Der Hamburger Standort soll zum Jahresende voraussichtlich schließen. Der Verein Disability Studies Deutschland sieht auch den Kölner Standort bedroht.
Sparzwang an der Uni Köln150 Wissenschaftler befürchten Kürzungen bei Disability Studies – Offener Brief

Am 10. Juli kamen rund circa 150 Menschen zum Albertus-Magnus-Platz, um gegen die geplanten Kürzungen des Landes NRW für die Unis zu demonstrieren.
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Bis zum Herbst müssen die sechs Fakultäten der Universität zu Köln Sparpläne vorlegen, zehn Millionen Euro sollen hochschulweit eingespart werden. Das Land Nordrhein-Westfalen plant Kürzungen in Höhe von 255 Millionen Euro für Hochschulen und Universitäten (wir berichteten). Nun fürchten immer mehr Studierende und Dozenten Stellenabbau und einen Qualitätsverlust für Forschung und Lehre. Im Juli fand eine Demonstration gegen den Sparzwang statt. Zwei Kölner Studierende der Erziehungswissenschaft hatten sich kürzlich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gewendet. Sie beklagten, dass im Schwerpunkt Didaktik nun eine Dozentenstelle von vier nicht verlängert werden solle.
Sorgen treiben auch Vertreterinnen und Vertreter der sogenannten Disability Studies um, die unter anderem in Köln, Bochum und Hamburg gelehrt werden. Disability Studies sind ein recht junges, internationales und fächerübergreifendes Forschungsfeld, das die Analyse von Behinderung als soziales Phänomen in den Mittelpunkt stellt. Behinderung wird dabei nicht als individuelles Defizit verstanden, sondern die gesellschaftlichen Barrieren und strukturellen Ungleichheiten werden gleichermaßen untersucht. In Hamburg soll der Standort zum Jahresende schließen. Nun fürchtet der Verein Disability Studies Deutschland, dass auch der Kölner Standort Internationale Forschungsstelle Disability Studies (iDiS) in seiner Existenz bedroht ist.

150 Studierende versammelten sich am 10. Juli am Albertus-Magnus-Platz, um gegen die geplanten Kürzungen des Landes NRW zu demonstrieren.
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„Möglicherweise stehen starke Kürzungen bevor. Wir haben zwar keine konkreten Zahlen, aber die Info haben wir aus wohl informierten Kreisen. Daher haben wir einen Appell an die Fachöffentlichkeit und an die breite Öffentlichkeit gerichtet“, sagt ein Vorstandsmitglied des Vereins auf Anfrage dieser Zeitung. Außerdem ist zu erfahren, dass Anne Waldschmidt, die bis vergangenen September den Lehrstuhl Disability Studies an der Uni Köln innehatte, noch immer keinen Nachfolger hat. Eine Ausschreibung der Professur sei immer noch nicht erfolgt, heißt es. Man befürchte nun, dass die Professur gar nicht nachbesetzt werden solle.
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Der offene Brief richtet sich unter anderem an NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes, an die Hamburger Wissenschaftssenatorin Maryam Blumenthal, an die Landesrektorenkonferenz NRW und den Rektor der Uni Köln.
Disability Studies in Köln und Hamburg: 150 Wissenschaftler unterzeichnen Appell
150 nationale und internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Appell unterzeichnet, darunter rund 20 Personen aus Köln. In dem Schreiben heißt es: „Hochschulen und Universitäten sind zentrale Akteurinnen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der Förderung einer inklusiven, barrierefreien Gesellschaft. Der Abbau von Disability Studies widerspricht diesem öffentlichen Auftrag.“ Sie fordern den Erhalt des Standorts in Hamburg und dass in Köln keine Kürzungen vorgenommen werden.
„Eigentlich ist unser Ziel, langfristig einen eigenen Studiengang zu etablieren. Dieses Zukunftsprojekt rückt gerade in weite Ferne“, so das Vorstandsmitglied. In Köln und anderen Städten bieten die Disability Studies etwa Lehrveranstaltungen an, die in bereits bestehenden Studiengängen wie Heilpädagogik oder Soziale Arbeit integriert sind. Eine Sprecherin der Uni Köln kann auf Nachfrage dieser Zeitung nicht bestätigen, dass bereits konkrete Kürzungspläne beschlossen wurden. „Die Pläne liegen erst im Herbst vor. Es ist noch nichts entschieden.“
Den Appell findet man online.