„Eine Frechheit ist das“Autofahrer an Godorfer Tankstelle machen ihrem Unmut Luft

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Shell Godorf

In Folge des Krieges Russlands gegen die Ukraine steigen die Krafftstoffpreise.

Köln – Während er den schweren Pkw bayerischer Bauart mit Super-Benzin befüllt, schweift der Blick von Achim Rütz von der rapide in die Höhe schnellenden Kostenanzeige der Shell-Zapfsäule an der Godorfer Hauptstraße hinüber zu den schwelenden Großschornsteinen auf dem Werksgelände der gleichnamigen Raffinerie nebenan.

„Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten für meine Tankfüllungen“, sagt Rütz, der als leitender Angestellter eines großen Kommunikationsunternehmens viel mit dem Auto in der Region unterwegs ist. Sein Fahrverhalten habe der 48-Jährige darum trotz der bereits vor und noch einmal mit Beginn des Krieges in der Ukraine enorm gestiegenen Kraftstoffpreise bislang nicht verändert. „Ich habe aber vorgeschlagen, ein Elektro-Auto anzuschaffen“, so Rütz, dann fährt er vom Hof.

„Eine Frechheit ist das“

Shell Fatih

Autofahrer Fatih Sahmurat

Kurz darauf trifft am Mittwochvormittag Fatih Sahmurat an der Tankstelle im Kölner Süden ein. Auf die Frage, wie viel er heute tankt, reagiert der Ford-Mitarbeiter mit einem sichtlich missmutigen Blick. „Eine Frechheit ist das“, schimpft der 34 Jahre alte Vater von drei Kindern. „Während der Corona-Zeit war der Sprit so billig, jetzt fressen die hohen Preise das ganze Geld auf.“ Benzin kostet 2.319 Euro pro Liter an diesem Tag, Diesel ist sogar noch etwas teurer. Er reagiere darauf „so, wie die meisten Menschen mit normalem Einkommen das wohl tun“, sagt Sahmurat: „Ich fahre möglichst wenig mit dem Auto.“ Durchaus betroffen sind die Reaktionen der meisten Kunden, die an dem Tag die Zapfsäulen der Shell-Tankstelle ansteuern – auch wenn es insgesamt deutlich wenig sind als noch vor wenigen Wochen.

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Mitarbeiter bekommen Frust ab

Das hat auch Maria registriert, die seit einigen Monaten im Service an der Tankstelle in Godorf arbeitet. „Die Leute sind sauer, und immer wieder bekommen auch meine Kollegen und ich den Frust hier an der Kasse ab“, beschreibt die 19-Jährige die Stimmung vieler Kunden. „Ich finde das natürlich nicht toll, aber lasse das möglichst an mir abprallen. Sie habe ja Verständnis und hätte sich, wenn sie noch in der Ausbildung wäre, mit ihrem Azubi-Gehalt „sicher kein Auto mehr leisten können“, sagt Maria. „Und ich bin ja nicht Schuld an den hohen Preisen.“

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Die Politik mit zu hohen Steuern, Putin mit den Auswirkungen seines Krieges auf den Öl- und Gastransit, die gierigen Ölkonzerne, die zuletzt wieder sinkende Weltmarktpreise nicht an die Verbraucher weitergeben – die verschiedenen Menschen an der Kölner Tankstelle nennen unterschiedliche Adressaten, wenn es darum geht, wer aus ihrer Sicht die Verantwortung für die aktuell sehr hohen Kraftstoffpreisen trägt.

Und tatsächlich hat der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Informationen des Magazins „Spiegel" am Mittwoch die deutschen Wettbewerbshüter beauftragt, letzteres zu überprüfen. „Mein Haus hat das Bundeskartellamt gebeten, die Benzin- und Dieselpreise sehr genau zu beobachten und bei jeglichem Hinweis auf missbräuchliches Verhalten tätig zu werden", wird der Bundesminister zitiert.

Nielsen: Keine spezifischen Rheinland-Antworten

Das möchte Jörg Nielsen von der Geschäftsleitung Energy and Chemicals Park Rheinland der Shell Deutschland GmbH an der Godorfer Hauptstraße auf Anfrage des "Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht kommentieren. „Es handelt sich hier um eine komplexe und sensible Gemengelage, die den gesamten Energiemarkt berührt“, sagt er.

Er könne hinsichtlich „dieser globalen Ereignisse auch keine spezifischen Rheinland-Antworten“ geben. Nur so viel: „Wir werden alles daran setzen, die Produktion an unseren Standorten sowie die Versorgung mit Kraftstoff an unseren Tankstellen in der Region auch weiterhin sicherzustellen.“ Dieses Ziel bestätigt am Mittwoch auch „en2x - Fuels und Energie“, der Wirtschaftsverband, dem unter anderem der Shell-Konzern in Deutschland angehört. „Die hohen Tankstellenpreise stellen für viele Autofahrer und Betriebe eine erhebliche finanzielle Belastung dar.

Nachfrage nach Diesel aus osteuropäischen Ländern steigt

„Allerdings muss hierbei auf die Ursachen der aktuellen Preissituation gesehen werden: Die Kraftstoffpreise sind infolge der Ukrainekrise stark gestiegen. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern europa- und weltweit.“, heißt es in der aktuelle Stellungnahme des en2x-Verbands aus Berlin.

Das liege zum einen an einer erhöhten Produktnachfrage nach Benzin, Diesel und Heizöl: „Wir registrieren zurzeit beispielsweise eine deutliche höhere Nachfrage nach Diesel aus osteuropäischen Ländern, die teilweise auch von Deutschland aus bedient wird.“ Gleichzeitig ist das Produktangebot zurückgegangen, weil die Unternehmen auf eigene Initiative den Import von Diesel und auch Rohöl aus Russland reduzieren, auch wenn keine Sanktionen verhängt sind, so die Mitteilung vom Mittwoch weiter.

Kunden hoffen auf schnelle Entlastung

Shell Günther

LKW-Fahrer Günther Bütob

Die Unzufriedenheit vieler Kunden an den Kölner Tankstellen dürfte durch die aktuelle Lage dagegen weiter wachsen. Viele hoffen auf schnelle Entlastung, nicht auf Debatten und Schuldzuweisungen, so der Tenor an den Zapfsäulen in Nachbarschaft der Raffinerie. Am ehesten gelassen nimmt die Situation am Mittwoch noch Günther Bütob.

Der 62-Jährige ist seit 15 Jahren Kraftfahrer und als er mit seinem großen Tanklaster das Shell-Gelände verlässt sagt er. „So lange meine Kollegen und ich noch gefüllt von hier losfahren, ist die Lage noch in Ordnung.“

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