Köln – Nach dem dramatischen 1:4 gegen den SC Freiburg und dem enttäuschenden 0:0 bei der ersatzgeschwächten Berliner Hertha flüchten sich nicht wenige Fans des 1. FC Köln in Galgenhumor. Das nicht auszuschließende Szenario des siebten Abstiegs der Vereinsgeschichte vor Augen befasst sich mancher schon mit der 2. Bundesliga. Die könnte in der kommenden Saison 2021/22 tatsächlich bemerkenswert attraktiv werden. Da kramen die übertragenden TV-Sender wahrscheinlich schon wieder in der Schublade um die „stärkste 2. Liga aller Zeiten“ auszurufen. Also aller, aller Zeiten diesmal. Für immer.
Nicht weniger als 42 Deutsche Meisterschaften – die in der DDR erreichten Titel mit eingerechnet – errangen die Vereine, die theoretisch im Unterhaus des deutschen Fußballs antreten könnten. Dazu gesellen sich jede Menge DFB- und Europa-Pokal-Siege. Geballte Fußball-Tradition also. Zwar hat diese beeindruckende Titelsammlung die einstigen Schwergewichte nicht vor dem Absturz bewahrt, aber sie bewegen nach wie vor die Fan-Massen.
Fehlende Perspektive
Zum bereits erwähnten Galgenhumor der Fans gesellen sich ernsthaftere Gedankenspiele. In der Bundesliga gibt es für einige dieser Vereine zumindest kurz- bis mittelfristig keine nennenswerte Perspektive mehr. Wenn Clubs wie der 1. FC Köln, der Hamburger SV oder der 1. FC Nürnberg in der Bundesliga nur noch für die Folklore zu gebrauchen sind, ist die Überlegung in der 2. Bundesliga wieder mehr Freude am Fan-Dasein zu erhaschen nicht ganz unverständlich.
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Eigentlich wünschen sich die Anhänger den größtmöglichen Erfolg für den Club, dem sie ihr Herz geschenkt haben. Doch neben dem schier allmächtigen FC Bayern drängen seit einigen Jahren Vereine – böse als Konstrukte verschrien – in die höchste Spielklasse, deren wirtschaftliche Potenz durch Unternehmen oder Mäzene die der anderen Bewerber um ein mehrfaches übersteigt. Von einem fairen Wettbewerb kann da jedenfalls keine Rede mehr sein. Es ist eine scheinbar ausweglose Melange aus eigenem Versagen und der finanziellen Übermacht der Emporkömmlinge, die die einst so stolzen Vereine zu Statisten degradiert.
Kanonenfutter für die Großen
Was also bleibt den Fans von Vereinen wie Hansa Rostock, Dynamo Dresden, Fortuna Düsseldorf, 1860 München – und natürlich denen des 1. FC Köln? Die 2. Bundesliga als Biotop für abgestürzte deutsche Meister früherer Tage. Am Ende fühlen sich die Fans in der Gesellschaft der Schicksalsgenossen so wohl, das eine Rückkehr in die Bundesliga als Kanonenfutter für Bayern, Dortmund oder gar Leverkusen nicht mehr erstrebenswert ist. Der sportliche Wettbewerb würde ad absurdum geführt.
Oder bedarf es größerer Gelassenheit im Umgang mit der Rolle des eigenen Vereins im deutschen Profi-Fußball? Denn die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Liga ist für die meisten Anhänger nach eigenem Bekunden keine Bedingung für die Zuneigung zu ihrem Verein. Alles jedenfalls besser als die trüben Gedanken eines Fans von Nottingham Forest. Der zweimalige Gewinner des Europapokals der Landesmeister entging in dieser Spielzeit nur knapp dem Abstieg in die Drittklassigkeit, was von einem Anhänger wie folgt kommentiert wurde: „Eine weitere Saison ist vorüber und es fühlt sich an, als verschwendeten wir unsere Leben mit der Unterstützung von etwas, das nirgendwohin führt.“