Interview mit dem Finanzchef der Kölner Messe„Es gab wenig Transparenz“

Lesezeit 5 Minuten
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Herbert Marner

  • Herbert Marner geht nach mehr als 20 Jahren als Finanzchef der Kölner Messe in den Ruhestand.
  • Im Interview spricht er über die schwierige Zeit mit hohen Verlusten und wie die Wende gelang
  • Und er erklärt, wie er den Skandal um den Oppenheim.Esch-Fonds beim Bau der Nordhallen heute sieht.

Herr Marner, nach mehr als 20 Jahren als Finanzchef der Kölnmesse gehen Sie jetzt in den Ruhestand. Wie geht es Ihnen damit? Herbert Marner: Ich fühle mich gut, die Arbeit macht mir noch immer viel Spaß und ich kann mir kaum vorstellen, dass das in Kürze vorbei ist. Auf der anderen Seite habe ich freie Tage auch durchaus genossen. Ich bin im Moment also balanciert – weder voller Wehmut, dass es vorbei ist, noch voller Vorfreude auf die kommende Zeit.

Was waren für Sie persönlich die wichtigsten Meilensteine Ihrer Karriere?

Als ich 2001 zur Kölnmesse kam, war das Unternehmen mit seinen vielen Einheiten in sich sehr heterogen aufgestellt. Es gab wenig Transparenz. Damals haben wir zunächst ein Controllingsystem eingeführt, um einen schnellen und fundierten Überblick über die wesentlichen Kennziffern unserer Veranstaltungen zu bekommen. Das gab es vorher in dieser Form nicht.

Was waren weitere wichtige Etappen?

2003 haben wir den Masterplan 2010 vorgezogen und mit dem Bau der neuen Nordhallen begonnen. Die Akquisition neuer Messen wie Intermot, Gamescom und DMEXCO waren wichtige Meilensteine für uns. Und schließlich die strategische Neuausrichtung des Unternehmens 2010/2011.

Zur Person

Herbert Marner wurde im Jahr 1955 in Dernau an der Ahr geboren. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und ersten Berufsjahren im Controllingbereich in Frankfurt, übte er von 1981 bis 1996 verschiedene Funktionen bei Tektronix in Köln aus, zuletzt als Manager Central Europe für Finanzen und Personal. Von 1996 bis 1998 war er Bereichsleiter Finanzen und Controlling von o.tel.o communications in Düsseldorf. Als kaufmännischer Geschäftsführer der Dolphin Telecom wirkte er später maßgeblich an der Gründung und schließlich Markteinführung des Mobilfunkbetreibers mit.

2001 kam Marner als kaufmännischer Geschäftsführer zur Koelnmesse. Er war seitdem intensiv am wirtschaftlichen Turnaround, dem Ausbau der digitalen Prozesse und federführend an der Planung und Umsetzung des Investitionsprogramms Koelnmesse 3.0 beteiligt. Herbert Marner verantwortet als Geschäftsführer die Bereiche Finanzen und Controlling, Facility Management sowie Einkauf und interne Dienste der Koelnmesse. (cos)

Die Messe hat in den vergangenen 20 Jahren eine wirtschaftlich sehr wechselvolle Geschichte hinter sich und steckte tief in den roten Zahlen. Was waren die größten Herausforderungen für Sie als Finanzchef?

Besonders kritisch waren die ersten acht Jahre, in denen wir große Messen und bis zu 40 Millionen Euro pro Jahr verloren haben. Es hat bis 2012 gedauert, bis wir die Lage drehen konnten. Das war mit Abstand die schwierigste Zeit.

Was waren die wesentlichen Weichenstellungen für den Turnaround?

Mit dem Eintritt von Gerald Böse in die Geschäftsführung im Jahr 2008 haben wir die Koelnmesse strategisch neu ausgerichtet und u.a. das Geschäft neu strukturiert. Wir haben Kernkompetenzfelder – beispielsweise für Einrichtung oder Ernährungsthemen – eingeführt und die Internationalisierungsstrategie neu ausgerichtet. Damit waren wir anschließend in der Lage, das Investitionsprogramm „Koelnmesse 3.0“, im Zuge dessen das gesamte Gelände ertüchtigt und teilweise erneuert wird, zu planen und zu starten. Es freut mich im übrigen ganz besonders, dass diese Investitionsentscheidung von bis zu 700 Millionen Euro, die wir aus eigener Kraft stemmen, damals über die Parteigrenzen hinweg einstimmig mitgetragen wurde. Das war beeindruckend und ich hoffe sehr, dass die Bedeutung der Koelnmesse in dieser Stadt weiter diesen hohen Stellenwert behält.

Sie waren bereits in der Führungsposition bei Anbahnung und dem Bau der Nordhallen durch den Oppenheim-Esch-Fonds. Wie bewerten Sie das im Rückblick?

Meine Haltung ist immer gleich geblieben. Der Neubau der Hallen war für die Koelnmesse überlebensnotwendig. Unsere Hallen stammten zum Teil noch aus der Vorkriegszeit. Ohne die Umsetzung des damaligen Masterplans, ohne die Nordhallen hätten wir heute vielleicht keine Möbelmesse mehr, wir hätten nie die Gamescom oder die Motorradmesse Intermot nach Köln holen können. Allerdings war ich von Anfang an gegen die Art der Finanzierung. Das hat sich bis heute auch nicht geändert. Damals hat man uns die Entscheidung abgenommen, indem die Stadt die Verantwortung übernommen hat. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass eine andere Art der Finanzierung für alle deutlich preiswerter geworden wäre.

Sie waren selbst in der Übergangsphase vor Gerald Böse mal ein knappes Jahr Chef der Kölnmesse. Wären Sie es gerne geblieben?

Ganz ehrlich? Nein. Ich habe das gerne gemacht, mich in dieser Zeit mit der Rolle sehr wohl gefühlt und auch intern wie extern ein gutes Feedback bekommen. Aber ich muss als Person nicht unbedingt an vorderster Front stehen.

Duzen Sie sich eigentlich nach all den Jahren mit Herrn Böse?

Nein, das tun wir nicht. Aber das tut der Kollegialität und der Teamleistung überhaupt keinen Abbruch. Mal sehen, vielleicht nach meinem Ausscheiden.

Die gesamte Messebranche hat massiv unter den Folgen der Pandemie gelitten. Das Geschäft wird sich verändern. Wie sehen Sie die Kölner Messe dafür aufgestellt?

2019, nach dem Umsatzrekord von über 400 Millionen Euro, war ich extrem optimistisch. Jetzt in der Pandemie haben wir eine Situation, die uns massive wirtschaftliche Einbußen beschert. Aber die Koelnmesse ist trotzdem gut aufgestellt. Persönliche Treffen auf Messen werden nach wie vor als sehr wichtig eingestuft. Die Unsicherheit aufgrund von Covid hat zwar nachgelassen, aber nun belastet die Ukraine-Krise viele unserer Kunden – etwa durch die hohen Energiekosten oder Materialknappheit. Einige stellen deshalb zumindest den Umfang ihrer Beteiligung für die nächste Messe infrage. Andererseits haben wir die Auszeit in der Pandemie genutzt, neue Services zu entwickeln und insbesondere die Digitalisierung deutlich voranzutreiben. Das erweitert unser Angebot und bietet unseren Kunden zusätzlichen Nutzen.

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Was haben Sie für Pläne für die Zukunft?

Ich lasse erstmal alles auf mich zukommen. Ich hoffe, dass ich die neue Freiheit so genießen kann, wie ich es mir vorstelle. Ich möchte mit meiner Frau mehr reisen und wieder mehr Sport machen und wandern. Und ich habe vier Enkel und genieße das Familienleben. Zudem möchte ich mich engagieren beim Aufbau des Ahrtals, wo ich lebe und auch selbst von der Flut betroffen war. Ich habe dort eine nie geahnte gesellschaftliche Hilfe erlebt. Davon möchte ich etwas zurückgeben.

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