6:1-SpektakelBayer 04 fertigt Frankfurt ab – Champions League ist greifbar

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Bayer_frankfurt_Jubel

Die Leverkusener jubelten in Halbzeit eins fast pausenlos.

Leverkusen – Wo Eintracht Frankfurt auftauchte, hat der Fußball zuletzt emotionale Sternstunden erlebt. Die Fans sangen und feierten, die Mannschaft hatte ihr Herz auf dem Platz gelassen und ein unglaubliches Ergebnis geliefert. Das war auch am Sonntagabend in Leverkusen so, aber ganz anders, als es sich die Hessen gewünscht hatten.Bayer 04 walzte den Tabellenvierten mit einem 6:1-Sieg nieder, dessen Tore sich alle in der ersten Halbzeit ereigneten. Die über lange Phasen dieser Saison nicht überzeugende Werkself hat als Fünfter, punktgleich mit Frankfurt, vor den beiden letzten Spielen der Saison die Qualifikation für die Champions League vor Augen. Und ihren Fans sangen: „O wie ist das schön.“  

Die Leverkusener hatten das Glück des Spielplans, der ihnen den Gegner Frankfurt zwischen den größten Spielen seiner jüngeren Vergangenheit lieferte. Drei Tage nach dem Hinspiel und vier Tage vor dem Rückspiel im Europa-League-Halbfinale gegen den FC Chelsea stand eine Eintracht ohne zahlreiche Top-Spieler auf dem Platz. Torjäger Jovic saß auf der Bank, Mittelfeldberserker Rode war nicht im Kader, auf dem Platz erschienen sieben defensive Spieler. Bayer 04 verstand das als Aufforderung, den Gegner zu überrennen. Nach zwei Minuten schickte Brandt den Chilenen Aránguiz mit einem Pass in die Tiefe auf die Reise, dessen Zuspiel fand den jungen Genius Kai Havertz, der eine schwierige Ballannahme, die anschließende Drehung und einen anspruchsvollen Abschluss wie ein Kinderspiel aussehen ließ. Und schon stand es 1:0.

Überragender Charles Aránguiz

Das Spiel kannte nur eine Richtung. Bayer 04, gestärkt durch drei Siege in Folge, spielte die physisch nur scheinbar und geistig gar nicht anwesenden Hessen in Stücke. Nach 13 Minuten setzte sich Kevin Volland auf der linken Seite brachial durch, fand mit seinem Querpass Charles Aránguiz, dessen verunglückten Schuss Julian Brandt ins leere Tor leiten konnte. Es war jedoch keine Zeit, um sich dabei irgendetwas zu denken, denn auf dem Spielfeld überschlugen sich die Aktionen. Und bereits die nächste bescherte der Eintracht den Anschlusstreffer. Ein potenziell harmloser Weitschuss von Filip Kostic landete, von Jonathan Tah abgefälscht, im Leverkusener Tor. Aber das Ereignis hatte keine Zeit, wie ein böses Omen zu wirken, denn Bayer 04 spielte und drängte und drückte. Nach 23 Minuten war Lars Bender auf der rechten Seite durchgebrochen. Seine Flanke fand den Kopf von Lucas Alario, der zum 3:1 einköpfte.

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Danach  nahm der Zusammenbruch der für ihre begeisternden Auftritte im Europapokal gefeierten Eintracht dramatische Züge an. Julian Brandt fand mit einer seiner gefühlt 1000 gelungenen Aktionen den fantastischen Aránguiz, der den Ball aus kurzer Entfernung und spitzem Winkel an Trapp vorbei unter die Latte des Tores hämmerte. Es stand 4:1. Und erst 28 Minuten waren vorbei. Und der Wahnsinn ging weiter. Sechs Minuten nach dem 4:1 setzte sich Kevin Volland, die Linksaußen-Überraschung nach Leon Baileys Verletzung, spektakulär durch und servierte Alario den Ball perfekt zum 5:1. Und weil das Toreschießen so einfach war, beteiligten sich auch die Frankfurter daran. Martin Hinteregger köpfte eine Freistoßflanke von Brandt ins eigene Tor. Und damit war das Rekordergebnis der Bundesliga eingestellt. Nur viermal hatte eine Mannschaft in der Bundesliga-Geschichte seit 1963 sechs Tore in einer Halbzeit geschossen. Zuletzt gelang das Borussia Mönchengladbach am 29. April 1978 beim legendären 12:0-Sieg über Borussia Dortmund, der den 1. FC Köln fast den Meistertitel gekostet hätte.

Leverkusen schaltet einen Gang zurück

Dieses auf 45 Minuten komprimierte Spektakel, dessen Inhalt ausgereicht hätte, fünf Spiele unterhaltsam zu machen, ließ natürlich keine Steigerung mehr zu. Zwei, drei Tore hätte die Werkself in der zweiten Halbzeit noch schießen können. Frankfurts Trainer Adi Hütter hatte die Erklärung dafür, dass nicht mehr viel geschah: „Wir standen etwas geordneter und Bayer 04 hat einen Gang zurückgeschaltet.“ Sein Kollege Peter Bosz war ein ganz klein weniger traurig darüber, denn jedes Tor kann am Ende über die Teilnahme an der Champions League entscheiden. „Mit zwei, drei Toren mehr wäre es perfekt gewesen, aber bei einem 6:1 muss man einfach zufrieden sein.“  

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