Verkehrsversuch in EhrenfeldDezernent entschuldigt sich und stoppt Tempo-20-Zone auf der Venloer Straße

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Die Tempo-20-Zone hat keine langfristige Zukunft. Ascan Egerer hat seine überarbeiteten Pläne am Freitag vorgestellt.

Die Tempo-20-Zone hat keine langfristige Zukunft. Ascan Egerer hat seine überarbeiteten Pläne am Freitag vorgestellt.

Wenig lief beim ersten Teil des Verkehrsversuchs auf der Venloer Straße gut. Das weiß auch Ascan Egerer. Und stellte nun neue Pläne für Teil zwei vor.

Eine Entschuldigung hatte er sich fest vorgenommen, das ist zu spüren.„Es tut uns leid“, sagte Ascan Egerer bei der Pressekonferenz am Freitag, „dass es so holprig war.“ Bevor er die neue Phase des Verkehrsversuchs auf der Venloer Straße vorstellte, entschuldigte sich der Kölner Verkehrsdezernent dafür, wie es auf der zentralen Verkehrsachse zwischen der Innenstadt und Ehrenfeld zuletzt lief. „Dafür kann ich mich an der Stelle entschuldigen. Es war nicht unsere Absicht, dass es dort Probleme gibt.“ Gemeint ist die chaotische Tempo-20-Zone mit durchgestrichenen Radwegen, überforderten Fußgängern und verwirrten Autofahrern, die in den vergangenen Monaten zu täglichen Diskussionen in Ehrenfeld geführt hat.

Damit soll am 23. Oktober Schluss sein. Ab dann gilt die Einbahnstraßenregelung für ein Jahr. Es ist die zweite Phase des Verkehrsversuchs. Vom ursprünglichen Beschluss, die Tempo-20-Zone auch in dieser Phase beizubehalten, will Egerer abweichen. Christian Dörkes vom Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung sagte: „Die Straßenverkehrsordnung legt uns bei Tempo 20 ein enges Korsett auf, bei Tempo 30 haben wir mehr Möglichkeiten.“ Und diese will die Stadt nutzen: Drei Ampeln und drei Zebrastreifen soll es zwischen Ehrenfeldgürtel und Piusstraße künftig geben. Es ist die Rückkehr zu klaren Überwegen, nachdem die Idee, Fußgänger könnten die Straße überall überqueren, an der Realität gescheitert ist. Bauelemente sind zuletzt auf die Straße gestellt worden, um die Fahrspur punktuell enger zu machen und den Verkehr zu entschleunigen. Sie wurden von vielen Fußgängern als Hilfsüberweg benutzt. Diese Elemente kommen nun auch weg. 

Köln-Ehrenfeld: Fahrradstreifen auf der Venloer Straße bleibt eng

Der Fahrradstreifen ist auf der Venloer Straße aktuell zwar zu sehen, mit „X“-Markierungen aber formal als ungültig gekennzeichnet. Viele Radfahrer orientieren sich dennoch an dem alten Streifen, wie auch die Stadt einräumt. Egerer sagte: „Wir haben die Streifen nicht entfernt, weil wir uns schon dachten, dass wir sie vielleicht nochmal brauchen. Jetzt sind wir dankbar, dass wir sie noch haben.“ Breiter werden sollen die Radwege allerdings nicht – obwohl sie nur noch mit einer Autospur konkurrieren. „Das wäre eine weitergehende bauliche Maßnahme, die vielleicht später einmal kommen kann. Jetzt bleibt es erstmal so“, sagte Egerer. Wer mit dem Auto auf der Venloer Straße in Richtung Innenstadt fährt, hat künftig also deutlich mehr Platz. Drohen damit auch deutlich höhere Geschwindigkeiten? Egerer kündigte Geschwindigkeitskontrollen in der Tempo-30-Zone an. In welchem Umfang diese kommen werden, ist nicht bekannt.

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Es gibt eine klare politische Beschlusslage und die Menschen wollen Veränderung.
Ascan Egerer über seine Verkehrsversuche

Eine weitere Kontroverse könnte der gewählte Abschnitt für den Verkehrsversuch sein. Um die Ampel an der Piusstraße zu ermöglichen, hat das Verkehrsdezernat den Abschnitt bereits im Lauf der ersten Versuchsphase auf den Bereich zwischen Ehrenfeldgürtel und Piusstraße beschränkt. Damit blieb eine Lücke zwischen Innerer Kanalstraße und Piusstraße, auf der weiterhin die alten Regel galten. Und dabei soll es bleiben: Damit die Moschee, die Tankstelle und der Supermarkt hinter der Inneren Kanalstraße jeweils gut erreichbar bleiben, sollen Autos hier in beide Richtungen fahren dürfen.

In der Folge ist zu erwarten, dass die enge Piusstraße von den meisten Autofahrern, die von der Innenstadt kommen und nichts von der neuen Einbahnstraße wissen, als Ausweichmöglichkeit genutzt wird. Auch die Fuchsstraße zwischen Innerer Kanalstraße und Piusstraße dürfte mehr Autoverkehr erwarten. Das gilt auch für weitere Anwohnerstraßen, in denen die Stadt mit Hauswurfsendung über die Änderungen informiert. 

Ascan Egerer über Deutzer Freiheit: „Mit dem Urteil kann ich umgehen“

Dörkes räumt ein: „Die Maßnahmen könnten in der Anfangsphase dazu führen, dass wir auf Piusstraße und Fuchsstraße mehr Verkehr habe.“ Das Verkehrsdezernat werde den Bereich genau beobachten und schauen, ob es ein dauerhaftes Problem ist. Wenn ja, seien Anpassungen denkbar. Auf Subbelrather Straße und Vogelsanger Straße erwartet Dörkes den Verkehrssimulationen zufolge rund zehn Prozent mehr Verkehr. Das sei zu verkraften. Auf der Venloer Straße soll der Autoverkehr nun endlich reduziert werden. In der ersten Versuchshälfte ist dieses Ziel deutlich verfehlt worden: Statt der angepeilten 30-Prozent-Reduzierung blieb es bei weniger als zehn Prozent.

Mit den vielen geplanten Anpassungen und der Tempo-30-Zone verlässt Egerer den Rahmen des politischen Beschlusses zum Verkehrsversuch. Doch aus seiner Sicht sind die Anpassungen mit Blick auf die bald abgeschlossene erste Versuchsphase notwendig. Damit es wirklich zur Umsetzung kommt, müssen die Bezirksvertretung Ehrenfeld und der Verkehrsausschuss des Stadtrats noch zustimmen. Das gilt als sehr wahrscheinlich. 

Auch aus diesem Grund sah sich Ascan Egerer wohl veranlasst, sich zu entschuldigen. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts zum Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit, das diesen Anfang August als rechtswidrig eingestuft hatte, und den deutlich erkennbaren Problemen auf der Venloer Straße, die auch am Freitag zur Sprache kamen, will Egerer mit der Einbahnstraße nun endlich zeigen, dass Verkehrsversuche auch ein Erfolgsmodell sein können.

„Wir sammeln Erfahrungen, die es so bisher noch nicht gab. Das Instrument Verkehrsversuche ist nicht infrage gestellt“, betonte Egerer: „Mit dem Urteil kann ich umgehen.“ Ob er sich angesichts der scharfen Kritik aus der Kölner CDU sicher in seinem Amt fühle? „Ja. Es gibt eine klare politische Beschlusslage und die Menschen wollen Veränderung.“

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