinner später eine „Revolution“. Das Vorhaben, den Verein zu demokratisieren, hatte er mit der Installation des Mitgliederrates radikal umgesetzt. Das neue, von den Mitgliedern direkt zu wählende Gremium sollte nicht nur umfassende Informationsrechte bekommen. Es erhielt außerdem das Privileg, ein Präsidium zur Wahl vorzuschlagen.

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Wer heute ohne Billigung des Mitgliederrates kandidieren will, benötigt die Unterschriften von drei Prozent der mehr als 100.000 FC-Mitglieder. Eine hohe Hürde. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es richtig war, dieses Gremium einzurichten, selbst wenn das heute blauäugig erscheint. Wir haben 100.000 Mitglieder, und ich wollte eine Gruppe im Verein, die diesen Fakt berücksichtigt“, sagt Spinner.

41 Kandidaten

Am Mittwochabend kandidieren 41 FC-Mitglieder für die bis zu 15 Sitze im neuen Mitgliederrat. Das Gremium hat Mitspracherechte in Vereinsangelegenheiten. Wie weit sich diese Rechte auf den Betrieb des in eine Kapitalgesellschaft ausgegliederten Profibetriebs des Vereins auswirken, ist zwischen den Gremien umstritten. Die beiden Vorsitzenden sind zudem im Gemeinsamen Ausschuss des 1. FC Köln vertreten.

Jedes Mitglied kann bei der Wahl in der Lanxess-Arena für jeden Kandidaten mit Ja oder Nein stimmen. Gewählt sind die 15 Personen, die den höchsten Anteil an Ja-Stimmen haben – vorausgesetzt, sie haben mehr Ja- als Nein-Stimmen erhalten.

Werner Spinner ist noch immer Präsident, Stefan Müller-Römer der Vorsitzende des Mitgliederrates. Doch die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und dem Gremium ist seit Jahren ein fortdauernder Konflikt. Wobei Spinner Wert darauf legt, den Streit nicht personalisieren zu wollen. Es gebe keine persönliche Fehde zwischen ihm und Müller-Römer. „Er führt einen Kampf gegen mich, den ich nie erwidert habe“, sagt er. Müller-Römer widerspricht dem, auch er sieht vor allem einen Konflikt der Gremien. Tatsächlich reden beide Männer durchaus mit Respekt übereinander. Die Situation ist verfahren, die Motivlage umstritten: Müller-Römer will den Vorstand nicht mehr. Darum will der Vorstand Müller-Römer nicht mehr. Oder umgekehrt.

Müller-Römer ist als Anwalt an Konflikte gewöhnt

Am Mittwoch wird der Mitgliederrat neu gewählt. Sollte Müller-Römer auch am Donnerstagmorgen noch Teil des Gremiums sein, dürfte er im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinwirken, dass kein Mitglied des aktuellen Präsidiums im nächsten Jahr zur Wahl aufgestellt wird. Doch wird es von der Zusammensetzung des neuen Gremiums abhängen, wie groß Müller-Römers Einfluss künftig sein wird. FC-Sportchef Armin Veh nannte Müller-Römer neulich „den mit dem Doppelnamen“ und „unerträglich“, das gehört sich nicht. Doch Müller-Römer wirkt weniger beleidigt, als man meinen könnte. Als Anwalt ist er an Konflikte gewöhnt.

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FC-Geschäftsführer Armin Veh

Überhaupt: Spinner und Müller-Römer streiten höchst unterschiedlich: Auf der einen Seite Spinner (69), der einer Generation entstammt, in der es üblich war, sich nach einer erbitterten und womöglich auch unsachlich geführten Schlacht wieder zu vertragen.Ihm gegenüber steht Müller-Römer, der Konflikte auch mit Mails austrägt, deren Sprengkraft er offenbar regelmäßig unterschätzt.Die aber sehr oft sehr hart treffen. Von Angesicht zu Angesicht ausgetragen wäre manche Streiterei womöglich halb so schlimm.

Müller-Römer hat über Vehs Äußerung lachen müssen, als er davon in der Zeitung las, obgleich er alles andere als glücklich darüber war. Wolfgang Overath nannte ihn einst schon „den mit den Haaren“. Müller-Römers Gestaltungswille ist groß. Womöglich traut er sich sogar zu, Vehs Job mitzumachen. Doch wie weit die Mitsprache der Mitgliedervertreter in Fragen der Profi-Abteilung geht, an dieser Frage entzündet sich regelmäßig Streit. Oft geht es weniger um Inhalte als um die Form. Beide Seiten glauben, die Satzung lasse nur eine, nämlich ihre Interpretation zu. Müller-Römer hat da einen kleinen Vorteil, denn der Mitgliederrat war tatsächlich eine Idee der Initiative „FC.reloaded“ – es war Müller-Römer, der sich den Namen ausdachte. Vielleicht empfindet er den Mitgliederrat auch deshalb als sein Gremium, das er auf Linie zu bringen versteht. Doch seine Führung gilt als schwierig; auch bei Teilen des Mitgliederrates sind seine Mails gefürchtet.

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Werner Spinner, Markus Ritterbach und Toni Schumacher (v.l.) in der Lanxess-Arena.

Präsidium bemängelt fehlende Agenda des Mitgliederrats

Bei allem Gestaltungswillen fehlt Müller-Römer allerdings eine Agenda, zumindest ist das ein Vorwurf des Präsidiums: Der Mitgliederrat habe nie ein eigenes Programm entwickelt. Müller-Römer hat sich etwa nie dazu geäußert, wie er es mit der Fangewalt hält. Stattdessen kaperte der Mitgliederrat Gerüchte über einen Stadion-Neubau auf der Grünen Wiese oder den Verkauf des Vereins an chinesische Investoren – und gewann damit die Südtribüne, die nun seit Wochen vehement die Ablösung des Vorstands fordert. Eigentlich ist das absurd, denn als er ins Amt kam, war es Spinner, der die Nähe der Fans suchte. Noch vor einem Jahr stellte er sich nach den Ausschreitungen von London hinter die Fans, wofür er öffentlich schwer kritisiert wurde.

Wie die Wahlen am Mittwochabend ausgehen, wie die Stimmung in der Arena sein wird, wenn erst Präsident Werner Spinner und später Stefan Müller-Römer vor 5000 Mitgliedern ans Rednerpult treten – niemand vermag das vorauszusehen. Klar ist nur, dass die Veranstaltung bis zum Donnerstagmorgen dauern wird. Und ein Zauber ist nicht zu erwarten.

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