Wirtswechsel in Köln-BickendorfFliegender Wechsel am Zapfhahn vom Kultlokal „Im Rondellchen“

Lesezeit 3 Minuten
Günter (v.l.) und Albert Klette, Dieter Polch und Wilfried Kelm hinter dem Tresen der Kultkneipe Im Rondellchen.

Günter (v.l.) und Albert Klette, Dieter Polch und Wilfried Kelm hinter dem Tresen der Kultkneipe Im Rondellchen.

Bickendorf – Kurz vor Weihnachten ging es noch einmal richtig rund in der Kneipe „Im Rondellchen“. Die Gästeschar knubbelte sich im halbrunden Schankraum, dessen Inneneinrichtung zum Teil noch im Original aus den 1920er Jahren vorhanden ist.

Grund für den Andrang im Bickendorfer Kultlokal am Akazienweg, das zweifellos zu den Kölner Kneipen gehört, die man kennen muss: ein Wirtewechsel. Günter und Albert Klette übergaben den Platz am Zapfhahn an Dieter Polch, der ihnen schon vorher am Tresen zur Seite stand, und Wilfried Kelm.

Sorgen, dass sich dadurch im neuen Jahr irgendetwas ändern könnte in einer der letzten kölschen Kneipen im Veedel, entbehren jeder Grundlage. Dass ein Rondellchen-Wirt ganz viel Idealismus und eher wenig Gewinnabsichten mitbringen muss, ist auch den neuen Pächtern klar. „Ich kenne das Rondellchen schließlich auch schon lange genug“, versichert Wilfried Kelm, der am 4. Januar 2016 erstmals als Wirt die Kneipentür öffnen wird. Wie die Gebrüder Klette und Dieter Polch ist er in Bickendorf aufgewachsen.

Eine Art Nachbarschaftsinitiative

Seit Jahren funktioniert die Kneipe – eine der kleinsten in der ganzen Stadt – als eine Art Nachbarschaftsinitiative. Drei Freunde aus dem Viertel wollten es nicht hinnehmen, dass das Lokal geschlossen war, nachdem der letzte Wirt aufgegeben hatte. Sie betätigten sich im Nebenberuf oder in der Freizeit als Wirte. Für einen hauptberuflichen Gastronomen, so Albert Klette, sei es aufgrund der hohen Nebenkosten schwer, sich nur mit der gerade mal 46,58 Quadratmeter großen Kneipe eine Existenzgrundlage zu sichern. Doch die Betreiber machen das Beste draus: „Auf die Größe kommt es nicht an“, steht auf der Köbesschürze, also der Dienstkleidung der Wirtsleute. „46,58 m² Erlebnisgastronomie“ lautet der Zusatz.

Die Geschichte der kleinen Gaststätte, die zur Wohnungsgenossenschaft Kölner Gartensiedlung gehört, begann Ende der 1920er Jahre als Café. An der damals noch existierenden Wendeschleife der Straßenbahnlinie 4 fand sich ein idealer Platz. Die kreisrunde Gleisanlage war von Anfang an Namensgeberin. „So mancher Bickendorfer trank im Rondellchen das erste Bier seines Lebens“, beschreibt Günter Klette die soziale Funktion der Gaststätte. Doch als die Straßenbahn-Haltestelle aufgrund des U-Bahnbaus für die Linie 4 Anfang der 1990er Jahre verschwand, wurden die Zeiten für das Lokal schwerer.

Dass es immer noch existiert, ist dem Engagement der Klette-Brüder und Dieter Polch zu verdanken. Begeistert davon zeigte sich vor zwei Jahren ein prominenter Gast: SPD-Chef Sigmar Gabriel kam völlig unversehens zur Tür herein. Im Gefolge einige Kölner und Bickendorfer Genossen. Ein frisch gezapftes Kölsch vom Fass und hausgemachte Frikadellen mundeten auch dem Wirtschaftsminister.

Inzwischen entdecken immer mehr Zugezogene die Veedelsinstitution und ihre Bedeutung im sozialen Gefüge des Stadtteils. So habe vor rund drei Jahren ein Frauenchor das Lokal zur Stammkneipe erkoren, erzählt Dieter Polch. Wenig später folgten deren Partner und Lebensgefährten und gründeten einen Stammtisch mit dem vielversprechenden Namen „Rondellchen-Retter“.

KStA abonnieren