Verständnis und WutSo reagieren Fahrgäste am Kölner Hauptbahnhof auf den Streik

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Einige Reisende sind trotz des Streiks am Mittwochmorgen am Kölner Hauptbahnhof unterwegs.

Köln – Rund um den Kölner Hauptbahnhof ist es verdächtig ruhig für einen Mittwochmorgen. Der Dom liegt noch im Nebel, die Sonne will sich auch nicht so wirklich zeigen, wie so oft in diesem Sommer. Normalerweise herrscht um diese Uhrzeit ein reges Kommen und Gehen, Pendler sind auf dem Weg zur Arbeit und Urlauber wollen weg, mal wieder etwas anderes sehen.

Doch am ersten Tag des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) herrscht am Hauptbahnhof eine große Ratlosigkeit, unter die sich bei den Fahrgästen manchmal Verständnis und manchmal Wut mischt. Die wenigsten wissen, ob und wann ihr nächster Anschluss kommt.

Fahrgäste stehen ratlos vor Anzeigetafeln im Bahnhof

Nur Anne Blokker sitzt ganz entspannt in der Eingangshallte des Hauptbahnhofs und frühstückt ein Brötchen. Die holländische Urlauberin ist zwar auf das Schienennetz angewiesen, macht eine Interrail-Reise durch Europa. Aber: „Ich bin nicht betroffen“, sagt sie auf Englisch, den großen Reiserucksack neben sich. „Trotzdem mag ich den Streik nicht, auch wenn ich ihn nachvollziehen kann.“ Sie hat noch einige Minuten Zeit, dann kommt ihr Anschluss nach Brüssel.

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Reisende informieren sich auf Info-Tafeln im Kölner Hauptbahnhof über die Zugverbindung.

Wolfgang Isfort muss nicht so weit fahren, ihn soll die Bahn nur nach Deutz bringen, zur Arbeit. „Aber mit meinem Fuß ist das nicht so leicht, deshalb laufe ich nicht.“ Ratlos steht er vor der Anzeigetafel und gestikuliert. Verständnis für den Streit habe er angesichts der Ereignisse der letzten Wochen und Monate nicht. „Was fällt denen denn ein in dieser Situation? Erst Corona, dann die Unwetter und jetzt auch noch die Bahn. Das ist wirklich die schlechteste Situation dafür.“

50 Lokführerinnen und Lokführer streiken in Köln

Er sieht die Streikenden der GDL vom Gleis 11 des Hauptbahnhofs. Knapp fünfzig Lokführerinnen und Lokführer stehen dort, trinken Kaffee und unterhalten sich. Parolen hört man keine, auch Interviews möchte niemand geben, man solle sich an die Pressestelle wenden.

Die GDL fordert von der Deutschen Bahn unter anderem eine Corona-Beihilfe und eine kürzere Laufzeit der Tarifverträge. Auch von einem Machtkampf um Mitglieder zwischen GDL und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ist zu lesen.

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Streikende Lokführerinnen und Lokführer auf dem Breslauer Platz. 

Viele Zugfahrende wissen davon jedoch nichts. Die Studierenden Anna Schmidt und Matthias Ziegert hoffen, dass sie ihren Urlaubsort Rostock noch erreichen, ihre Ferienwohnung haben sie bis Sonntag gebucht. Die Ungewissheiten und Verspätungen nehmen sie mit Humor.

„Schon ironisch, das ist die erste Zugreise, die ich seit Jahren buche“

„Schon ironisch, das ist die erste Zugreise, die ich seit Jahren buche. Neue Kunden gewinnt die Bahn so nicht unbedingt“, sagt Ziegert. „Aber ich habe schon Verständnis für den Streik, das wird seinen Grund haben“, ergänzt Schmidt. Auch Lennard Dreher hatte kurzfristig eine „Reise mit den Jungs“ nach München gebucht. „Wir sind seit gestern Nacht um zwei Uhr unterwegs, seitdem wird auch gestreikt. Wir kommen aus Hagen und wären eigentlich direkt nach München gefahren.“

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Erzwungene Zwischenstopps in Dortmund und Köln kann er weglächeln. „Ach, wir haben uns dann ein paar Biere gekauft. Ganz früh morgens saßen wir vor dem Dom, das war schön, bis die Domtreppen dann abgespritzt wurden und wir gehen mussten. Jetzt warten wir hier.“ Ihr Zug soll bald kommen, hat aber schon wieder eine halbe Stunde Verspätung.

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Auch in der Bahnhofshalle zeigen die Anzeigetafeln oft nur Verspätungen an.

Die Urlauber wirken größtenteils entspannt, doch mehrere Pendlerinnen regen sich auf. Den eigenen Namen will niemand von ihnen in der Zeitung lesen. Eine Apothekerin aus Troisdorf weiß nicht, wann sie zur Arbeit kommen wird. „Und heute ist nur die Aushilfe da, der kennt sich alleine im Laden nicht aus.“

Eine Angestellte aus dem Einzelhandel läuft schnell durch den Hauptbahnhof. „Ich komme aus Hennef, brauche normalerweise schon zwei Stunden. Und heute bin ich viel zu spät. Und dann noch dieser volle Zug! Als wäre Corona vorbei.“ Ein Angestellter im Parkhaus des Flughafens Köln-Bonn hat gerade aufgegeben. „Seit zwei Stunden warte ich schon. Wenn ich auf der Arbeit ankomme, kann ich direkt wieder nach Hause fahren, das lohnt sich nicht mehr." Für ihn ein finanzieller Schaden. „Keine Arbeit, kein Geld.“ Resigniert geht er nach Hause.

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