BarrierestadtJana Ina Zarrella erkundet mit Rollstuhlfahrerin Köln

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Jana Ina Zarrella (l.) und Caroline Mülheims

Köln – Treppen, Kopfsteinpflaster, Baustellen, schlecht geparkte Autos und achtlos hingeworfene E-Scooter. Rollstuhlfahrer treffen in Köln auf viele Hindernisse. Das hat auch die Kölner Moderatorin Jana Ina Zarrella gelernt: „Es ist erschreckend zu sehen, wo überall Barrieren sind.“ Im Rahmen der Inklusionskampagne #OrteFürAlle der Aktion Mensch, an der unter anderem auch die Sängerin Vanessa Mai und der Schauspieler Tom Beck teilgenommen haben, hat die 44-Jährige einen Nachmittag mit Caroline Mülheims verbracht. Die Studentin sitzt aufgrund von spinaler Muskelatrophie im Rollstuhl. Für die 24-Jährige bedeutet das in Köln häufig: lange Umwege und Frustration.

Köln ist in Sachen Barrieren Spitzenreiter

Bei einer Umfrage der Aktion Mensch war Köln bei der Frage, wie häufig Barrieren wahrgenommen werden, absoluter Spitzenreiter. Im Städtevergleich geben in der Domstadt die meisten Bewohnerinnen und Bewohner mit und ohne Behinderung an, dass das häufig oder sehr häufig der Fall ist. Die drei Top-Barrieren für die Kölnerinnen und Kölner sind demnach versperrte Wege (32 Prozent), schlechter Straßenbelag (29 Prozent) und schwierige Formulare (24 Prozent).

„Wir sind abhängig von Barrierefreiheit“

Auch Jana Ina Zarrella kennt diese Hindernisse nur zu gut. Als Mutter von zwei Kindern habe sie schon oft das Problem gehabt, mit dem Kinderwagen nicht mehr weiterzukommen. Bei dem Spaziergang mit Caroline Mülheims hat sich ihr Bewusstsein für Kölns Barrieren noch erweitert: „Da habe ich erfahren, wie schwierig das Leben tatsächlich sein kann, wenn ich abhängig bin von einem Rollstuhl“, sagt sie im Video-Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Caroline Mühlheims ergänzt: „Wir sind nicht abhängig vom Rollstuhl, wir sind abhängig von Barrierefreiheit. Das wird leider oft missverstanden. Der Rollstuhl bedeutet für mich Freiheit. Aber er wird leider nicht überall akzeptiert.“

Die 24 Jahre alte Rollstuhlfahrerin engagiert sich dafür, die Barrierefreiheit in Köln zu verbessern. Gemeinsam mit dem Verein „junge Stadt Köln“ hatte sie die Idee, ehrenamtlich für öffentliche Orte in Köln Rollstuhlrampen aus Lego zu bauen. Im Video haben wir uns eine solche Rampe in der Kölner Südstadt angeguckt. Aber auch wenn mit dem Projekt schon einige Orte barrierefreier gemacht werden konnten, gibt es immer noch viele Hindernisse. Ein großes Problem sind zum Beispiel auch die Bahnen und Bahnstationen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Die Linie 16 ist an vielen Stationen nur über Treppenstufen erreichbar – unmöglich für Caroline Mülheims.

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Das Bewusstsein dieser Barrieren ist laut der Studentin längst nicht ausgeprägt genug in der Politik, aber nicht nur dort. „Wir als Gesellschaft müssen uns klar werden, dass wir aktuell sehr exklusiv unterwegs sind. Und wir müssen uns fragen: Wollen wir das?“ Jana Ina Zarrella auf jeden Fall nicht. Sie plädiert für mehr Rücksicht und Verständnis: „Ich würde mich freuen, wenn die Menschen bewusster wären und sehen, wie viele Barrieren im Alltag stehen. Wir müssen nicht auf Politiker warten, wir können auch einiges selber machen.“ Dazu gehört für sie zum Beispiel auch mehr Rücksicht beim Parken von Fahrrädern und E-Scootern. Auch für ältere Menschen könnten diese schon eine Behinderung darstellen. Dem stimmt Caroline Mülheims zu. Genauso würde es laut der Rollstuhlfahrerin helfen, wenn man den Besitzer seines Lieblingscafés auf fehlende Rampen hinweist: „Ein Bewusstsein nicht nur bei sich selbst schaffen, sondern auch andere darauf ansprechen, das fände ich wirklich gut.“

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