2G-Forderung bedrängt ClubsBaumgart: „Und dann sollen es die Fußballer machen“

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Baumgart PK

Berlin – Kurz vor dem zwölften Bundesliga-Spieltag bringt die Politik eine 2G-Regel auch für Fußballprofis ins Gespräch. Der Vorstoß der Länderchefs für ein Spielverbot für ungeimpfte Fußballer bringt Profis wie Joshua Kimmich und ihre Clubs noch mehr in Bedrängnis. „Sehr schnell einig“ seien sich die Länderspitzen in dieser Frage gewesen, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst. „Ob wir das umgesetzt kriegen, müssen wir jetzt prüfen“, fügte der CDU-Politiker allerdings hinzu.

Die Frage der Rechtssicherheit einer Regelung, nach der Berufssportler aus Stadien und Hallen ausgesperrt werden können, weil sie weder geimpft noch von einer Corona-Infektion genesen sind, dürfte hitzig verhandelt werden. Für die Länderchefs ist klar, dass für Fußballer das gelten soll, was auch die Zuschauer auf den Rängen einhalten müssen. Und da ist schon am Wochenende in vielen Arenen 2G Pflicht.

Zehn Prozent der Fußballer offenbar nicht geimpft – Wehrle und Baumgart sehen Impfpflicht für Profis kritisch

Bei den 36 Clubs der ersten und zweiten Liga sollen knapp zehn Prozent der Fußballer nicht geimpft sein. Die Möglichkeit einer Impfpflicht für Spieler war unter der Woche beim1. FC Köln nicht gut angekommen. Trainer Steffen Baumgart kritisierte etwa den Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), eine Impfpflicht für Fußballer in Erwägung zu ziehen. Am Freitag erklärte der Trainer: „Fußballer sind ja immer das Lieblingsthema, weil es dann nicht um die Politik geht. Ich glaube aber, dass wir andere Baustellen haben. Wir sind Mitglieder dieser Gesellschaft, und als solche dürfen auch wir selbst entscheiden. Ich persönlich finde es wichtig, dass man nicht nur über das Impfen nachdenkt, sondern sich auch impfen lässt. Ich habe den Booster, aber wir leben in einem Land, in dem jeder auf seine Art über die Dinge nachdenken kann. Ich bin Cheftrainer geworden, weil ich Entscheidungen treffen will. Vor jedem Lockdown wurde mir erzählt, die Politik habe zu spät reagiert. Und dann sollen es die Fußballer machen. Wir arbeiten nicht an Menschen, nicht in öffentlichen Räumen. Wir sind keine Pflegekräfte und keine Lehrer. Hätten wir die Impfquote der Bundesliga in der Gesellschaft, wären wir durch. Wenn wir einzelne Spieler nehmen, die ihre Probleme damit haben, ist das ein geringer Teil, es sind ja fast alle dabei. Und die, die nicht dabei sind, müssen wir überzeugen. Wir sind mit einer Quote von mehr als 90 Prozent ein sehr gutes Beispiel im Sport, auch das sollte mal erwähnt werden.“

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Alexander Wehrle, der Geschäftsführer des 1. FC Köln, gilt derweil als Bundesliga-Vorreiter in Sachen 2G. Die Vereinsführung entschied als erster Klub, dass nur Geimpfte oder Genesene Zugang zu den Heimspielen ins Rhein-Energie-Stadion erhalten. Die Regel wird in Köln gut angenommen, das Stadion seither dennoch ausverkauft. „Seitdem es die Möglichkeit gibt, sich impfen zu lassen, setzen wir uns beim 1. FC Köln mit Überzeugung dafür ein. Wir haben immer gesagt, das ist der entscheidende Faktor bei der Rückkehr zu einer Normalität mit Corona. Auf diese Weise haben wir bei uns im Club eine überdurchschnittliche Impfquote erreicht. Diesen Weg werden wir weitergehen“, erklärte Wehrle auf Nachfrage des Kölner Stadt-Anzeiger.

Alexander Wehrle: „Eine Impflicht für Fußballspieler zu fordern, ist populistisch“

Beim nächsten Heimspiel gegen Gladbach werde es unterdessen erneut ein Impfmobil geben. „Alle Fans, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger haben dann wieder die Möglichkeit, sich ohne Voranmeldung impfen oder ihre Impfung auffrischen zu lassen.“

Zu einer möglichen Impfpflicht für Spieler betont der FC-Geschäftsführer aber: „Eine Impflicht für Fußballspieler zu fordern, ist populistisch, solange es keine rechtliche Grundlage dafür gibt. Der Beruf Profi-Fußball ist nicht anders zu stellen als andere Berufe mit Körperkontakt. Da plädiere ich im Sinne unserer Demokratie für Gleichbehandlung.“

Ist das Stadion für Spieler Arbeitswelt oder Freizeitwelt

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies indes auf die gerade am Donnerstag vom Bundestag neu verabschiedeten Corona-Bestimmungen. „Normalerweise ist es so, dass die Arbeitswelt 3G ist“, sagte die scheidende Regierungschefin. Demnach erhalten zum Arbeitsplatz auch negativ auf das Virus Getestete Zugang, selbst wenn sie nicht geimpft sind. Bei Fußballern ist dieser Arbeitsplatz nun mal an Spieltagen das Stadion. „Jetzt kommt es drauf an, ob das die Arbeitswelt ist oder ob es die Freizeitwelt ist“, sagte Merkel.

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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ließ ebenfalls Raum für mögliche schärfere Regeln in den Ländern, die es für ungeimpfte Profisportler ungemütlich machen könnten. Zwar seien für Berufstätige bei Veranstaltungen 3G-Regeln vorgesehen. Die Bundesländer könnten dies aber möglicherweise in kritischen Corona-Lagen auch anders handhaben. „Das ist eine Entscheidung, die dann vor Ort zu treffen ist“, sagte Scholz. Es sei ein „weiterreichender Handlungskatalog“ als bisher, den das neue Infektionsschutzgesetz biete.

2G bei Fußballprofis käme einer Impfpflicht für die Kicker nahe

Sollten die Länderchefs tatsächlich zu einer rechtssicheren Regelung für 2G bei Fußballprofis kommen, käme das einer Impfpflicht für die Kicker nahe. Liga-Chef Christian Seifert hatte schon kurz vor dem Politik-Gipfel „praktikable Lösungen und umsetzbare Konzepte“ gefordert. „Ideen haben wir in den letzten zwölf Monaten genug gehört“, sagte der DFL-Geschäftsführer beim TV-Sender Bild.

Seit Wochen tobt im Fußball eine Debatte ums Impfen, nachdem Bayern-Star Kimmich eingeräumt hatte, wegen seiner Sorgen über Langzeitfolgen ungeimpft zu sein. Eine Gruppe von Ärzten um DFB-Chefmediziner Tim Meyer appellierte laut „Bild“ jetzt in einem Brief: „Wir fordern ungeimpfte Personen innerhalb, aber auch außerhalb des Fußballs dringend auf, eine Impfung in Betracht zu ziehen und sich seriös darüber zu informieren. Impfungen sind der Schlüssel zum zügigen Beenden der Pandemie und durch keine andere Maßnahme zu ersetzen.“

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