Tausende betroffenRheinenergie hebt Strompreis für Kunden in Grundversorgung an

Lesezeit 4 Minuten
Rhein-Energie Konzernzentrale

Rhein-Energie Konzernzentrale

Köln – Nach mehreren Erhöhungen im Herbst und anschließenden Senkungen will die Rhein-Energie die Preise für Strom bei Kunden in der Grundversorgung anheben. Gleichzeitig macht der mehrheitlich städtische Konzern einen dreistelligen Millionengewinn. Ein mögliches Gasembargo im Winter bezeichnet Rhein-Energiechef Dieter Steinkamp als „Super-GAU“. Ein Überblick über die am Mittwoch vorgestellte Jahresbilanz des größten Energieversorgers der Region.

Strompreise

Für tausende Kunden wird Strom in Köln erneut teurer. Wie Birgit Lichtenstein, im Rhein-Energie-Vorstand für die Finanzen zuständig, sagt, wird der Preis für Strom je Kilowattstunde zum 1. August von 28,68 auf 31,04 Cent je Kilowattstunde angehoben. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit rund 3000 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr wäre das pro Monat ein Preisanstieg von knapp sieben Euro. Festpreiskunden sind von der Preiserhöhung nicht betroffen.

Betroffen sind nur die Kunden, die in einem Grundversorgungstarif sind, und auch nur solche, die vor dem 16. Dezember 2021 in diesem Tarif waren. Wie viele das konkret sind, teilt das Energieunternehmen nicht mit. Branchenkenner gehen davon aus, dass es Tausende oder sogar Zehntausende sind. Wer nach dem 16. Dezember zur Rhein-Energie in die Grundversorgung kam, kann sogar mit sinkenden Preisen rechnen, weil er heute fast 40 Cent zahlt.

Alles zum Thema Rheinenergie

Damals waren viele kleinere Versorger ausgefallen und in die Insolvenz gegangen. Deren Kunden fielen dann automatisch zum Grundversorger Rhein-Energie. Dieser hatte Probleme, diese Kunden mit günstigem Strom zu versorgen, weil er für diese Neukunden nicht langfristig eingekauft hatte. Die Folge: Das Unternehmen musste am teuren Spotmarkt Strom einkaufen. Für die betroffenen Neukunden wurde ein neuer Grundtarif eingeführt, mit deutlich höheren Gebühren. Dagegen hatte die Verbraucherzentrale geklagt, aber zunächst nicht Recht bekommen. Am 1. August wird dieser zweite Grundversorgungstarif dann abgeschafft und es gelten für alle Grundversorgungskunden wieder die gleichen, erhöhten Konditionen.

Gas-Versorgung

Sorgenvoll äußerte sich der Rhein-Energiechef Dieter Steinkamp im Falle einer möglichen Einstellung der Gaslieferungen durch Russland. „Ein Gas-Embargo im Winter beträfe uns alle und wäre ein Super-GAU (größter anzunehmender Unfall; Anm. d. Red.)“, sagte Steinkamp auf Nachfrage. Die reduzierten Lieferungen in dieser Woche würden schon die Auffüllung der Gasspeicher erschweren. Und auch die seien nicht für einen Lieferstopp ausgelegt, sondern dazu da, die Versorgungssicherheit im Winter sicherzustellen. „In der kalten Jahreszeit brauchen wir zwei oder drei Mal so viel wie im Sommer“, so der Vorstandschef. Ein Problem entstünde schon bei einer teilweisen Reduzierung der Liefermenge, „Gasnetze sind keine Stromleitungen und benötigten bestimmte Mindestdrücke, die bei einer Reduktion der Gasmenge eventuell nicht gegeben“ seien, so Steinkamp weiter. Das Einsparpotenzial für Gas liege in Deutschland zwar bei 20 Prozent. Russland liefere aber 40 Prozent, sodass unterm Strich 20 Prozent fehlten.

Geschäftsverlauf

Der Gewinn der Rhein-Energie nach Steuern beträgt laut Lichtenstein 173 Millionen Euro, das sind etwa drei Millionen Euro mehr als im vorigen Geschäftsjahr. 28 Millionen Euro des Gewinns werden an die Eon-Tochter Westenergie ausgeschüttet, sie hält 20 Prozent an der Rhein-Energie (Vorjahr 30 Millionen Euro). Zur Stärkung des Eigenkapitals werden zehn Millionen Euro in eine Gewinnrücklage eingestellt. (Vorjahr: acht Millionen Euro). An die der Stadt Köln gehörende Firma GEW AG werden 135 Millionen Euro ausgeschüttet, sie ist mit 80 Prozent Anteilen Mehrheitsaktionär der Rhein-Energie.

Das könnte Sie auch interessieren:

Energieproduktion

Die Rhein-Energie hat 2021 mit 10,9 Milliarden Kilowattstunden etwas mehr Strom verkauft als 2020 (10,38 Millionen). Die Menge an verbrauchtem Gas stieg ebenfalls um sieben Prozent auf 85 Milliarden Kilowattstunden. Das führt Lichtenstein auf den vergleichsweise kalten Spätwinter/das Frühjahr 2021 zurück.

Rheinland-Kooperation

Die angestrebte Kooperation mit anderen rheinischen Versorgern ist anders als von Dieter Steinkamp geplant noch nicht in trockenen Tüchern. Die Entscheidung des Kartellamtes steht noch aus und wird nicht vor Ende Juli erwartet. Man sei dabei, Probleme, die das Kartellamt sehen könne, auszuräumen. Es gehe aber nicht darum, das gesamte Projekt infrage zu stellen, allenfalls um Probleme auf Teilmärkten.

Dekarbonisierung

Dieter Steinkamp fordert, auch im Stadtgebiet Freiflächen für Photovoltaik-Anlagen zu nutzen. Das ist bei den Anwohnern und in Köln umstritten. Laut Steinkamp gibt es sechs in Frage kommende Flächen in Stadtgebiet, eines im Norden an der Autobahn. Außerdem schlägt der bald scheidende Rhein-Energie-Chef vor, bis zu neun Windräder auch in Köln zu bauen, was ebenfalls umstritten ist.

KStA abonnieren