Spuren des Kolonialismus in KölnStraßen in Lindenthal und Pesch könnten bald umbenannt werden

Lesezeit 2 Minuten
Ein Straßenschild mit der Aufschrift „Robert-Koch-Str.“ steht an einer Straßenecke.

Die beiden nach Robert Koch benannten Straßen – hier die Robert-Koch-Straße in Pesch – könnten zukünftig andere Namen tragen.

Die Stadt Köln erwägt die Umbenennung der Robert-Koch-Straßen in Lindenthal und Pesch.

Der Name „Robert Koch“ dürfte vielen noch aus den Corona-Jahren ein Begriff sein, als das Robert-Koch-Institut regelmäßig seine Einschätzungen der Lage veröffentlichte. Benannt wurde es nach dem Begründer der Bakteriologie und der Mikrobiologie, der damit an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert einen Grundstein der modernen Medizin legte. Entsprechend seiner Bedeutung wird Koch gerne für Benennungen herangezogen – in Köln etwa tragen gleich zwei Straßen seinen Namen:  eine in Lindenthal im Bereich der Uni-Klinik, die andere in Pesch.

Doch ein im Zuge des Projekts „Umgang mit dem (post)kolonialen Erbe Kölns“ des Amtes für Vielfalt und Integration in Auftrag gegebenes Gutachten weckt nun Zweifel, ob diese Benennungen noch angebracht sind. Die Historikerin Dr. Marianne Bechhaus-Gerst, Mitglied des Historischen Beirats, kommt in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Name „teilweise belastet“ ist und ein Abwägungsprozess nötig sei.

„Probanden“ nach Behandlung erblindet oder gestorben

Denn im Zuge seiner Forschungen war Koch zwischen 1904 und 1907 auch in deutschen und britischen Kolonialgebieten in Ostafrika tätig, um an einem Medikament für die gefürchtete Schlafkrankheit zu arbeiten. Dabei nahm er an Probanden der einheimischen Bevölkerung Versuche vor, ohne deren Einwilligung einzuholen oder sie über mögliche Folgen aufzuklären. Das bei seinen Versuchen verwendete Präparat Atoxyl basiert auf Arsen und ist in hoher Dosierung giftig – eine Tatsache, die Koch bekannt war.

Für die Versuchspersonen war die Behandlung extrem schmerzhaft, es kam zu Erblindungen und Todesfällen. Koch ließ sie in schon damals „Konzentrationslager“ genannten Siedlungen von Strohhütten isolieren, in denen diese unter menschenunwürdigen Bedingungen leben mussten. Viele der „Probanden“ flohen vor dieser Behandlung.

Diese Versuche müssen als Verbrechen im Kontext des Kolonialismus gewertet werden, so das Ergebnis der Untersuchung. Bechhaus-Gerst attestiert Koch weiterhin ein im Diskurs seiner Zeit verankertes rassistisches Menschenbild – das Wohlergehen der einheimischen Bevölkerung habe in seinen Überlegungen keine Rolle gespielt.

In einer Mitteilung verwies die Verwaltung die Angelegenheit nun an die betroffenen Bezirksvertretungen Chorweiler und Lindenthal: Sollten diese Handlungsbedarf sehen, könnten sie die Straßennamen etwa mit Hinweistafeln versehen, oder auch eine Umbenennung veranlassen. 

KStA abonnieren