Köln – Wenn vor einem Bundesliga-Spiel beiden Trainern von ihren Vorgesetzten öffentlich der Rücken gestärkt werden muss, um eventuelle Unklarheiten über die Jobsicherheiten auszuräumen, dann steht in der Regel ein Krisentreffen an. So auch am Sonntag, wenn Bayer 04 Leverkusen beim FC Augsburg zu Gast ist (13.30 Uhr/Dazn). Es sind Krisen auf unterschiedlichen Ebenen, auch wenn die jüngsten Ergebnisse der Mannschaften einander ähneln.
Der FCA gewann in diesem Jahr erst zwei Spiele, verlor hingegen sechs, darunter die vergangenen drei. Bayer 04 konnte 2021 erst drei Siege einfahren, kassierte aber ebenfalls sechs Niederlagen. Darunter das peinliche 1:2 in der Verlängerung im Pokal bei Regionalligist Rot-Weiss Essen sowie das 3:4 in der Europa League in Bern. Leverkusen drohen die Saisonziele zu entgleiten: die Qualifikation für die Champions League – und am besten noch ein Titel. Geschäftsführer Rudi Völler gab Trainer Peter Bosz im Gespräch mit dieser Zeitung Rückendeckung, stellte aber klar: „Das Problem mit den Gegentoren müssen wir in den Griff bekommen, dann werden wir, ich glaube fest daran, unsere Ziele erreichen.“
Reuters Rückendeckung für Heiko Herrlich
Beim FC Augsburg und Trainer Heiko Herrlich waren die Worte des Vorgesetzten etwas wärmer. „Ich bin überzeugt davon, dass wir nicht nur die Saison zusammen beenden, sondern dass Heiko Herrlich wegen seiner Qualitäten als Trainer und als Mensch sehr langfristig beim FC Augsburg tätig sein wird“, erklärte Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“. Gründe für einen Sinneswandel könne er sich „im Moment nicht vorstellen.“
Das Ziel des FCA ist der Klassenerhalt. Ausdrücklich bejahte Völlers Weltmeister-Kollege von 1990 die Frage nach 100-prozentiger Rückendeckung für den Coach im Verein. „Es ist wichtig, dass man nicht einfach ein Bauernopfer findet, weil es populistisch ist, sondern nur der eigenen Überzeugung folgt“, erläuterte Reuter seine Loyalität zu Herrlich.
Klassenerhalt als Minimalziel
Der frühere Stürmer von Borussia Mönchengladbach und dem BVB war bis Ende 2018 eineinhalb Jahre Trainer bei Bayer 04, ehe die Loyalität seitens der Geschäftsführung mit der Realität kollidierte. Herrlich wurde kurz vor Weihnachten entlassen, obwohl er vier der letzten fünf Spiele gewinnen konnte. Den Rest der enttäuschenden Vorrunde hatte das nicht egalisieren können. Völler begründete die Trennung damit, dass „eine Stagnation in der Entwicklung des Teams“ nicht zu leugnen sein könnte.
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Nach über einjähriger Vereinslosigkeit wurde Herrlich im März 2020 vom FC Augsburg engagiert. Die vergangene Saison beendete der Ex-Profi mit dem FCA auf Platz 15, fünf Punkte über den Abstiegsrängen. In ähnlichen Regionen befinden sich die bayerischen Schwaben auch aktuell. Offenbar reicht das Minimalziel der Klubleitung um Geschäftsführer Reuter.
Im Spiel am Sonntag könnte Herrlich mit einem Sieg gegen seinen Ex-Klub einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen. Und seinem Nachfolger in Leverkusen weiter an den Rand des Abgrundes drängen. Umgekehrt könnte Bosz mit einem Sieg erneut zu einem Problem für Herrlich werden. So oder so: Die Loyalitäts-Bekundungen zweier Geschäftsführer und Weltmeister könnten schon am Sonntag auf die Probe gestellt werden.