BallettÄsthetischer Glanz

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Ringelringelreihe? Der Eindruck täuscht, die Botschaft ist ernst. (Bild: Plissart)

Ringelringelreihe? Der Eindruck täuscht, die Botschaft ist ernst. (Bild: Plissart)

Leverkusen – Das Publikum liebt die „Compagnie Thor“, denn der Choreograph Thierry Smits hat für neun Tänzer aus Afrika „To the Ones I love - Für die, die ich liebe“ entworfen - ein bewegtes und bewegendes Stück über Menschlichkeit und Toleranz, das Eleganz mit Muskelkraft paart. Kein Ende ohne Jubel - nicht im Ballett.

Die Gastspiele, die die Bayer-Kultur am Freitag im Erholungshaus und die städtischen Kulturbetriebe jetzt im Forum zeigten, umrissen eine Strömung mit zwei unterschiedlichen Aspekten: Tanz mit afrikanischen Einflüssen reißt mit. Baute die „Compagnie Momboye“ auf die Wucht von Igor Strawinskys Musik in „Le Sacre du Printemps“, setzt Thierry Smits auf Werkausschnitte von Johann Sebastian Bach durchsetzt mit Geräuschen, die an Buschtrommeln und Vogelzirpern im Urwald erinnern. So, wie der Musiker Maxime Bodson diese beiden Klangkontraste vernetzt, verzahnt Smits die Traditionen, die die Akteure aus ihren Heimatländern mitbringen, mit Bewegungsmustern zeitgenössischen Tanzes: Das ist schnörkellos, klar, ernst, ganz ohne folkloristischen Zuckerguss, doch stets mit ästhetischem Glanz. Ein Fließen und Innehalten, ein Vorwärtsdrängen und Stillstehen. Smits bildet die Musik nicht eins zu eins rhythmisch ab, vielmehr nutzt er sie als gedanklichen Motor.

Individueller Ausdruck

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„To the Ones I love“ ist ein getanztes Nachdenken über das Anderssein in der Gleichheit Mensch. Die neun Tänzer „häuten“ sich und bleiben doch dieselben. Sie streifen sich Trikots aus derselben Farbskala über. Doch die Abstufungen sind nicht zu übersehen. Sie reichen von Hellgrün bis Flaschengrün, von sand bis ockerfarbig. Die Nuancen sind Spiegelbild der eigenen Hautfarbe von schwarz bis hellbraun. Auch dann, wenn die Tänzer die Arme gleichzeitig zum 90-Grad-Winkel strecken, synchron im Sprung die Bühne erobern oder sich zu Duos und Trios formieren, bleibt der individuelle Ausdruck bestehen.

Mit dem Rücken zum Publikum lassen sie die Wirbelsäulenmuskulatur tanzen, doch jeder Körper strahlt die gleiche Anspannung anders aus. Smits versteht sein jüngstes Stück nicht als politisches Bekenntnis. Dennoch wecken die Tanzbilder Assoziationen: Die sechs beweglichen weißen Ausstattungsblöcke können als Brücken als Gräber oder auch als Schiffe interpretiert werden. Die Vieldeutigkeit macht den Reiz von „To the Ones I love“ aus. Man muss es lieben.

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