„Gegessen wie ein Junkie“So emotional soll Monchis Abschlusslesung in Köln werden

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Monchi, Sänger der Band „Feine Sahne Fischfilet“, hat ein Buch über seine Abnehmreise geschrieben.

Köln – „Ich bin 192 Zentimenter groß, 31 Jahre alt und wiege 182 Kilo. Ich habe einen BMI von 49.4. Ich bin zwar kein Experte, aber mir ist klar, dass diese Zahlenkombination nichts Gutes aussagt.“ So beschreibt sich Monchi, Sänger der linken Punkband „Feine Sahne Fischfilet“, im Jahr 2019. 65 Kilo hat Monchi, der bürgerlich Jan Gorkow heißt, seitdem abgenommen. Mit „Niemals Satt“ hat er beim Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch nun ein ehrliches Buch über seinen Weg veröffentlicht. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat Monchi erzählt, wie das Essen für ihn zur Sucht wurde, was er beim Abnehmen über sich selbst gelernt hat und welches besondere Konzerterlebnis ihn für immer mit Köln verbindet.

Immer Muster zur Verdrängung gehabt 

Alben, Tourneen, Festivals, Kinotermine mit dem Film „Wildes Herz“, den Charly Hübner über die Band drehte: Für „Feine Sahne Fischfilet“ und Frontsänger Monchi waren die letzten Jahre wie ein Rausch. Momente, um sich mit seinem Gewicht auseinanderzusetzen, kamen für den Sänger da selten.

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65 Kilo hat Monchi verloren.

„Es gab immer wieder mal Punkte wo ich das Gefühl hatte, ich konnte irgendetwas nicht machen, weil ich so dick bin. Ich habe aber immer Strategien und Muster gehabt, mit denen ich das verdrängen konnte. Alleine die Techniken die ich entwickelt habe, um aufs Klo zu gehen! Ich konnte mir ganz lange einreden, dass alles noch gut ist“, sagt Monchi im Interview.

Als er sich auf Tour dann aber einmal wog und ihm die Zahl 182 entgegenschlug, war ihm klar – es muss was passieren. „Ich dachte: Das ist ja mehr als meine Mutter und mein Vater zusammen.“

In der Bandpause und Pandemie Zeit zum Abnehmen

Eine geplante Bandpause im Jahr 2020 sollte der Zeitpunkt für den Sänger sein, das Abnehmen endlich anzugehen. Dann kam noch die Pandemie dazu. „Ich hatte endlich mal Ruhe, endlich mal eine Pause. Ich wusste, wenn ich abnehmen will, dann ist jetzt der Moment. Wenn ich es jetzt nicht schaffe, dann nie“, sagt er heute. Mit der nötigen Zeit allein war es aber nicht getan. Der Abnehmprozess wurde für Monchi mehr und mehr auch zu einer Suche nach sich selbst.

Früh stand für ihn deshalb fest, dass er seine Geschichte aufschreiben möchte. „Das Buch fühlt sich ein bisschen an wie der Anfang einer Selbsttherapie“, erklärt er. „Ich habe das erste Mal so richtig über mein Leben nachgedacht und gemerkt, dass ich zu 90 Prozent nicht aus Hunger esse, sondern wenn ich Stress habe, wenn es mir nicht gut geht, wenn ich wütend bin. Immer dann stopfe ich. Ich habe eine Esssucht entwickelt und bin dann wie ein Junkie.“

Ein intimes und ehrliches Debüt

Auf der Suche nach der Ursache für seine Sucht geht Monchi in „Niemals satt“ hart mit sich selbst ins Gericht. Wer das Buch liest, meint, ihn direkt mit einem sprechen zu hören, die Sprache ist direkt, humorvoll, oft auch derb. Der nordische Dialekt schwingt mit. Ein Buch wie ein Kneipengespräch.

Darüber, wieviel Persönliches er mit der Öffentlichkeit teilen will, habe er lange nachgedacht, sagt Monchi. Seit Jahren wird er vor allem für sein politisches Engagement angefeindet. „Feine Sahne Fischfilet“ haben mit „Noch nicht komplett im Arsch“ eine Kampagne gegen den Rechtsruck in Mecklenburg-Vorpommern initiiert.

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Monchi in seiner Heimatstadt Jarmen. Hier organisiert die Band auch ein Festival.

Zur Zurückhaltung haben die Hetzkampagnen auf der Straße und im Netz, die der Sänger auch im Buch immer wieder beschreibt, jedoch nicht geführt. „Mir war es am wichtigsten, dass es authentisch ist – und nicht das hundertste Gesundheitsbuch. Über einiges wollte ich sogar noch viel tiefer schreiben, damit mir am Ende keiner vorwirft, es wäre zu unintim. Dann hat mir mein Umfeld aber gespiegelt: Alter, das wird niemand sagen. Du gibst schon so viel von dir preis. Die Botschaft soll am Ende nicht sein: Ich habe 65 Kilo abgenommen und jetzt bin ich der geilste Typ überhaupt. Sondern dass ich stolz darauf sein kann.“

Lesereise soll emotional werden

Die Emotionalität seiner Reise will Monchi auch auf seiner Lesereise rüberbringen, die im Vergleich zu lauten und schwitzigen „Feine Sahne Fischfilet“-Konzerten ein wahres Kontrastprogramm werden dürfte. „Es soll nicht nur laut, nicht nur Sex, Drugs, Rock’n’Roll sein, sondern auch mal leise, auch mal traurig. Mit Humor, ohne dass es clownesk wird. Ich hoffe dass ich das bis Köln, wo die letzte Lesung stattfindet, schaffe.“

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Bei einer Probelesung vor der Familie fiel es ihm noch schwer, sich auf einige Anekdoten aus dem Buch zu beschränken. „Nach einer Stunde lesen war ich erst bei 30 Prozent – da haben meine Eltern gesagt: Janni, das geht auf keinen Fall! Kein Mensch der Welt will zu einer vier, fünf Stunden Lesung“, sagt er und lacht.

Krasses Konzerterlebnis in Köln

Mit der Stadt verbindet den Sänger aber nicht nur die die Arbeit am Buch. „In Köln haben wir unsere ersten Konzerte mit Feine Sahne Fischfilet in einer Kneipe vor 40 Leuten gespielt, jetzt hier vor tausenden zu stehen ist total absurd. Vom kleinsten bis zum größten Laden haben wir gefühlt alles gesehen.“ Eine besondere Konzertanekdote ist Monchi dabei besonders in Erinnerung geblieben:

„Ich erinnere mich in Köln immer ans E-Werk. Wir haben da 2016 ein Konzert gegeben für den WDR-Rockpalast. Das war zur damaligen Zeit unser größtes Konzert, überall waren Kameras vorbereitet. Ich war drei Tage vorher noch in Nepal auf Reisen, bin wiedergekommen – und hatte mir wohl einen Virus eingefangen. Magenkrämpfe ohne Ende, ich wurde komplett fertig im Auto zur Halle gefahren. Aber ich wollte auf keinen Fall das Konzert absagen! Letztendlich hab ich dann zwischendurch dem Lichttechniker schnell ein Zeichen gegeben, und bin gerannt. Wohin ich bin, hat anscheinend keiner gemerkt. (lacht) Im Nachhinein war es ein super Auftritt.“

Die Abschlusslesung in Köln am 25. Mai im Gloria ist bereits ausverkauft. Das Buch „Niemals satt“ ist am 7. April 2022 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen. 320 Seiten, 18 Euro im Paperback.

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