Interaktiver Streit-AtlasIn diesen Veedeln klagen die Kölner am meisten

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Köln Veedel Grafik Interaktiv

Die Kölner Veedel

Köln – Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht? Köln ist mit 32,1 Streitfällen pro 100 Einwohnern nach Leipzig (33,2 Fälle) die streitlustigste Großstadt in Deutschland. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 25,1. Das hat die Versicherung herausgefunden, die früher mal behauptete, sie sei Anwalts Liebling. Und wundert sich darüber, warum ausgerechnet die vermeintlich kölschen Frohnaturen sich zoffen wie die Kesselflicker.

Kölner wurden noch streitlustiger

Der Streit-Atlas 2017 des Rechtsschutzversicherers Advocard geht nach 2013 und 2015 in die dritte Runde, und Köln ist immer ganz vorn dabei. Besserung ist nicht in Sicht. Gegenüber der letzten Erhebung vor zwei Jahren ist der Wert in Köln noch einmal um 2,5 Streitfälle gestiegen. Alle Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016. 1,7 Millionen Zankereien hat die Versicherung in den drei Studien ausgewertet. Längst nicht jeder ist vor dem Kadi gelandet.

„Wir haben jeden Fall aufgenommen, der bei uns zur Beratung gelandet ist. Das fängt mit dem Kirschbaum an, dessen Äste beim Nachbarn über den Gartenzaun ragen“, sagt ein Sprecher.

Größtenteils private Streits

Doch worüber streiten sich die Kölner? In erster Linie geht’s um Privates. Erbstreitigkeiten und Scheidungen machen 37,7 Prozent aller Streitfälle aus. Darin unterscheidet sich Köln nicht groß von anderen Städten und Regionen. 

Wie für jedes Streitthema schlechthin gibt es für dieses auch das entsprechende Liedgut. Abgeleitet von der Mutter aller Streitlieder, dem Kölschen Explezeer – was auf Hochdeutsche „Eine kölsche Auseinandersetzung heißt“. „Du Versager! Du Flittchen, du verloddert klei Nüttche! Du erbärmlicher Schiffschaukelbremser, halt’s Maul! Wat heiß he Kniesbüggel? Du fussije Knüsel! Frohe Weihnacht, Du Penner, Du stinkje Wildsau.“ (Quelle: BAP, Weihnachtsnaach).

Krach im Straßenverkehr

Auf Platz zwei folgen der Straßenverkehr und die Mobilität. Unfälle, Temposünder, Krach zwischen Fußgängern und Radfahrern, das Zweite-Reihe-Parken. In 27,9 Prozent aller Fälle wird die Versicherung bemüht. Nach dem Motto: Wozu zahle ich die Prämie? Dabei könnte man das wie der Kabarettist Jürgen Becker doch viel galanter lösen.

„Meine liebe, liebe Politesse, mach’ ruhig 100 Mark, mer jonn französisch esse, jo hät es jesaat, ich weiß et hück noch janz jenau, zick dem han ich e Krösje met d’r Knöllchensfrau (Quelle: Jürgen Becker, Politesse)

Weitere Streitursachen sind Wohnen und Mieten (14,1 Prozent), Arbeit (13,4 Prozent) und Ärger mit Behörden und Verwaltungen (7 Prozent). Besonders streitlustig ist die Gruppe der 46 bis 55-Jährigen (26,7 Prozent), ab 66 Jahren nimmt die Lust zur Auseinandersetzung deutlich ab (9,6 Prozent). In 66,2 Prozent sind es Männer, die so weit gehen, dass sie zumindest eine Rechtsberatung brauchen. Bei den Frauen sind es logischerweise dann nur 33,8 Prozent.

Die streitlustigsten Veedel

Und jetzt wird es heikel. Wo kracht es am häufigsten? Die höchste Wahrscheinlichkeit, in einen Streit verwickelt zu werden, haben Einwohner von Blumenberg, Chorweiler und Volkhoven/Weiler – hier liegt die Streit-Intensität bei 40,2 je 100 Einwohner. Ähnlich häufig kracht es aber auch in Lövenich, in der Altstadt-Süd und Bickendorf. Rechtsrheinisch liegen sind Ensen und Finkenberg mit jeweils 37,1 Streitfällen vorn.

Vergleichsweise friedlicher hingegen geht es in Holweide (24,8), Nippes (26,1) und Weiß (26,8) zu – hier wird im Kölner Vergleich am wenigsten gestritten.

Wo die Kölner streiten

Das größte Streitthema der Woche konnten die Studienmacher nicht auf dem Schirm haben. Die Entlassung von Peter Stöger beim 1. FC Köln. Was nicht weiter tragisch ist: Solche Auseinandersetzungen trägt der Kölner traditionell in der Kneipe, im Büro und in der Kaffeebud aus. Das war schon immer so und ist von den Bläck Fööss in dem gleichnamigen Liedchen längst besungen worden.

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„Du Jipsjeseech, Du Weihnachtsmann, Du wells Ahnung vun Fooßball han, sät do dä Blöh un lach sich hallev kapott. Do schalt sich uch dä Mürer en, meint: »Hau dem Kääl doch eine renn«.“ Un kloppt dem Blöh sing Zeidung op d’r Kopp.“ (Bläck Fööss, Kaffeebud).

Man solle die Studie durchaus mit einem Augenzwinkern betrachten, sagt ein Sprecher des Versicherers. Dass die deutsche Wut im Westen lebt, lässt sich aber nicht bestreiten. Von den zehn Top-Streit-Städten in Deutschland liegen sieben in NRW – Düsseldorf ist mit 31,0 Streitfällen pro 100 Einwohner auch weit vorn. Mit einem Plus von 4,0 gegenüber 2014 holt die Landeshauptstadt deutlich auf – und könnte Köln bald überflügeln. Wie die Fortuna den FC. Und damit wäre der nächste Zoff schon programmiert. 

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