Kölner Stadtbahnen aus den 1960er JahrenAlte KVB-Achtachser fahren jetzt in Sarajevo

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Ein alter Kölner Achtachser im Einsatz im bosnischen Sarajevo.

Ein alter Kölner Achtachser im Einsatz im bosnischen Sarajevo.

Köln – Die alten Acht-Achser der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) machen eine dritte Karriere in Bosnien. Die legendären Züge, die in Köln zuletzt bis 2006 auf der Linie 7 verkehrten, verrichten nun ihren Liniendienst in Sarajevo. In den Jahren dazwischen fuhren sie in der türkischen Stadt Konya, die die ausrangierten Stadtbahnwagen gekauft hatte.

Die Duewag-Einheitsstraßenbahn, wie die Acht-Achser offiziell heißen, wurde ab den 1950er Jahren in Düsseldorf entworfen und gebaut und kamen in Köln ab den 1960ern zum Einsatz. Über Jahrzehnte war sie aus den Straßen nicht wegzudenken – bis vor neun Jahren, als die Fahrgäste zum letzten Mal auf den weinroten Sitzschalen Platz nehmen konnten. Nach der Ausmusterung wurden viele der Acht-Achser nach Konya, einer Stadt in der Mitte der Türkei mit zwei Millionen Einwohnern, verkauft. Dort wurden sie größtenteils modernisiert und fahren bis heute auf einer der nur zwei Linien. Aber auch in der Türkei sind die Tage der Acht-Achser gezählt. Die Verwaltung in Konya tauscht sie seit einigen Monaten nach und nach gegen neue, hochmoderne Niederflurbahnen der Marke Skoda aus.

Anfang des Jahres wurden in der Türkei 20 der betagten Triebwagen erneut modernisiert und frisch lackiert – um sie in die bosnische Hauptstadt zu liefern. Die Stadt Konya übernahm alle Kosten für die technische Aufarbeitung und den neuen Anstrich. Seit vergangenem Juni nun sind sie für die Verkehrsbetriebe Sarajevos „Gras“ auf einer der sechs Linien im Einsatz. „Die Kölner Bahn bietet viel Platz für Fahrgäste und lässt sich gut fahren“, hat Esad Mujagic, Werkstattleiter bei Gras, den KVB berichtet. Zuvor verkehrten dort Bahnen der tschechischen Firma Tatra, die jedoch mächtig in die Jahre gekommenen waren. Als im vergangenen Oktober die letzten Duewag-Züge Sarajevo erreicht hatten, machten die Bosnier mit ihren klapprigen Tatras kurzen Prozess. Die meisten hätten sie einfach „verschrottet“, sagt Mujagic.

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Der Werkstattleiter rechnet damit, dass die alten Kölner Acht-Achser noch mindestens zehn Jahre auf Sarajevos Straßen unterwegs sein können. Damit würden sie ein stolzes Dienstalter von bis zu 60 Jahren erreichen.

Weitere ausrangierte Kölner Fahrzeuge

Nicht nur Kölner Straßenbahnen haben ein zweites Leben in der Ferne.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Welche Kölner Fahrzeuge an anderen Orten der Welt ihren zweiten Frühling – und manchmal sogar eine kuriose Umnutzung - erleben.

Rettungswagen mit Tarn-Anstrich

Für einen ausrangierten Kölner Krankenwagen, Baujahr 2006, ging es 2013 ins Krisengebiet Syrien. Um ihn tauglich für den syrischen Bürgerkrieg zu machen, sei er dort mit einem Tarn-Anstrich versehen und aller Blaulichter entledigt worden, sagt Nuri Köseli, Pressesprecher von Islamic Relief Deutschland, einer in Köln ansässigen Hilfsorganisation, die das Auto kaufte.

Ein Rüstwagen als Luxus-Klo

Ausgemusterte Fahrzeuge der Kölner Feuerwehr werden oft von Spezialhändlern gekauft. Ralf Weber ist so jemand. „Die Fahrzeuge gehen in die ganze Welt“, sagt er.

Weber verkaufte schon Kölner Löschfahrzeuge nach Afghanistan und Drehleitern nach Luxemburg und Kroatien. Einen Rüstwagen gab er an einen Privatmann in Dubai ab. „Der hat ihn umgebaut und daraus einen Edel-Toilettenwagen für die Besucher von Pferderennen gemacht.“ Viele Feuerwehrwagen würden über Hamburg nach Nigeria verschifft und von dort nach ganz Afrika weiterverkauft.

„Alter Fritz“ arbeitet Ostdeutschland

Die Häfen und Güterverkehr Köln AG verschafften einem „alter Fritz“ genannten Kran eine Renaissance im ostdeutschen Roßlau. Dort hebt das mächtige Gerät, von 1963 bis 2004 Wahrzeichen des Mülheimer Hafens, nun bis zu 70 Tonnen schwere Fracht.

AWB-Wagen räumt im Kosovo auf

Auch ausrangierte Müllwagen der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) räumen heute andernorts auf. „Wir haben mal einen Wagen in den Kosovo verkauft“, erinnert sich Sprecher Wilfried Berf.

Wie die Feuerwehr veräußerten auch die AWB ihre alten Fahrzeuge meist an kommerzielle Händler, die sie dann weiterverkauften, sagt Berf.

Die Odyssee der Schiffe aus Köln

Kompliziert wird es, wenn man sich mit dem Verbleib ehemaliger Schiffe der Köln-Düsseldorfer (KD) beschäftigt. Die Boote sind jahrzehntelang im Betrieb und fahren in der Zeit mal für die KD, die sie zum Teil selbst von einer anderen Gesellschaft erwarben, und laufen danach wieder für ein weiteres Unternehmen aus.

Die „Rüdesheim“ etwa, von 1987 bis 2003 für die KD unterwegs, fuhr später als „Kaiserin Elisabeth“ zwischen Wien und Passau auf der Donau und machte ab 2010 als „Rosa Victoria“ Rundfahrten auf dem Dnjepr in der Ukraine.

Oder das Flusskreuzfahrtschiff „Nederland“, von den 1960ern bis 1994 für die KD im Dienst und in einer Werft im Mülheimer Hafen gebaut, fuhr 2013 als „Road to Mandalay“ auf dem Irrawaddy im südostasiatischen Myanmar.

Irgendwann aber findet auch das zweite und dritte Leben ehemals Kölner Fahrzeuge, von denen es noch etliche Geschichten zu erzählen gäbe, ein Ende. Manchmal ein jähes: Das ehrwürdige KD-Schiff „Berlin“ etwa, das 1959 in Köln gebaut wurde und auf dem schon Willy Brandt, John F. Kennedy und Elvis Presley Passagiere waren, wurde 2003 in die Niederlande verkauft und fuhr dort als Partyschiff. 2008 brannte es in Rotterdam komplett aus.

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