Streit um Corona-SoforthilfenWurden die Rückzahlungsbedingungen geändert?

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Es gibt Streit um die NRW-Soforthilfe

Köln – Beim Kölner Verwaltungsgericht sind bislang 150 Klagen gegen angeblich veränderte Rückzahlungsbedingungen der Corona-Soforthilfen eingegangen. „Die Förderempfänger haben im Nachhinein Mails bekommen, mit denen aus Sicht der Kläger bestimmte Modalitäten der Rückzahlung geändert worden sind“, sagte ein Sprecher dem Kölner Stadt-Anzeiger am Mittwoch.

„Die Zuwendungsbescheide der NRW-Soforthilfe waren für unsere Mitglieder so zu verstehen, dass sie einen Ausgleich für Corona-bedingte Umsatzverluste zu Anfang der Pandemie im Jahr 2020 schaffen sollten. Allerdings folgten Anfang Juli mehrere irritierende Mails, aus denen nicht klar ersichtlich wurde, ob sie die Rahmenbedingungen für den rechtmäßigen Erhalt zum Nachteil der Bezieher nachträglich verändern würden. Es musste klar gestellt werden, dass das nicht geht“, teilte ein Sprecher des Dehoga Nordrhein dazu auf Anfrage mit. Der Interessenverband des Gastgewerbes unterstützt die Initiative „Interessengemeinschaft NRW Soforthilfe“, deren Mitglieder sich zusammengeschlossen haben, um „gegen das Chaos der geänderten Voraussetzungen“ vorzugehen, wie es auf ihrer Internetseite steht.

Klagen wohl unzulässig

Beim Kölner Verwaltungsgericht hieß es am Mittwoch jedoch, dass die Klagen unzulässig sein dürften. Bei den fraglichen E-Mails handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, gegen den juristisch vorgegangen werden könne. Die Mails seien erst einmal nur Hinweise. „60 Kläger haben ihre Klage nach einem entsprechenden Hinweis bereits zurückgezogen“, so der Gerichtssprecher.

Corona-Soforthilfen

Die NRW-Landesregierung hat insgesamt rund 430.000 Solo-Selbstständigen, Kleinunternehmern und Freiberuflern in Nordrhein-Westfalen eine Corona-Soforthilfe gewährt. Anders als in anderen Bundesländern zahlte Nordrhein-Westfalen dabei je nach Betriebsgröße 9000, 15.000 und 25.000 Euro aus – und nicht einen konkret ermittelten Bedarf. Laut NRW-Wirtschaftsministerium war dabei von Beginn an geregelt, dass nicht benötigte Mittel später zurückgezahlt werden müssten. Sie seien für die „Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und der Überbrückung von akuten Liquiditätskosten“ gedacht gewesen, heißt es dort. (elb)

Das bedeutet allerdings nicht, dass juristische Auseinandersetzungen vom Tisch sind: Wenn die Hilfeempfänger zu einem späteren Zeitpunkt ihre Schlussbescheide samt Abschlussrechnung vom Land erhalten, könnten sie gegen diese vorgehen.

Streit um Formulierung der Bescheide

Das NRW-Wirtschaftsministerium teilte am Mittwoch derweil mit, in den Bescheiden sei von Beginn an klar geregelt gewesen, dass „über den individuellen Liquiditätsengpass hinausgehende Mittel zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden müssen“. Diese Informationen seien in den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheids zu finden.

Dort steht wörtlich: „Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel (…) zurückzuzahlen.“

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Die IG NRW Soforthilfe interpretiert dieses Passage allerdings anders als das Land. Mitgründer Reiner Hermann aus Düsseldorf verwies am Mitwoch darauf, dass dort explizit die Rede vom Umsatzausfall und nicht vom Liquiditätsengpass sei. „Davon will das Land geflissentlich nichts mehr wissen.“ Beides macht in der Praxis einen großen Unterschied. Hermann beklagte außerdem, dass in den online veröffentlichten Fragen und Antworten zu den Förderbedingungen sechs Tage lang gestanden habe, auch Lebenshaltungskosten könnten mit der Soforthilfe gedeckt werden. Erst später sei das korrigiert worden. „Wir wollen aber gerne das haben, was uns zugesichert wurde.“

Initiative beklagt, auf „taube Ohren“ gestoßen zu sein

Das Land habe die Bestimmungen sicher in bester Absicht zusammengeschrieben, so Hermann weiter. „In der Hektik können Fehler passieren. Aber wenn das der Fall ist, setzt man sich hinterher zusammen, um die Kuh vom Eis zu holen.“ Beim Wirtschaftsministerium sei man jedoch auf taube Ohren gestoßen.

Auch bei der Kölner IHK sind im Laufe der Zeit immer wieder Beschwerden eingegangen, „da besonders in der Anfangsphase der Soforthilfe immer wieder die Bestimmungen angepasst wurden", wie eine Sprecherin sagte. Klagen kenne man allerdings keine. „In den vergangenen Monaten gab es auch keine grundsätzlichen Beschwerden mehr.“ Man berate noch immer regemäßig zu den Abrechnungsunterlagen und wie die Berechnungen zu erfolgen hätten.

Das Ministerium weist indes darauf hin, dass die Fristen für die verpflichtende Rückmeldung des Liquiditätsbedarfs und eine mögliche Rückzahlung seien zuletzt um ein Jahr verlängert worden seien, um die 430.000 Empfängerinnen und Empfänger zu unterstützen. „Frist für die Abgabe der Rückmeldung ist der 31.10.2021, für eine eventuelle Rückzahlung bleibt den Unternehmen und Soloselbstständigen Zeit bis zum 31.10.2022.“

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