Kein Fiebersaft für KinderKölner Apotheken klagen über Lieferengpässe

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Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein: Thomas Preis 

Köln – Die anhaltende weltweite Corona-Pandemie, Schwierigkeiten bei der Lieferung von Rohstoffen und Personalmangel bei der Produktion von Arzneien in Asien beeinflussen derzeit maßgeblich die Versorgung mit Medikamenten in Deutschland.

Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind derzeit rund 250 Medikamente nicht lieferbar - meist nur zeitweise und oft nur in bestimmten Verpackungsgrößen.

Aktuell kämpfen Apotheker vor allem mit Lieferengpässen bei Medikamenten für Kinder. Es fehlt vor allem an Fiebersäften mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol, sagt Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein mit besorgtem Blick auf die kommenden Grippe- und Coronawellen. „Es könnte auch sein, dass wir im Winter Probleme mit Nasensprays für Kinder haben werden, weil große Hersteller schon gesagt haben, dass sie diesen Winter nichts mehr produzieren können. Sie haben alle Vorbestellungen der Apotheken abgesagt.“

Oft bekommen die Hersteller nicht genügend Flaschen und Sprühdüsen geliefert, um das Produkt rechtzeitig zu liefern: „Das ist keine Hightech-Pharmazie. Da sind es kleine Dinge wie Verpackung und Beipackzettel, die die Produktion verhindern. Aber am Ende ist entscheidend, dass wir die Bürgerinnen und Bürger mit Arzneimitteln versorgen müssen“, sagt Preis.

Grundversorgung gefährdet

Viele der vom Mangel betroffenen Medikamente sind rezeptfrei und gehören zur Basis-Reise-Apotheke vieler Urlauber, weshalb sich die Nachfrage gerade in der Urlaubssaison verstärkt. „Das ist eine schwierige Situation, denn wir brauchen für unsere Patientinnen und Patienten Versorgungssicherheit und wenn wir jetzt schon im Sommer solche Probleme haben, dann sieht das auch im Winter nicht besser aus“, sagt Preis.

Auch der Pharmakonzern Bayer aus Leverkusen sieht sich von der aktuellen Liefersituation betroffen. Ein Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass „die angespannte Situation in großen Teilen die Warenversorgung bei rezeptfreien Medikamenten sowie die Produktpalette der Kosmetika“ betrifft.

In einer Sache sind sich Apothekerverband und Pharmakonzern einig: Die Grundversorgung und der ununterbrochene Zugang von Patienten und Kunden zu den benötigten Arzneimitteln muss aufrecht erhalten werden. Dennoch können beide Parteien ihren Ansprüchen aktuell nicht gerecht werden.

Liefer- und Versorgungsengpass

Man unterscheidet dabei zwischen Liefer- und Versorgungsengpässen. „Einen Lieferengpass kann man immer kompensieren“, sagt Preis, „der ist zeitlich kurz und man kann immer ein Alternativpräparat finden. Es gibt aber auch Medikamente, bei denen man das nicht machen sollte.“

Als Beispiel nennt Thomas Preis das Medikament Tamoxifen zur Behandlung von Brustkrebs. Für dieses gibt es keine alternativen Präparate. Es handelt sich um einen Versorgungsengpass.

Doch selbst bei Lieferengpässen ist die Versorgung mit Alternativen nur „die zweitbeste Lösung.“ Denn es muss eine andere Arzneiform und Dosierung gewählt werden, um den Patienten zu behandeln.

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Globale Krisen sind Auslöser

Nach eigenen Angaben verfügt Bayer über „starke, proaktive Risikomangementsysteme, um Lieferengpässe im Voraus zu verhindern.“ In einzelnen Fällen und aus unterschiedlichen Gründen können Lieferengpässe trotzdem auftreten. „Insbesondere im Rahmen der weltweiten Pandemie ergeben sich besondere Herausforderungen in der Beschaffung und Versorgung mit Roh- und Hilfsstoffen sowie Personalmangel in der Produktion oder bei der Aufrechterhaltung von Lieferketten“, teilte ein Sprecher mit.

Auch die Bundesregierung will die Produktion wieder nach Deutschland holen. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Wir ergreifen Maßnahmen, um die Herstellung von Arzneimitteln inklusive der Wirk- und Hilfsstoffproduktion nach Deutschland oder in die EU zurück zu verlagern."

Das fordern auch Thomas Preis und der Apothekerverband Nordrhein. Die weiten Wege der Logistik-Ketten stellen ein zentrales Problem dar: „Wenn Hersteller  in China Probleme bekommen, wirkt sich das auf die ganze Welt aus. Da ist Deutschland nur ein ganz kleiner Teil dieser Versorgungskette. Das kostet uns sehr viel Zeit. Zeit, die uns dann fehlt, um die Patienten zu wichtigen Themen zu beraten.“

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