Mathematisches ModellSo können Kölner Schüler ihre Abitur-Note vorhersagen

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Mathe

Die Mathe-Projektgruppe am Hansa-Gymnasium

Köln – Gerade laufen die Abiturklausuren, danach kommen noch die mündlichen Prüfungen. Und dann steigt die Spannung, was für eine Abiturnote wohl rausgekommen ist nach der ganzen Büffelei. Viele brauchen zum Beispiel einen bestimmten Abiturschnitt, um ihr Wunsch-Studienfach zu studieren. Wer am Hansa-Gymnasium zur Schule geht, der kann für sich das Geheimnis – zumindest näherungsweise – vorher lüften.

Daten von zehn Abijahrgängen

Dort haben Schülerinnen und Schüler des Mathe-Leistungskurses der Q 1 im Rahmen des Projektes „Abinote“ ein mathematisches Modell gebaut, mit dem es gelang, die Abiturnote der Schülerinnen und Schüler im Projektteam bis auf 0,2 Notenpunkte exakt vorherzusagen. Die Gruppe konnte auf die Daten der zehn letzten Abiturjahrgänge zurückgreifen, die sie anonymisiert in den Computer eingaben. Die Schülerinnen und Schüler nutzten dabei die Methoden der Versicherungsmathematik, die anhand solcher Modelle etwa auch Unfallwahrscheinlichkeiten bei der Kfz-Versicherung berechnen.

Mädchen machen das bessere Abi

Abgesehen von der Genauigkeit, mit der die von Mathelehrer Sebastian Hahn sowie den Mathematikstudenten Sebastian Brand und Jan-Niklas Cirillar betreuten Schülergruppe die Abinote im Voraus ermitteln konnte, förderten sie auch einige verblüffende Wahrscheinlichkeiten über die Erfolgschancen beim Abitur zu Tage: Dass die Mädchen im Schnitt einen um 0,14 Notenpunkte besseren Abischnitt erzielen, mag da noch wenig überraschen. Aber: Wer Mathematik als Abifach gewählt hatte, erzielte eine um 0,2 Prozent bessere Abinote als ein Schüler, der Mathe nicht dabei hatte. Positiv auf die Abiturnote wirkte sich auch aus, wenn man zum Zeitpunkt des Abiturs noch 17 und nicht schon 18 Jahre alt war. Die statistische Gesetzmäßigkeit „Je jünger, desto besseres Abitur“ überraschte die Nachwuchsmathematiker ebenso wie die Erkenntnis, dass sich zumindest am Hansa-Gymnasium die Rheinseite oder der Stadtteil, in dem man wohnt, nicht auf die Note auswirkten.

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Auch die Leistungskursfächer haben die Experten unter die Lupe genommen: Wer etwa Mathe und Physik als Leistungskurs gewählt hat, verlässt die Schule demnach in der Regel mit einem besseren Abi als jemand, der Sprachen oder Deutsch bevorzugt hat. Auch die Kombinationen wirken sich auf die Erfolgswahrscheinlichkeit aus: Die am meisten gewählte Kombination war am Hansa-Gymnasium über die vergangenen Jahre konstant Englisch und Geschichte. „Dem Gesetz der großen Zahl folgend waren die Abinoten bei dieser Kombination durchschnittlich“, erläutert Brand.

Risikokombi Kunst und Mathe

Den schlechtesten Durchschnitt erzielte allerdings eine Leistungskurskombination, in der sogar Mathe vorkommt: nämlich Kunst und Mathe. „Das könnte an den Vorgaben liegen, aus welchen Fächerbereichen die Abiturfächer zusammengestellt werden müssen“, mutmaßt Pia (17). Dies führe dazu, dass wer Kunst wählt, oft Mathe aus Verlegenheit oder weil es die Kombination erfordere, dazu wählt und eben nicht, weil man das wirklich gerne mache. Pia hat selbst interessanterweise genau diese Kombination. „Aber ich habe das aus Überzeugung gewählt und fühle mich jetzt angespornt, auf jeden Fall besser zu sein als das Modell.“

Nur Wahrscheinlichkeiten

Wobei man klar sagen muss, dass es sich bei den Tendenzen keineswegs um Gesetzmäßigkeiten handelt, sondern eben nur um Wahrscheinlichkeiten, die man aus dem selbst entwickelten Modell ableitet. Zugrunde gelegt wurden zahlreiche Parameter, die die Gruppe vorher für ihr Modell zusammengestellt hatte: Von Geschlecht über Stadtteil und Fächer bis zu ehrenamtlichem Engagement. Notenmäßig wurde der Schnitt des Zeugnisses der Jahrgangsstufe 10 (EF) zugrunde gelegt.

Big Data als Reiz

Für Mathelehrer Hahn liegt der Reiz für die Schülerinnen und Schüler darin, auch wirklich einmal angewandte Mathematik zu betreiben. „Im Grunde ist das Big Data – bezogen auf das Thema Abi, das uns einfach alle interessiert“, erläutert Schüler Elias (16). So lerne man, wie man die Daten analysieren und daraus Schlüsse ziehen könne. Interessant finden sie alle, hinterher auch über die Ergebnisse in den Austausch zu kommen und Erklärungen dafür zu finden, warum das jüngere Alter sich etwa positiv auswirkt.

Akquise für das Mathestudium

Möglich gemacht und auch mit betreut hat das Projekt die Kölner Beratungsgesellschaft für Versicherungsmathematik Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). Für Geschäftsführer Onnen Siems ist dies die Möglichkeit, auch in der Schule für den Beruf des Mathematikers zu werben. „Die Schülerinnen und Schüler machen so die Erfahrung, dass Mathematiker nicht einfach Rechenknechte sind, sondern kreative Arbeit machen“, so Siems. Es gehe eher darum, Strukturen zu erkennen und nicht einfach zu rechnen. Das Kreative und Angewandte der Mathematik hat auch Sebastian Brandt und Jan-Niklas Cirillar gereizt. Die beiden waren einst Mathe-LK-Schüler am Hansa-Gymnasium, als Siems dieses Mathe-Projekt zum ersten Mal angeboten haben. Inzwischen studieren sie nicht nur Mathe, sondern sind auch Werkstudierende in der Beratungsgesellschaft für Versicherungsmathematik bei Siems.

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