Ein Grabstein im Römisch-Germanischen Museum erzählt viel über den Verstorbenen, einen Kölner Imi.
Schock-Werners Adventskalender (3)Kölscher Imi zur Römerzeit

Grabstein für den Rheinschiffer Horus im Römisch-Germanischen Museum (RGM)
Copyright: Alexander Schwaiger
Das Belgische Haus am Neumarkt ist ein architektonisches Schmuckstück – fast schon zu schön als Ausweichquartier für das Römisch-Germanische Museum (RGM), vor allem viel zu klein dafür. Direktor Marcus Trier und sein Team können nur einen kleinen Ausschnitt der bedeutenden Sammlung von römischer Kunst und Relikten des Lebens im antiken Köln zeigen. Für meinen Adventskalender hat Trier vier besonders sehenswerte ausgewählt.
Den Beginn macht ein Grabstein aus dem frühen 1. Jahrhundert. Klingt erst einmal nicht sonderlich spannend, und man könnte an diesem unscheinbaren Monument glatt vorbeilaufen. Sollten Sie aber nicht! Denn dieser Grabstein, gefunden bei Grabungen in der Nähe von Sankt Ursula, verrät eine Menge nicht nur über den Verstorbenen, sondern auch über römische Kulturgeschichte.

Grabstein des Untersteuermanns Horus
Copyright: Alexander Schwaiger
Bedenken Sie: Wir sind in den frühen Jahren der Stadt, der „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“, wie Köln nach seiner Gründerin, der Kaiserin Agrippina, hieß. Laut Inschrift wurde der Grabstein geschaffen für einen gewissen Horus, den Sohn (ablesbar am Buchstaben F für lateinisch „Filius“) des Pabecus. Dieser Name erscheint ebenfalls abgekürzt. Horus war Unteroffizier im Rang eines Untersteuermanns der römischen Flotte („Classis“) und stammte aus Alexandria. Von dort gelangte er an den Rhein, wo er im Alter von 60 Jahren starb. Weil man damals erfahrene Seeleute suchte, um die Rheinflotte in Schwung zu bringen, dürfte Horus als Vierziger nach Köln gekommen sein und hier nochmal zwei Jahrzehnte Dienst geschoben haben.
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Sein Lebenslauf zeigt, dass Köln schon in der Antike ein Schmelztiegel war. Wir haben es bei Horus mit einem kölschen Römer aus Ägypten zu tun – einem Vertreter von antikem Multikulti oder halt einem waschechten Imi.
Sein Grabstein wurde übrigens recycelt und als Abdeckung für einen Sarkophag aus dem 4. Jahrhundert verwendet, in einer Zeit, als die römischen Steinbrüche schon nicht mehr aktiv waren und das Material entsprechend knapp war. Heute, 1700 Jahre später, erinnert er wieder an seinen ursprünglichen Widmungsträger und lässt ihn mit Hilfe des RGM zu späten Ehren kommen.
Aufgezeichnet von Joachim Frank
Alle Folgen von Barbara Schock-Werners Adventskalender finden Sie hier:www.ksta.de/weihnachten
Das Römisch-Germanische Museum ist für die Dauer der Sanierung im Belgischen Haus, Cäcilienstraße 46, 50667 Köln untergebracht. Es ist das einzige der städtischen Museen, das montags geöffnet und dienstags geschlossen ist. Öffnungszeiten: 10:00 bis 18:00 Uhr. Verlängerte Öffnung bis 22 Uhr am „Köln-Tag“, dem ersten Donnerstag im Monat. Um die Feiertage ist das RGM am 23., 24., 25., 30. und 31. Dezember sowie am Neujahrstag geschlossen. Eintritt: 6 Euro (ermäßigt 3,50 Euro)
