KammerstreitIHK NRW wählt Nicole Grünewald als Vizepräsidentin ab

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Die IHK-Präsidentin Nicole Grünewald im Interview in der IHK-Köln.

Die IHK-Präsidentin Nicole Grünewald im Interview in der IHK-Köln.

Der Dachverband IHK NRW hat nach einem heftigen Streit Kölns IHK-Präsidentin Nicole Grünewald als Vizepräsidentin abgewählt. Am Montag tagt die Vollversammlung der Kölner Kammer.

Die Mitgliederversammlung IHK NRW, Dachorganisation der 16 nordrhein-westfälischen Handelskammern, hat am Freitag ihre Vizepräsidentin, die Kölner IHK-Präsidentin Nicole Grünewald aus ihrem Amt gewählt. Die entsprechende Entscheidung bestätigten Sitzungsteilnehmer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitagnachmittag. In dem Gremium sitzen die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer aller IHKs in NRW.  

„Die Entscheidung ist mit großer Einmütigkeit gefallen“, sagten mehrere Insider. Damit ist Grünewald ab Zustellung des Schreibens über ihre Abwahl nicht mehr Vizepräsidentin von IHK NRW. Vorausgegangen war der Abwahl ein Streit. Neben Präsident Ralf Stoffels hat der Dachverband vier Vizepräsidentinnen bzw. -präsidenten, je zwei aus dem Rheinland und zwei aus Westfalen.

Nachdem die Kölner Kammer den Reviervertrag 2.0 mit Landesregierung, Kommunen, Kreisen und Handwerk als einzige nicht unterzeichnet hat, regte sich Unmut. Die anderen rheinischen IHKs fühlten sich nicht mehr von Nicole Grünewald im Präsidium vertreten. Dem Vorschlag, ihren Posten freiwillig zu räumen, kam Grünewald nicht nach.

Streit um außerordentliche Kündigung

Anschließend eskalierte der Streit. Die Kölner Kammer unter Grünewald verkündete, lieber ganz aus dem Dachverband IHK NRW auszutreten - ein bundesweit außergewöhnlicher Vorgang, der auf großes Medienecho stieß. Die Kölner Kammer spricht von einer außerordentlichen Kündigung, mit Wirkung zum Jahresende.

Dem widersprechen aber Dachverband und alle anderen IHKs im Land. Sie sehen keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Eine einfache Kündigung würde Kölns Austritt aber erst Ende 2024 bedeuten. Bis dahin müssten auch die Beiträge - mindestens 400.000 Euro, weiter bezahlt werden.

Unklar sind am Freitagabend noch zwei Fragen. Zum einen, ob Nicole Grünewald ihre Abwahl auf NRW-Ebene akzeptiert oder dagegen Widerspruch einlegt. Kenner der Szene halten das für unwahrscheinlich, weil sie und die IHK Köln ja den Verband so schnell wie möglich verlassen möchten.

Zum anderen, wie es auf Bundesebene weitergeht. Denn die Kölner Präsidentin ist auch Vizepräsidentin des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in Berlin. Über den Punkt DIHK wurde in der Mitgliederversammlung von IHK NRW nicht entschieden.

Minister Laumann beim Empfang von IHK NRW

IHK NRW übernimmt unter anderem die Repräsentanz der Kammern gegenüber der Landesregierung in Düsseldorf. Diese Aufgabe möchte die IHK Köln unter Führung von Grünewald und Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein künftig als Kölner Kammer selbst übernehmen.

Die übrigen IHKs nehmen diese Aufgabe unterdessen weiter gemeinsam wahr. Rund 300 Gäste aus Landesregierung, Politik, Wirtschaft und Bildung, diskutierten am Donnerstag auf dem parlamentarischen Abend von IHK NRW über den Fachkräftemangel im Land, zu dem die Industrie- und Handelskammern zusammen mit dem Landtag NRW geladen hatten.

„Als Landesregierung treiben wir daher gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft, Arbeitnehmern sowie Sozialverbänden die Fachkräfteoffensive NRW voran, mit der wir die Maßnahmen zur Fachkräftesicherung bündeln und optimieren“, sagte Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit in NRW.

Am kommenden Montagabend kommt in der Kölner Kammer die Vollversammlung zur letzten Sitzung des Jahres zusammen. Einer der zentralen Punkte auf der Tagesordnung ist das umfangreiche Bauvorhaben der IHK.

Vollversammlung der IHK am Montag in Köln

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte das Parlament der Kölner Wirtschaft entschieden, den Sitz in der Innenstadt aufwendig zu sanieren. Nach Stand damals soll das Bauvorhaben rund 100 Millionen Euro kosten. Damals hieß es, es werde mit einer Planungs- und Bauphase von circa sieben Jahren gerechnet.

Ob es dabei bleibt und ob der geplante Kostenrahmen von damals noch zu halten ist – in Zeiten von steigenden Zinsen, Inflation, explodierenden Baukosten und knappen Kapazitäten – darüber hoffen die Vollversammlungsmitglieder konkret ins Bild gesetzt zu werden. Auch zum Thema Finanzierung dürfte es zahlreiche Fragen geben, denn ein Großteil der 100 Millionen muss die Kammer über Kredite finanzieren.

Viel wissen die Vollversammlungsmitglieder bislang nicht über das mit Abstand größte finanzielle Unterfangen der Kammer seit ihren Anfängen. Nach dem Beschluss Ende letzten Jahres wurde die Kammerführung unter Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein damit beauftragt, die nächsten Schritte einzuleiten. Seither gibt es wenig Information.

Bereits bekannt ist, dass die Kammerführung schon einen mehrjährigen Mietvertrag für ein Interimsquartier in der Innenstadt unterschrieben hat. So will die IHK 2024 rund 13.000 Quadratmeter Bürofläche in der Straße Unter Sachsenhausen Nummer 5-7 beziehen. In dem in den 1960er Jahren erbauten Bürokomplex sitzt bislang die Commerzbank.

Die IHK will das gesamte Haus nach dem Auszug der Commerzbank für mindestens drei Jahre nutzen. Branchenkennern zufolge sind bei solchen Lagen Monatsmieten von etwa 25 Euro je Quadratmeter zu erwarten. Grob überschlagen würden dann 325.000 Euro monatliche Miete für die IHK fällig, 3,9 Millionen Euro pro Jahr.

Teuer wird das Ganze für die zahlenden Pflichtmitglieder allemal. Und so steht auch das Thema IHK-Beiträge auf der Tagesordnung am kommenden Montag. Viele Unternehmen befürchten, dass in Folge des Bauvorhabens die Beiträge erhöht werden - in einer Zeit, in der die Pflichtmitgliedsunternehmen mit hohen Energiepreisen, Inflation und Lieferengpässen zu kämpfen haben.

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