Ausbau Ost-West-AchseStadt sucht Kommunikationsagentur, die „Störfeuer“ verhindert

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Bis heute oberirdisch: Bahnverkehr auf dem Neumarkt.

Bis heute oberirdisch: Bahnverkehr auf dem Neumarkt.

Köln – Wenige Themen aus dem Bereich der Stadtentwicklung werden so emotional diskutiert, wie der Ausbau der Stadtbahntrasse auf der Ost-West-Achse. Kaum war klar, dass sich die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) und Verkehrsdezernentin Andrea Blome für den Bau eines neuen U-Bahn-Tunnels zwischen Heumarkt und Aachener Weiher aussprechen würden, formierte sich eine Bürgerbewegung mit dem Namen Verkehrswende Köln. Deren erklärtes Ziel lautet: Oben bleiben – die Mitglieder setzen sich seitdem mit Vehemenz für einen oberirdischen Ausbau ein.

Das hat im Rathaus ganz offensichtlich die Sorge ausgelöst, dass bis zur Entscheidung des Stadtrats eine ausgiebige öffentliche Debatte über das Für und Wider eines ober- und unterirdischen Ausbaus entstehen könnte. Das Verkehrsdezernat sucht daher zurzeit per Ausschreibung nach einer Agentur, die ein Kommunikationskonzept für das Projekt ausarbeiten soll, um den Bürgern die Planungs- und Bauprozesse näher zu bringen. Enthalten ist auch eine Art Kampfauftrag: „Die Kommunikation soll zudem erreichen, dass es bis zum finalen Variantenentscheid möglichst wenig Störfeuer und keine Grundsatzdebatte über das Projekt gibt“, heißt es im Ausschreibungstext. Es seien „geeignete Medien einzusetzen, die das Erreichen einer breiten Öffentlichkeit garantieren“.

„Das ist ein skandalöser Vorgang“

Die Bürgerbewegung reagiert darauf mit deutlicher Kritik. „Das ist ein skandalöser Vorgang, der dringend der Aufklärung bedarf“, teilen Barbara Kleine und Angela Bankert von Verkehrswende Köln mit. Sie werfen die Frage auf, inwiefern es der Stadtverwaltung zustehe, eine Diskussion über ein so wichtiges Projekt abzuwürgen.

Verkehrsdezernentin Andrea Blome hat sich inzwischen für den Satz entschuldigt. Es handele sich um eine „teilweise missverständliche Textpassage“. Sie verwies zudem darauf, welch eine „außergewöhnliche und bisher einmalige Bürgerbeteiligung die Stadtverwaltung bereits in der ersten Phase des Projekts durchgeführt“ habe.

Hohe Kosten für das Kommunikationskonzept

Für weitere Diskussionen dürften auch die Laufzeit und die geschätzten Kosten für das Kommunikationskonzept sorgen. Die Stadt veranschlagt einen Betrag von 1,5 Millionen Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Da es sich lediglich um einen Schätzwert handelt, können tatsächliche Angebot von Agenturen auch teurer ausfallen. Die Laufzeit beträgt zunächst dreieinhalb Jahre mit einer automatischen Verlängerung, falls keine der beiden Vertragsparteien widersprechen sollte – diese Option gilt bis zum Jahr 2037 und somit offensichtlich für den Fall, dass sich der Stadtrat für eine Tunnellösung entscheidet. Ein oberirdischer Ausbau wäre deutlich schneller umzusetzen, weil dann lediglich die vorhandenen Bahnsteige zu verlängern sind.

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Im Kern geht es beim Ausbau der Ost-West-Achse darum, deutlich mehr Passagiere mit den Stadtbahnen zu befördern als bislang. Dazu wollen die KVB statt bislang 60 Meter langer Züge 90 Meter lange einsetzen. Dazu müssen allerdings die meisten Bahnsteige verlängert werden. Die Stadt und die KVB plädieren dafür, den Abschnitt zwischen Heumarkt und Aachener Weiher in einen Tunnel zu verlegen, um ein schnelleres Durchfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus wäre es möglich, den Heumarkt und vor allem den Neumarkt neu zu gestalten, so dass daraus großzügige Stadtplätze werden könnten.

Idee einer ganz neuen Innenstadt

Auf der Cäcilienstraße und der Aachener Straße wäre genug Raum vorhanden für einen breiten Fußgänger-Boulevard mit entsprechenden Radspuren. Würde zusätzlich der Autoverkehr entfernt, entstünde oben eine ganz neue Innenstadt. Die Kritiker bemängeln hingegen, dass ein Tunnel mehr als sieben Mal teurer sein würde und die Unterquerung der Mauritiuskirche „riskant“ sei. Dieser Punkt bezieht sich auf eine mögliche Abzweigung des Tunnels in Richtung Zülpicher Platz. Eine Entscheidung soll der Stadtrat laut Auskunft des Verkehrsdezernats 2022 oder 2023 treffen.

Grundsätzlich wäre im neuen Rat eine Mehrheit dafür vorhanden. Grüne und Linke haben sich zwar für eine oberirdische Lösung ausgesprochen. SPD, CDU, FDP und Volt bevorzugen aber einen Tunnelbau – wenngleich sie alle unterschiedliche Varianten für sinnvoll halten. Für die Neuzugänge im Stadtrat von Volt ist ein entscheidendes Kriterium, dass sich das Projekt von Bund und Land fördern lassen muss. Dem Vernehmen nach wird sich das mögliche künftige Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt aufgrund der entgegengesetzten Ansichten nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen. Das Thema soll zwar im Bündnisvertrag auftauchen, aber ohne Festlegung darauf, wie jede einzelne Fraktion abstimmen soll.

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