Köln ist nicht mehr gastronomischer Spitzenreiter in NRW. Ein Kölner Restaurant hat mit dem Verlust des Sterns so gar nicht gerechnet.
„Schlag in die Magengrube“Köln verliert drei Michelin-Sterne – So reagieren die Gastronomen

Haben ihren Stern verloren: Jan C. Maier & Tobias Becker, Köche im Maibeck
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Von zwölf auf neun Sterne: Köln ist nach der Verleihung der Michelin-Sterne am Dienstagabend NRW-weit nicht mehr gastronomischer Spitzenreiter, sondern teilt sich den ersten Platz mit Düsseldorf, das ebenfalls neun Sterne-Restaurants hat. Für die Chefs vom „Maibeck“, das nach 14 Jahren seinen Michelin-Stern verliert, kam es sehr unerwartet. Jan C. Maier kann seine Enttäuschung am Telefon kaum verbergen. „Wir wissen es erst seit wenigen Minuten und uns erwischt es genauso kalt, wie, als wir den Stern bekommen haben“, sagt Maier.
In seinen Augen hat der Koch, der das Maibeck zusammen mit Tobias Becker leitet, zuletzt nicht anders gearbeitet als sonst. „Genauso wie 2011, als wir den Stern bekommen haben. Und auch jetzt werden wir voraussichtlich nichts ändern“, sagt Maier. Dass es mit der Eröffnung des zweiten Lokals „Otto“ im vergangenen Jahr zusammenhängen könnte, glaubt Meier nicht. Auch wenn der renommierte Guide lediglich die Empfehlung für das Maibeck nicht erneut ausgesprochen habe, fühle es sich mehr wie „eine Herabstufung an“. Besonders für das 30-köpfige Team tue es ihm leid, so Maier. „Das Team investiert jeden Tag so viel, aber man bekommt das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. Das ist gerade das schwerste Gefühl.“
Maibeck in Köln: Aberkennung des Sterns kommt unerwartet
Obwohl sich die Gourmet-Köche im Maibeck immer mehr als „beste Kneipe Kölns“ betrachtet hätten, scherzhaft vom „Kneipenstern“ sprachen, haben Becker und er es immer, „sehr genossen“ und es als „wundervolle Ehre empfunden“, von Michelin geführt zu werden. Bleibt abzuwarten, ob nun ausländische Gäste, die extra auf Sterne-Tour gehen, öfter ausbleiben oder es sich sonst auf die Resonanz der Gäste auswirken wird.
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Das Neobiota hat sich vergrößert und ist im März an den Pantaleonswall 27 gezogen. Erik Scheffler und Sonja Baumann hatten seit 2019 einen Stern für das Neobiota an Ehrenstraße/Kleinen Brinkgasse.
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Erik Scheffler vom Neobiota hat es zwar, wie er sagt „befürchtet“, doch die Enttäuschung darüber, sich nicht mehr Sternelokal nennen zu dürfen, ist groß. „Marketingtechnisch ist das im Umzugsjahr ein absoluter Schlag in die Magengrube, gerade, wenn man ein selbst finanziertes Restaurant ohne Mäzen im Hintergrund ist oder Hotel als wirtschaftliches Back-Up hat“, sagt Scheffler. Sie wussten um das Risiko, als sie im März sechs Wochen ihr Lokal schließen mussten, weil sie von der Ehrenstraße/Kleinen Brinkgasse an den Pantaleonswall 27 gezogen sind. Scheffler und Sonja Baumann wollten sich vergrößern, durch das neue Lokal können sie für das Dinner am Abend 40 statt 25 Personen bewirten. Für ihr Frühstücksangebot, das sonst Monate im Voraus ausgebucht war, hat sich die Kapazität sogar von 28 auf 100 erhöht.
Doch über längere Zeit geschlossene Einrichtungen mögen die Michelin-Tester nicht. Es ist allgemein bekannt, dass der Gastro-Führer den Neustart eines Lokals neu bewerten möchte und bei erneuter Verleihung den Stern aberkennt – da sich mit neuen Räumen auch Abläufe ändern. „Sie haben ihren Test-Rhythmus, und wenn sie in der Zeit testen wollen, in der man geschlossen hat, kann sowas passieren. Dieses Risiko sind wir eingegangen, weil wir uns verändern und weiterentwickeln wollten. Für die Gäste wollten wir mehr Komfort und wir wollen uns kulinarisch weiterentwickeln“, so Scheffler.
Neobiota-Koch äußert Kritik an Michelin
Auch mit Kritik am renommierten Guide spart Scheffler nicht: „Michelin hat uns länger als geschlossen geführt, als wir tatsächlich waren. Auf Mails wurde nicht geantwortet, eine Reaktion gab es recht spät nach Wiedereröffnung.“ Auch fühlt sich das Gastro-Duo in seinen Bemühungen und Errungenschaften in Sachen Nachhaltigkeit übergegangen, die Michelin mit einem grünen Stern honorieren kann. Gastrokritiker Carsten Henn hatte das auch vergangenes Jahr bereits kritisiert. „Wir haben einen zwei Hektar großen Garten, mit eigenem Gärtner und produzieren mittlerweile viel selber, von Zitrusfrüchten, Rote Beete bis hin zu Kakis. Wir nutzen nur noch regionale Erzeuger.“ Doch er gibt die Hoffnung nicht auf. „Die Gäste wissen zu schätzen, was wir tun. Wir werden brutal durchziehen, was wir bisher gemacht haben und hoffen, nächstes Jahr wieder in den Reigen aufgenommen zu werden.“
Weniger überraschend kam die Streichung des Sterns für das „Astrein“. Eric Werner hat das Lokal im Januar 2025 geschlossen und kocht im „Augustin“ weiter, mit dem er keine offenen Sterne-Ambitionen verfolgt. Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gab er sich gelassen. „Das ist gar keine schlimme Sache. Ich habe ja schon in vielen Restaurants Sterne erkocht, mit 25 meinen ersten, ich bin da ganz locker. Es macht mir nichts aus, jetzt kein Sternekoch mehr zu sein, ich bin trotzdem ich und koche, wie ich koche“, sagte Werner.

Eric Werner hat das Astrein im Januar 2025 geschlossen. Er kocht nun im Augustin. Den Stern damit abzugeben, machte ihm nichts aus.
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Ox & Klee erneut an der NRW-Spitze
Über zwei Sterne darf sich erneut Daniel Gottschlich von Ox & Klee als einer von dreien in NRW freuen. „Ich bin total happy, dass mein Team und ich das geschafft haben. Denn man kann noch so viele Ideen haben, was es braucht, ist ein starkes Team. Man könnte das als Teamsport bezeichnen, nur damit bleibt man an der Spitze.“ Doch auch Gottschlich bedauert, dass Köln gleich drei Sterne abhandenkommen. „Für Köln ist das nicht gut, weil wir uns gern als Stadt präsentieren, die von vielen Essliebhabern aus dem ganzen Land und aus den Nachbarländern aufgesucht wird. Ich wünsche mir, dass mehr Leute den Mut entwickeln, kulinarisch noch weiter zu gehen.“
Auch „die Fine Food Days Cologne bedauern sehr, dass die Tester des Michelin Nordrhein-Westfalen sowie Köln und seine Region schlechter als bisher bewertet haben. Wir sind fest von der hohen Qualität unserer Fine-Dining-Restaurants überzeugt und setzen darauf, dass der Guide Michelin in der Zukunft wieder mehr Sterne in unsere Region vergibt. Weil Betriebe ihren verlorenen Stern zurückgewinnen oder weil andere, die diese Auszeichnung längst verdienen, einen Stern erhalten“, sagt Michael Stern, Vorsitzender des Fine Food Days Cologne e.V. und Geschäftsführer der Eventgastronomie KölnSKY.
Einen Neuzugang gibt es in Köln indes nicht. Weiterhin mit einem Stern dekoriert wurden das Le Moissonnier Bistro von Vincent Moissonnier mit Koch Eric Menchon, Pottkind, Sahila, Taku, Zur Tant, Maximilian Lorenz, La Société und La Cuisine Rademacher. Auf Anfrage zeigte sich Moissonnier erfreut über die Verteidigung des begehrten Sterns, lenkte aber sofort den Blick auf Kollegen, die bei der Verteilung in diesem Jahr – erneut – leer ausgingen. Insbesondere Leon Hofmockel und sein Team im „La Societé“ in der Kyffhäuser Straße hätten mit ihrer dauerhaft exzellenten Leistung einen zweiten Stern mehr als verdient gehabt, ist Moissonnier überzeugt.
Moissonnier: Auch andere Restaurants wie Caruso Pastabar hätten Stern verdient
„Gerade weil Leon keiner ist, der ständig vor dem Restaurant steht, in den Himmel schaut und ruft: Ich will den zweiten Stern, ich will den zweiten Stern.“ Und ergänzt: „In der Ouzeria am Brüsseler Platz, dem Caruso im Agnesviertel oder der Henne in der Pfeilstraße wird schon lange so gekocht, dass der erste Stern fällig gewesen wäre.“ Erst recht unverständlich, so Moissonnier weiter, sei für ihn die Aberkennung des Sterns für das „Maibeck“ und das „Neobiota“. „Da kann ich nur den Kopf schütteln“, sagte Moissonnier. „Ich weiß, wie dort gearbeitet wird, und ich weiß, was die Kollegen auf den Tisch bringen. Das ist definitiv Sterne-Qualität. “
Köln fügt sich in den gesamten NRW-Trend ein: Hier ist die Zahl der Sterne von 52 auf 46 gesunken, während Deutschland mit 341 Sternen – 2024 waren es 340 – wieder einen Rekordwert geschafft hat. Nach Köln und Düsseldorf kommt Essen mit drei Sterne-Lokalen. Ein weltklassiges Restaurant mit drei Sternen gibt es in NRW nicht, seit das „Vendôme“ von Joachim Wissler in Bergisch Gladbach seinen dritten Stern 2022 verlor.