Im Kölner Stadtrat bahnt sich nach der Kommunalwahl ein neues Ratsbündnis an. Bei den Verhandlungen wird es strittige Punkte geben.
Mögliches RatsbündnisIn diesen Punkten sind sich Grüne und SPD in Köln uneins

Das Historische Rathaus am Alter Markt in der Kölner Altstadt.
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Nach der Oberbürgermeister-Stichwahl am 28. September werden Grüne und SPD ernsthafte Gespräche über ein gemeinsames Bündnis im Stadtrat führen, so viel ist sicher. Sicher ist auch, dass eine der beiden Parteien die neue Oberbürgermeisterin oder den neuen Oberbürgermeister stellen wird.
In vielen Punkten stehen sich Grüne und SPD thematisch ohnehin nahe. 2009 waren beide in einem gemeinsamen Bündnis und unterstützten mit SPD-Politiker Jürgen Roters auch einen gemeinsamen OB-Kandidaten.
Allerdings gibt es auch zwei große Projekte in Köln, bei denen sie exakt gegenteilige Ansichten vertreten: ein neuer U-Bahn-Tunnel in der Kölner Innenstadt und der Ausbau des FC-Trainingszentrums im Grüngürtel.
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Bisherige Mehrheit für einen U-Bahn-Tunnel existiert nicht mehr
Was einen möglichen U-Bahn-Tunnel zwischen Rudolfplatz und Aachener Weiher anbelangt, befinden sich Grüne und SPD in exakt derselben Situation wie Grüne und CDU im bisherigen Ratsbündnis. Während die Grünen einen Tunnelbau ablehnen, gehören SPD und CDU zu den Befürwortern. Gemeinsam mit der FDP hatten sie im Frühjahr einen Beschluss im Stadtrat durchgesetzt, um das Projekt weiter zu planen.
Grüne und CDU hatten den Dissens innerhalb ihrer Bündnisvereinbarung einfach ausgeklammert und festgehalten, dass die Partner in dieser Frage unterschiedliche Wege gehen – genau so ließe sich auch dieser Knackpunkt zwischen Grünen und SPD lösen. Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hatte allerdings bereits darauf verwiesen, dass sie es bevorzugen würde, solche Themen zu lösen, bevor ein neuer Bündnisvertrag unterschrieben wird.

Visualisierung des geplanten unterirdischen (gestrichelt) und oberirdischen (durchgezogen) Ausbaus der Ost-West-Achse nach dem Plan von CDU, FDP und SPD, veröffentlicht am 6.12.2024.
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Was dafür sprechen könnte, dass das gelingt, ist der Umstand, dass die SPD zusätzlich zum Tunnel auch die oberirdische Gleistrasse behalten und ausbauen will. Eine Annäherung scheint nicht ausgeschlossen, zumal sich die SPD vor dem Tunnel-Kompromiss mit CDU und FDP bereits in guten Gesprächen mit den Grünen befand.
Wie es mit dem Tunnel weitergeht, hängt zunächst ohnehin davon ab, ob die Stadt Köln überhaupt eine positive Förderzusage des Landes und des Bundes erhält. Denn aus eigener Kraft bezahlen kann Köln das Milliardenprojekt nicht. Den weitaus größten Anteil müssen Land und Bund übernehmen. Und auch danach braucht es noch eine Vielzahl weiterer politischer Beschlüsse, etwa für Planfeststellungsverfahren und den eigentlichen Baubeschluss.
Das Tunnelbündnis aus CDU, SPD und FDP verfügt nach der Kommunalwahl zusammen jedoch nur noch über 39 von 90 Sitzen im Stadtrat – es wird also ohnehin schwierig, für weitere U-Bahn-Beschlüsse noch eine Mehrheit zu bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass Grüne und SPD einen dritten Bündnispartner benötigen. Dafür kommen entweder die Linken oder Volt infrage – beide lehnen einen Tunnel ebenso ab wie die Grünen.
Ausbaupläne des FC polarisieren in Köln Politik und Bevölkerung
Ein zweites Knackpunkt-Thema der Kölner Politik hatte der 1. FC Köln mit seinem Aufruf zu einer Demonstration noch kurz vor der Wahl einmal mehr in den Blickpunkt gerückt: die Gleueler Wiese. Soll sie bleiben, wie sie ist? Ein unversiegelter Teil des Kölner Grüngürtels. Oder soll der FC dort neue Fußballplätze bauen dürfen, um die Kapazitäten seines Trainingszentrums zu erweitern? Das strebt der Profiklub seit 2014 an und dieses Vorhaben polarisiert seither Politik und Bevölkerung in Köln.

Blick auf die Gleueler Wiese. Hier möchte der Fußballverein ein Leistungszentrum bauen.
Copyright: Uwe Weiser
Die Grünen und die SPD vertreten entgegengesetzte Positionen. Die Grünen sind strikt dagegen und wollen eine Versiegelung im Landschaftsschutzgebiet unbedingt verhindern. Die SPD plädiert für einen ökologisch eingepassten Bau der Sportplätze und will dem FC und umliegenden Breitensportklubs neue Trainingsflächen ermöglichen. Entsprechend haben sich auch Berivan Aymaz und Torsten Burmester, die OB-Kandidaten der beiden Parteien, im Wahlkampf geäußert. In der Stichwahl am 28. September entscheidet sich nun zwischen ihnen, wer ins Rathaus einzieht.
SPD will dem 1. FC Köln das Bauen im Grüngürtel ermöglichen
Über die Zukunft der Gleueler Wiese wird damit allerdings nicht entschieden, da sowohl die Grünen (22 Sitze im künftigen Rat) als auch die SPD (18) für eine Mehrheit im 90-köpfigen Stadtrat (46 Stimmen) Partner brauchen. Die CDU (18) als dritte große Fraktion mit genauso vielen Sitzen wie die SPD hat sich in der Sache als wankelmütig erwiesen. Zwar wird der Schutz der Gleueler Wiesen im Wahlprogramm der Kölner CDU als Ziel aufgeführt, Parteichefin Serap Güler sagte zuletzt aber, dass dort aus guten Gründen „sollen“ stehe, und nicht „werden“. Heißt wohl: Die CDU will die Wiese zwar schützen, wird es aber vielleicht nicht tun.
Beispielsweise schrieb der Stadtbezirksvorsitzende aus Rodenkirchen, Oliver Kehrl, beim Business-Netzwerk Linkedin zum Geißbockheim-Ausbau, dass „sich nicht mehr alle in der CDU von Lindenthaler Partikularinteressen vereinnahmen“ ließen. Kehrl gehört der neuen Fraktion an. Die FDP (3) ist wie die SPD für die neuen Fußballfelder im Grüngürtel.

Fans des 1. FC Köln haben im August auf dem Heumarkt für die Erweiterung des Geißbockheims demonstriert.
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Klar gegen die Bebauung der Wiese sind auch die Linken (10) und Volt (5), sie wollten sie gemeinsam mit den Grünen zuletzt zu deren Schutz an den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verpachten. Sie bekamen dafür aber keine Rats-Mehrheit, da sich die CDU, die zunächst hatte mitmachen wollen, im letzten Moment dagegen entschied.
Tatsächlich gibt es seit Juni 2020 einen vom Stadtrat beschlossenen Bebauungsplan für den Grüngürtel, der drei neue Fußballfelder auf der Gleueler Wiese beinhaltet. SPD, CDU und FDP stimmten damals dafür. Nach den Kommunalwahlen im September 2020 änderten sich die Mehrheitsverhältnisse, im Ratsbündnis waren die Grünen plötzlich die Stärkeren und die CDU wurde zum Juniorpartner. Gemeinsam beschloss man nun, dass ein neuer Bebauungsplan für den Grüngürtel aufgestellt werden soll – allein zu dessen Schutz, also ohne Fußballfelder auf der Gleueler Wiese.
Gleichzeitig steht noch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zum ursprünglichen Bebauungsplan von 2020 aus, den hatten Naturschützer beanstandet. Erklärt das Gericht ihn für wirksam, könnte der FC einen Bauantrag für die Fußballplätze stellen. Der Klub bräuchte aber eine Ratsmehrheit auf seiner Seite, um eine Veränderungssperre abzuwenden und einen Pachtvertrag für die beplanten Flächen zu bekommen. Damit ist weiterhin alles offen und das Thema wird bei den nach der Stichwahl anstehenden Bündnisgesprächen der Ratsfraktionen sicher eine Rolle spielen.
Kompromiss beim Thema Entsiegeln wahrscheinlich erreichbar
Ein dritter Knackpunkt bei den Bündnisgesprächen dürfte das Thema Ver- und Entsiegelung werden. Die Grünen wollen die Entsiegelung von Flächen vorantreiben, die Versiegelung neuer Flächen vermeiden und die bestehenden städtischen Grünflächen dauerhaft sichern. Die SPD fordert hingegen mehr Neubauflächen für Wohnungen und Gewerbe und ist bereit, dafür auch weitere Flächen zu versiegeln.
Trotz dieses Widerspruchs besteht bei beiden Parteien Einigkeit, dass in Köln mehr Wohnraum entstehen soll, vor allem im Bereich preisgedämpfter und geförderter Wohnungen. Die Grünen wollen das allerdings über eine Verdichtung erreichen, also über das Füllen von Baulücken und das Aufstocken bereits existierender Gebäude. Es ist sehr wahrscheinlich, dass beide in diesem Punkt Kompromisse finden werden.