„Noch nicht einmal menschlich”

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Manfred Becker-Huberti bekam den Stuhl vor die Tür gesetzt.

Manfred Becker-Huberti bekam den Stuhl vor die Tür gesetzt.

„Opus Dei“-Mitglied Stephan Schmidt wird neuer Leiter des Presseamts und gleichzeitig Chefredakteur der Kirchenzeitung.

Das Erzbistum Köln verbreitet Normalität, doch in der kirchlichen Landschaft weit über Köln hinaus tobt längst ein Sturm der Entrüstung darüber, wie Kardinal Joachim Meisner seinem langjährigen Pressesprecher, Manfred Becker-Huberti, den Stuhl vor die Tür gesetzt hat. Offiziell hieß es gestern, der Wechsel in der Leitung des erzbischöflichen Presseamtes, der verbunden ist mit der Berufung eines neuen Chefredakteurs für die Kölner „Kirchenzeitung“, sei „im Einvernehmen mit den bisherigen Stelleninhabern“ erfolgt. Meisner wisse sich Becker-Huberti „für engagierte und oftmals aufreibende Tätigkeit zu großem Dank verpflichtet“. Tatsächlich erfuhr Becker-Huberti überhaupt erst von seiner geplanten Absetzung, nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ bereits eine entsprechende Anfrage an das Erzbistum gerichtet hatte. Kurz darauf wurde der 61-Jährige zu Generalvikar Dominik Schwaderlapp zitiert. „Das ist noch nicht einmal menschlich, geschweige denn christlich“, kommentierte ein Insider.

Über die Gründe für die Ablösung Becker-Hubertis, der jetzt vorzeitig in den Ruhestand geht, wollte sich keiner der Beteiligten äußern. Der Theologe und Journalist hatte 1990, kurz nach Meisners Wechsel von Berlin nach Köln im Jahr 1989, den Sprecherposten übernommen. Ein Kenner bezeichnete ihn als „Institution“ der katholischen Medienarbeit. Becker-Huberti sei hochkompetent und „an Loyalität nicht zu übertreffen“. Allerdings sind inhaltliche und persönliche Differenzen zwischen ihm und dem Hauptabteilungsleiter Bildung / Medien, Erwin Müller-Ruckwitt, im Generalvikariat ein offenes Geheimnis.

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Um einen Nachfolger für Prälat Erich Läufer (78) an der Spitze der Kirchenzeitung hatte sich das Erzbistum jahrelang erfolglos bemüht. Es sei „praktisch jeder gefragt worden, der in der katholischen Publizistik einen Namen hat“, sagte ein kirchlicher Medienmann. „Das wollte sich aber keiner antun.“ Der Kölner Posten gilt nicht zuletzt deshalb als schwierig, weil die Auflage des Wochenblatts (67 000) rückläufig ist und Kardinal Meisner sehr dezidierte Vorstellungen von der Aufgabe der kirchlichen Presse hat.

Als Läufers und zugleich Becker-Hubertis Nachfolger tritt nun der 43 Jahre alte Stephan Georg Schmidt an. Das Erzbistum Köln teilte gestern den Personalwechsel mit, über den der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in der vorigen Woche berichtet hatte. Schmidt war bisher Redakteur der „Wirtschaftswoche“ und ist - wie er auf Anfrage bestätigte - Mitglied des „Opus Dei“. Die katholische Organisation gilt als streng konservativ und hierarchietreu.

Von der Zusammenlegung beider Posten versprechen sich das Erzbistum und der Bachem-Verlag, in dem die Kirchenzeitung erscheint, nach eigenen Angaben „Synergieeffekte“ für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Dabei bleibe „die Eigenständigkeit der Kirchenzeitung erhalten“. Der Sprecher der Redakteure im „katholischen Medienverband“, Johannes Schießl, zeigte sich in dieser Frage skeptisch: „Auf beiden Seiten des Schreibtisches gleichzeitig zu sitzen - das ist doch eher schwierig.“ Ein kirchlicher Medienprofi sprach von einer „abstrusen“ Entscheidung. „Wer so etwas beschließt, offenbart, dass er vom Mediengeschäft keine Ahnung hat.“

Schmidt hat Anglistik, Skandinavistik und anglo-amerikanische Geschichte in Köln, Dublin und Bergen studiert und war Redakteur der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf. Er ist zudem als Übersetzer, Buchautor und Referent unter anderem zu medienethischen Themen tätig.

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