Neuerdings gilt von 22 bis 6 Uhr Alkoholverbot auf dem Brüsseler Platz. Das wird eingehalten. Dafür sorgen Ordnungsamt und Servicekräfte am Freitagabend.
„Mich hat das motiviert, schneller zu trinken“Das sagen Feiernde über das Alkoholverbot am Brüsseler Platz

Die Situation auf dem Brüsseler Platz nach dem gekippten Verweilverbot. Die Nacht zum ersten Mai ist der Platz nach 22 Uhr voller Menschen, anders war es am Wochenende: Seitdem gilt nämlich ein Alkoholverbot nach 22 Uhr.
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Auf den ersten Blick wirkt der Brüsseler Platz am Freitagabend um Viertel nach neun typisch: Junge Menschen sind auf dem Platz verteilt. Die meisten haben Bierflaschen in den Händen, einige Weinflaschen. Vor dem Eckkiosk ist eine lange Schlange. In der Außengastronomie sind kaum Plätze frei. Die Stimmung ist ausgelassen und gut.
Doch wer näher hinschaut, bemerkt schon 45 Minuten vor dem seit Donnerstag auferlegten Alkoholverbot Veränderungen. Die Gastronomien bauen Tische, die verlassen werden, sofort ab. Ein schnelles Getränk ist nicht mehr drin, obwohl die letzte Runde um 21.30 Uhr ist. Die Traube vor dem Kiosk wird immer größer, es scheint als wollten einige noch schnell ein letztes Getränk holen, bevor sie es nicht mehr dürfen.
Das Ordnungsamt ist bereits mit Dutzenden Einsatzkräften vor Ort, spricht eine Gruppe nach der nächsten an und erklärt die neue Regelung, die seit dem 15. Mai gilt: Zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens ist der Konsum und das Mitführen von Alkohol in der Öffentlichkeit untersagt. Auch die Außengastronomie rund um den Platz im Belgischen Viertel muss spätestens um 22 Uhr schließen.
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Neuerdings gilt von 22 bis 6 Uhr Alkoholverbot auf dem Brüsseler Platz. Das wird eingehalten. Dafür sorgen Ordnungsamt und Servicekräfte. Mila (25) und Conzi (26) finden die Regelung schade, können aber auch die Anwohnenden verstehen.
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Köln: Alkoholverbot auf dem Brüsseler Platz gilt täglich von 22 bis 6 Uhr
Die Ordnungskräfte sind sehr freundlich, wünschen allen viel Spaß und einen schönen Abend. Auch die Menschen, die sie warnen, reagieren größtenteils wohlwollend, berichtet ein Ordner: „Bis auf ein, zwei Ausnahmen sind alle verständnisvoll und die Gastronomien sind vorbereitet und sehr kooperativ.“
Die Stimmung der Menschen scheint von den umherschweifenden Ordnungskräften nicht beeinträchtigt zu werden. Bis 22 Uhr haben sie ja noch Zeit. Und die scheinen alle auszukosten. „Mich hat das jetzt motiviert, schneller zu trinken“, erzählt Mila. Mit ihrer Freundin Conzi sitzt sie an einem Baum und trinkt Wein. Sie finden die Regelung „blöd“, haben aber auch Verständnis.
„Ich bin zwiegespalten“, sagt Conzi, „Schlaf ist wichtig, aber als Außenstehende, denke ich mir, die Leute wissen doch, wo sie wohnen, andererseits beeinträchtigt es schon sehr, wenn man nicht schlafen kann“. Beide finden, dass das Gefühl auf dem Platz gerade im Sommer zu Köln gehört und wollen das nicht missen. „Wenn das Alkoholverbot hier bleibt, finde ich es wichtig, dass die Stadt einen solchen Ort woanders schafft“, sagt Conzi, „das ist für mich Teil der Kölner Kultur.“
Ordnungsamt ist stark vertreten, um Alkoholverbot durchzusetzen
Ein weiterer Kölner wiederum findet das Alkoholverbot gar nicht schlimm: „Klar ist es schön hier, mit so vielen jungen Leuten zu sein“, sagt Hannes, der mit einer größeren Freundesgruppe dort ist, „aber ich kann die Gründe verstehen, es ist schon sehr laut hier und wir können gleich ja einfach weiterziehen“. Weiterziehen nach 22 Uhr scheint für die meisten der Plan zu sein. „Die Frage ist nur jetzt wohin, es wird ja jetzt überall noch voller sein“, meint Hannes.
„Das ist ein Fehlgriff der Exekutiven des deutschen Staats“
„Wenn das hier durchgezogen wird, macht es auch keinen Spaß mehr“, sagt Annika, die gerne den Abend auf dem Brüsseler Platz startet. Lange bleibe sie entsprechend meistens ohnehin nicht dort. Dass das Weiterziehen jetzt erzwungen wird, findet sie schade. Ihr Freund Jan hat kein Verständnis für die Anwohnenden: „Ich wohne selbst direkt über einer Bar und es ist immer bis fünf Uhr laut, aber das habe ich halt mitgemietet.“
Nichtdestotrotz wollen die beiden fühzeitig den Platz verlassen: „Ich finde es am schlimmsten für die Leute, die das jetzt durchsetzen müssen“, sagt Annika, „die müssen das jetzt jedem aufs Neue erklären und dem Spaß der Leute ein Ende setzen. Denen will ich das jetzt so leicht wie möglich machen“.
Belgisches Viertel: Feiernde stehen dem Verbot zwiegespalten gegenüber
Max und seine Freunde wurden gerade vom Ordnungsamt angesprochen. „Die waren mega nett und wir auch zu denen, sagt er, trotzdem kann ich das Verbot nicht verstehen.“ Vor allem denkt er, dass es wenig bringen wird. „Im Prinzip kann ich mich 100 Meter weiter hinstellen und besaufen und dann hier rumschreien“, meint Max.
Für ihn wirke die Entscheidung als Reaktion auf das gekippte Verweilverbot provozierend und schlussendlich, denkt er, dass sich das Problem dadurch nur verschieben werde: „Das ist ein Fehlgriff der Exekutiven des deutschen Staats“, sagt er und seine Freunde lachen zwar, stimmen ihm aber zu. Sie wollen das Alkoholverbot so lange ausreizen, wie es geht: „Wir gehen erst, wenn wir nochmal angesprochen werden“, sagt ein Kumpel.
Und das werden sie dann auch. Um Punkt 22 Uhr fegt das Ordnungsamt den Platz leer. Einige Menschen sind von sich aus gegangen, den Rest sprechen die Ordnungskräfte an – auch mehrfach wenn möglich. Die Regelung zu missachten ist quasi unmöglich. Trotzdem: Zufällig oder aus Protest schreien in den Seitenstraßen einige Menschen laut rum.
Um 22.30 Uhr ist der Brüsseler Platz kaum noch wiederzuerkennen: Die Gastro-Tische sind leer. Menschen sind nur noch vereinzelt auf dem Platz. Alkoholflaschen, die noch auf dem Platz stehen, sind leer. Es ist weitestgehend ruhig.