Die Bayer-04-KriseRudi Völler erkennt die Werkself nicht wieder

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Rudi Völler

Leverkusen – Seit Montag tut Xabi Alonso in Leverkusen das, was seine Berufsbezeichnung aussagt. Er trainiert Fußballer. In den ersten Tagen seiner Amtszeit bei Bayer 04 Leverkusen war der Baske im eigentlichen Sinn kein Trainer. Er war der Manager einer verunsicherten Gruppe von Profis, die durch drei Spiele in zehn Tagen geführt werden musste. Ein Sieg und zwei Niederlagen bewiesen vor allem, wie groß die Not war, etwas Neues zu beginnen. Und das 1:5 in Frankfurt am vergangenen Samstag war der Beleg dafür, dass es keine Wunderheilung für das aktuelle Leiden gibt.

Deshalb hat sich der 40-Jährige, sobald Zeit dafür war, an die Basisarbeit begeben. Vor dem Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr, BayArena) lässt er seine Spieler das A und O des Fußballs üben. Pässe, Dribblings, Zweikampfverhalten, die elementaren Dinge eben, die den Profis zuletzt nicht mehr gelungen waren. Nationalspieler Jonathan Tah fühlte sich dabei sogar an seine Jugendzeit erinnert und meinte, was richtig für die Kleinen sei, könne für ihn und seine Kollegen jetzt nicht falsch sein.

Aus etwas größerer Distanz verfolgt Rudi Völler (62) die Ereignisse. Mehr als 25 Jahre lang hatte der Weltmeister von 1990 das Schicksal des Werksklubs in allen möglichen Funktionen von Spieler über Interimstrainer, Sportdirektor bis Geschäftsführer mitgestaltet. Als offizieller Bayer-04-Botschafter und Mitglied des Gesellschafterausschusses hat er in der Bay-Arena noch ein Büro, in dem er in der Regel einmal pro Woche vorbeischaut. Und was zuletzt passiert ist – DFB-Pokal-Aus, Champions-League-Pleiten und Sturz auf Platz 16 in der Bundesliga-Tabelle – hat natürlich auch ihn bewegt.

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Am schlimmsten seit dem Debakel von Elversberg, das ein ganzes Saisonziel kostete, fand der ehemalige Teamchef der Nationalmannschaft das 1:5 bei der Eintracht am vergangenen Samstag. „Frankfurt war sehr ernüchternd. Das sah nicht aus wie Bayer Leverkusen“, sagt Völler im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Leistung, meint Völler, habe nicht zu den Spielen zuvor gepasst. „Gegen Porto war trotz des 0:3 nicht alles so schlecht, diese Partie wurde über die Elfmeter entschieden. Ich denke, dass die Trainingswoche unter Xabi Alonso alle weiterbringt. Ich erwarte, dass man das schon gegen den VfL Wolfsburg auf dem Platz sehen wird.“

Am Spiel gegen das VW-Ensemble (Samstag, 15.30 Uhr, Bay-Arena) wird Xabi Alonso mehr gemessen werden können als an den drei Partien zuvor. Der Druck ist immens. Die mit internationalen Top-Spielern besetzte Leverkusener Mannschaft hat 22 der ersten 30 Punkte dieser Bundesligasaison liegen lassen. Jeder weitere Rückschlag wäre verheerend. Rudi Völler sagt: „Es geht für uns darum, jetzt nicht auf die Tabelle zu schauen, sondern bis zur WM-Pause so viele Punkte wie möglich zu sammeln. An die Champions League können wir nicht denken, aber die internationalen Plätze müssen wir nicht abschreiben. Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind und unsere Ansprüche nicht aufgeben. Wir haben immer noch einen Kader mit viel Qualität.“

Die erstaunliche Krise der Führungsspieler

Diese Qualität war im Verlauf des ersten Saisondrittels in ihre Einzelteile zerfallen und bei einem Top-Profi wie Patrik Schick nicht einmal mehr in Ansätzen sichtbar. „Es trifft uns, dass einige unserer wichtigsten Spieler, die den Unterschied machen, in einem persönlichen Tief stecken“, sagt Völler, ohne Namen zu nennen, „ich bin aber überzeugt davon, dass sich die Mannschaft unter Xabi Alonso wieder finden wird.“ Darauf, dass die große Krise mit seinem Abschied aus dem operativen Geschäft bei Bayer 04 begann, geht Rudi Völler in seinen Analysen mit keinem Wort ein. Er stützt weiterhin die Entscheidungen des Führungsduos Fernando Carro und Simon Rolfes, die Vertragsverlängerungen mit den Top-Spielern Patrik Schick und Florian Wirtz, an denen er selbst noch aktiv beteiligt war, sowie die Personalentscheidungen des Sommers. Öffentliche Einmischung ins Tagesgeschäft ist nicht das, was dem Mann vorschwebt, dem öffentliche Einmischung ein Graus war, als er das Tagesgeschäft noch selbst verantwortete.

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