ÜbernahmegesprächeSo geht es im Covestro-Poker weiter

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Luftbild der Covestro-Betriebe im Leverkusener Chempark.

Neun Produktionsbetriebe unterhält Covestro im Leverkusener Chempark. Die Zahl der Beschäftigten liegt bei rund 4000.

Nach langen Gerüchten hat der Covestro-Vorstand am späten Freitag Abend seine Zustimmung zu Übernahmegesprächen mit dem arabischen Investor Adnoc gegeben. Wie es nun bei dem Dax-Konzern weiter geht.

Der Leverkusener Chemiekonzern Covestro zeigt sich nach wochenlangen Spekulationen offen für eine Übernahme durch den Ölkonzern Abu Dhabi National Oil (Adnoc). Der Covestro-Vorstand beschloss mit Blick auf das von Adnoc bekundete Interesse die Aufnahme ergebnisoffener Gespräche, wie der Dax-Konzern am Freitagabend mitteilte. Damit können die beiden Unternehmen nun über Details einer möglichen Akquisition reden. Covestro ist auf die Produktion spezieller Kunststoffe spezialisiert. 

Wie hoch ist das Angebot?

Zuletzt war in Medien die Rede davon, dass die Araber informell 60 Euro je Aktie in Aussicht gestellt hätten, was einem Wert von 11,6 Milliarden Euro entspricht. Analysten der Baader Bank und von Barclays halten die kolportierte Summe für zu niedrig.Wie hoch ein Angebot ausfallen müsste, um auf Zustimmung von Covestro zu treffen, bleibt offen. „Ob, in welcher Form und gegebenenfalls zu welchen Konditionen eine Vereinbarung zwischen den Gesprächspartnern zustande kommt, ist offen“, betonten die Leverkusener. Spekulationen über ein Interesse von Adnoc gibt es seit Mitte Juni, damals hatten die Aktien noch um die 40 Euro gekostet.

Was hat das Covestro-Management bisher gesagt?

Das Management um Covestro-Chef Markus Steilemann hatte seit ersten Gerüchten zu den Übernahmeplänen jeglichen konkreten Kommentar vermieden und betont, solche Spekulationen würden nicht kommentiert. Vielmehr haben beide Seiten dem Vernehmen nach bisher nicht direkt miteinander gesprochen, sondern lediglich informell über Investmentbanken und Anwälte kommuniziert.

Wie beurteilt der Vorstand das Angebot?

Wörtlich sagte Markus Steilemann, Vorstandsvorsitzender von Covestro: „Das Interesse von Adnoc an unserem Unternehmen unterstreicht unsere starke Position als einer der weltweit führenden Hersteller von hochwertigen Kunststoffen und als Vorreiter auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft.“ Trotz der gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme der Branche sei Covestro „optimal positioniert, um in hochattraktiven Industrien mit stabilen, langfristigen Wachstumstrends nachhaltig substanzielle Werte zu schaffen“, so Steilemann weiter.

Wer ist Adnoc?

Adnoc steht für Abu Dhabi National Oil Company. Der Sitz ist in Abu Dhabi, in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Unternehmen ist ein staatseigener Ölkonzern mit mehr als 90 Prozent Anteil an den landesweiten Erdöl- und Erdgasreserven. Adnoc gilt dabei als zweitgrößter Erdölproduzent der Welt. Chef von Adnoc ist Sultan Ahmed Al Jaber. Er ist auch Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien der Emirate, außerdem deren Sondergesandter für den Klimawandel.

Welche Pläne verfolgt Adnoc?

Adnoc baut seit einiger Zeit sein Engagement rund um das Chemiegeschäft aus. Der Konzern hat Investitionspläne in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar (140 Mrd. Euro), um sein Geschäft mit Erdgas, Chemikalien und sauberer Energie weltweit zu erweitern. Denn die Ölproduzenten am Persischen Golf wollen ihr bisher auf den Verkauf von Rohöl, Benzin und Diesel konzentriertes Geschäft auf eine breitere Basis stellen.

Außerdem versucht Adnoc so, seine Position in der Konkurrenz mit dem Ölkonzern Saudi Aramco zu verbessern. Im vergangenen Jahr hatte Adnoc bereits Anteile am österreichischen Öl- und Gaskonzern OMV erworben. Auch Saudi Aramco ist in der Region kein Unbekannter. 2019 kaufte der Konzern die Kautschuktochter von Lanxess. Covestro und Lanxess sind historisch verwandt, weil sie beide Abspaltungen der Leverkusener Bayer AG sind.

Was sagen die Gewerkschafter?

„Für die Covestro-Belegschaftsvertretungen und die IGBCE ist entscheidend, dass der Konzern jetzt nachhaltig zukunftsfest gemacht wird. Das gilt vor allem für Standorte und Beschäftigung. Dafür setzen wir uns mit Nachdruck ein“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft IG BCE dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Kunststoffkonzern beschäftigt 18.000 Menschen, davon rund 7000 in Nordrhein-Westfalen. Am Stammsitz in Leverkusen sind knapp 400 Mitarbeiter tätig, in Dormagen 1900 und im Krefelder Ortsteil Uerdingen 1100. Die Mitarbeiter in Deutschland sind bis zum Jahr 2028 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt.

Wie reagieren die Börsen?

Die Übernahme-Phantasien beflügelten die Aktie. Am Montagnachmittag notierte sie zwischenzeitlich zwei bis in der Spitze fünf Prozent im Plus. Betrachtet man einen Vier-Wochen-Zeitraum hat die Covestro-Aktie sogar 16 Prozent an Wert gewonnen.

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