Galopp-JubiläumVor 125 Jahren gründeten reiche Kölner die Rennbahn

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Renntag in Weidenpesch

Köln – Sie waren spät dran in Köln. Als 1897 der Kölner Rennverein gegründet würde, gab es in Deutschland schon große Rennbahnen und jede Menge Enthusiasten für die schnellen englischen Vollblüter. Im Laufe des 19. Jahrhunderts war die Begeisterung für Pferderennen aus England auf den Kontinent geschwappt, Rösser wurden importiert und eigene Zuchten gegründet. Ab 1822 begann man in Bad Doberan in Mecklenburg, Rennen auf einer eigenen Bahn zu veranstalten. 1844 wurde der Düsseldorfer Rennverein ins Leben gerufen. 1858 kam Iffezheim bei Baden Baden dazu, 1869 wurde auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn das erste Deutsche Derby ausgetragen.

Und in Köln liefen die Pferde immer noch nicht. Es hatte 1865 den Versuch gegeben, im Rechtsrheinischen auf einem Exerzierplatz eine Bahn zu etablieren. Vor der ersten Veranstaltung bat man den Kölner Zoo, seine Elefanten herzubringen, um die Bahn mit Lehm zu planieren. Und es fanden tatsächlich ein paar Rennen statt, die beim Publikum gut angekommen sein sollen. Doch das Projekt scheiterte an zu knappen finanziellen Mitteln.

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So konnte es nicht weitergehen, Köln war eine wachsende Metropole mit mehr als 300 000 Einwohnern und wollte in dem aufstrebenden Sport mitmischen. 1896 merkte Oberbürgermeister Wilhelm von Becker an, es sei an der Zeit, auch in Köln Galopprennen im großen Rahmen zu veranstalten, denn das werde auch den damals schon regen Fremdenverkehr weiter voranbringen.

Seine Worte fanden Gehör. Wie einer Chronik, die sich im Archiv des Kölner Rennvereins befindet, zu entnehmen ist, trafen sich am Abend des 29. April 1897, vor fast genau 125 Jahren, im Hotel Disch 47 illustre Bürger, ein Querschnitt durch die Kölner Hautevolee des Fin de Siècle, um den Rennverein zu gründen.

Es waren Industrielle, Großkaufleute und Bankiers, Herren, die Pferde liebten und sie sich leisten konnten: Camphausen, von Deichmann, von den Oppenheims waren mehrere anwesend, unter ihnen Baron Eduard von Oppenheim, der seit 1869 das vor den Toren Kölns gelegene Gestüt Schlenderhan besaß. Zum ersten Präsidenten wurde Max Egon Fürst zu Fürstenberg gekürt.

Geld, Sachverstand und Entschlossenheit waren reichlich vorhanden, in Weidenpesch fand man zudem ein passendes Terrain. Und so erfolgte bald nach der Gründungsveranstaltung der Spatenstich der Kölner Pferderennbahn, wo bereits ab September 1898 der Rennbetrieb begann – und die Pferde im Jahr 2022, Eineinviertel-Jahrhunderte später, noch laufen. Die Zuschauertribüne, heute unter Denkmalschutz und nur leicht modifiziert, entwarf der Berliner Architekt Otto March.

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Gefüllte Zuschauertribüne im April 2022

Galopprennen in Köln wurden ein Publikumserfolg, der Standort etablierte sich und zog bald die besten Pferde des Landes an. 1899 gab es zum ersten Mal einen Preis des Winterfavoriten in Köln, der nach einigen Ortswechseln seit 1947 fast durchgehend in Weidenpesch ausgetragen wird. 1921 feierte der Gerling-Preis, heute Carl-Jaspers-Preis, seine Premiere. Das Unionrennen hat seit 1947 durchgehend seine Heimat in Köln. Apropos 1947: In jenem Jahr stieg ein einziges Mal das Deutsche Galopp-Derby in Weidenpesch. Vor 30 000 Zuschauern, wo heute 15 000 erlaubt sind. In den 1950er Jahren, bis Anfang der Sechziger, gab es eine Straßenbahn, die über die Rennbahnstraße fuhr und die Zuschauer direkt zum Hippodrom brachte. Ähnlich wie heute zum 1. FC Köln.

Eine grüne Lunge Kölns

Im Jubiläumsjahr 2022 will Philipp Hein (35), Geschäftsführer des Kölner Rennvereins, den Betrieb nun fit das 21. Jahrhundert machen. Es geht ihm nicht nur um den Sport, sondern auch um den Stellenwert des 55 Hektar großen Weidenpescher Rennbahn-Terrains als grüne Lunge Kölns. Symbolisch lässt Hein 125 Bäume pflanzen. Anfang des Jahres hat sich der Rennverein seine Klimaneutralität vom TÜV zertifizieren lassen. „Wir wollen ein Statement setzen, was die Ausrichtung des Rennvereins angeht“, sagt Hein. „Wir bewirtschaften hier eine Fläche, die wichtig für das Kölner Klima ist.“ Auch das Thema erneuerbare Energie möchte er auf dem Gelände voranbringen. Durch Solaranlagen und Biomasse-Konzepte. Pferdemist gibt es in Weidenpesch schließlich genug. 330 Rösser werden zurzeit dort trainiert. Beim Renntag am 8. Mai gibt es die nächste Gelegenheit, sie bei Einsätzen auf der Jubiläumsbahn zu bewundern. 

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