Flucht aus LVR-PsychiatrieKölner Sexualstraftäter entkam auf dem Weg zur Therapie

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LVR Klinik Merheim dpa

Die LVR-Klinik in Köln-Merheim

Köln – Die vier Servicemitarbeiter der KVB hatten in der Nacht zum Dienstag, kurz nach Mitternacht, soeben einen Störenfried aus der U-Bahn-Station am Hauptbahnhof nach draußen begleitet, da fiel einem der Sicherheitsleute im Bahnhof nach den Worten eines KVB-Sprechers ein Mann auf, der sich „auffällig“ verhielt. Das Gesicht desjenigen hatte der KVB-Mitarbeiter noch kurz zuvor auf einem Fahndungsfoto der Polizei gesehen.

Er rief die Bundespolizei, die  den Verdächtigen festnahm. Es handelte sich um Michael P., einen 58 Jahre alten verurteilten Sexualstraftäter, der Montagvormittag aus der Klinik des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) in Merheim entkommen war.

Polizei Köln warnte vor möglichem Übergriff auf Kinder

In dem öffentlichen Fahndungsaufruf der Polizei hatte vor allem ein Halbsatz über den 58-Jährigen für Unbehagen gesorgt: Ein „Übergriff auf Kinder“ sei nicht gänzlich auszuschließen, hieß es da. Überdies sei P. suizidgefährdet. Nach seiner Festnahme sorgte die Polizei dann für  weitere Aufklärung. Demnach hat Michael P. eine lange Krankheitsgeschichte hinter sich. Wegen Sexualstraftaten an Kindern saß er mehrere Jahrzehnte im Maßregelvollzug, einer geschlossenen Abteilung der Psychiatrie für Straftäter, die ein Gericht für nicht oder für vermindert schuldfähig erklärt hat.

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2018 wurde Michael P. entlassen. Die Polizei nahm ihn bei „Kurs NRW“ auf, einem Projekt, bei dem sich Polizisten und Sozialarbeiter engmaschig um entlassene Sexualstraftäter kümmern. Im Dezember 2019 dann ließ P. sich wieder in einer psychiatrischen Einrichtung aufnehmen – nicht, weil er eine Straftat begangen hatte, sondern freiwillig und offenbar rein vorsorglich, wie die Polizei mitteilte. Ein Richter ordnete kurz darauf seine geschlossene Unterbringung an.

Flucht aus LVR-Klinik: Entlassung war für Februar geplant

Für zunächst sechs Wochen wurde P. nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) in die LVR-Klinik in Mehrheim eingewiesen. Seine Entlassung war für Februar geplant. Anschließend sollte er erneut im Kurs-Projekt betreut werden. Doch dazu kam es nicht.

Am Montag soll Michael P. auf dem Weg zu einer „therapeutischen Maßnahme“ außerhalb des Klinikgeländes gewesen sein – offenbar allein. Aus Gründen des Datenschutzes und der Schweigepflicht wollte LVR-Sprecherin Karin Knöbelspies keine Einzelheiten nennen. Allgemein jedoch sei es üblich und sogar gesetzlich vorgesehen, dass Patienten im Zuge der Vorbereitung auf ihr Leben in Freiheit gewisse Lockerungen ihrer Behandlungsbedingungen genehmigt bekämen, sofern sie ein Arzt als zuverlässig eingestuft hat. Eine solche Lockerung könnte zum Beispiel ein selbstständiger Gang zu einem Therapietermin sein.

Köln: Offenbar keine weiteren Straftaten begangen

Doch Michael P. nahm den Termin entweder nicht wahr, oder er kehrte von dort nicht zur Klinik zurück. Der LVR informierte die Polizei, ein Richter gab sein Foto schließlich für die Öffentlichkeitsfahndung frei. Straftaten hat der 58-Jährige während seiner fast 15 Stunden in Freiheit nach bisheriger Kenntnis der Polizei nicht begangen. Womöglich wird er nun auch weiterhin in einer geschlossenen Einrichtung bleiben. Dies prüften die Behörden nun, sagte ein Polizeisprecher.

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