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Planschemalöör-Sänger vor Sessionsbeginn„Nach Karneval gehe ich erstmal ins Schweigekloster“

4 min
Juri Rother, Frontmann der Kölner Band Planschemalöör

Juri Rother, Frontmann der Kölner Band Planschemalöör 

Planschemalöör spielt am 16. Oktober ein Konzert im Gloria. Ein Gespräch über Strukturen im Karneval und Kinderkonzerte.

Für Karnevalsbands teilt sich das Jahr grob ein in: vor, während und nach der Session. Planschemalöör machen sich gerade warm und geben am 16. Oktober ein Konzert im Gloria, bevor dann der Marathon am 11.11. beginnt. „Das Gloria ist für uns ein Heimspiel. Es ist cool für uns, dass wir nicht nur eine halbe Stunde spielen wie auf Sitzungen, sondern alle Songs, auf die wir Lust haben“, sagt Juri Rother im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Dynamik sei eine ganz andere.

„Wenn wir im Festzelt spielen, müssen wir alles abreißen, bei eigenen Konzerten können wir es ruhiger und auch mal instrumentaler angehen lassen.“ Diese Konzerte seien eine Chance, auch Menschen anzusprechen, die sonst weniger Berührung mit Karneval haben – und ihn so für mehr Leute zu öffnen. „Wir haben ein tolles Publikum. Einmal kam eine Frau nach dem Konzert auf mich zu: Ihre Freundin war abgesprungen, sie kam allein. Und nach nur kurzer Zeit hat sie andere kennengelernt“, sagt der 34-Jährige. Abseits des Karnevals sei das Publikum auch queerer. Eine Person habe sich an der Stelle, wo der Sänger und Frontmann sagt: „Und jetzt singen die Frauen das, und jetzt singen die Männer das“ nicht angesprochen gefühlt.

Planschemalöör-Publikum ist queerer abseits des Karnevals

Da habe sich Rother erstmals damit beschäftigt: Vielleicht gehen manche Personen genau deswegen nicht auf Karnevalskonzerte? „Erst dachte ich: Oh nein, ich muss etwas an mir ändern. Dann habe ich festgestellt, dass es für mich überhaupt keinen Unterschied macht, wenn ich sage: Alle, die hochsingen können, singen hoch und alle, die tief singen, singen tief. Außer, dass sich mindestens eine Person danach wohler fühlt.“

Planschemalöör sind seit 2018 im Karneval aktiv, und mittlerweile vorne mit dabei. Anfangs fühlte Rother, der vorher nur Straßenkarneval gefeiert hatte, durchaus Befremden mit dem traditionellen Karneval, seinen oftmals festgefahrenen Strukturen und rituellen Abläufen auf Sitzungen. Dieses Gefühl habe er mittlerweile nicht mehr, „doch ich beobachte schon, wer da so im Publikum ist. Der Kölner singt viel darüber, bunt zu sein und ich glaube, dass der Wille tatsächlich vorhanden ist. Wir müssen aber mehr leben, was wir singen.“ Als Band hätten sie den Anspruch, die Botschaften der Lieder auch zu verkörpern. Auch wenn Strukturen träge sind, habe sich der Karneval Rother zufolge in den letzten Jahren dennoch verändert: in der Sensibilität und in der Sprache.

„Gerade die jüngeren Bands, die nachrücken, haben klare politische Haltungen. Meine Hoffnung ist, dass wir auch jüngere Menschen dazu bringen, im Karneval zu veranstalten, damit er nicht ausstirbt.“ Zur Vermittlung des Brauchtums und der kölschen Mundart gehört für Planschemalöör mittlerweile auch, Konzerte extra für Kinder zu geben. 40 Kinderkonzerte spielen sie im Jahr, davon sechs eigene. „Wir haben gemerkt, dass das Spaß macht und dass man super wach in der Birne sein muss, weil Kinder viel deutlicher zeigen, wie sie etwas finden und uns da gern überraschen. Manchmal bereiten wir uns ewig auf etwas vor und halten es für eine super Idee, und dann schauen die uns an wie ein Auto. Manchmal bereiten wir nichts vor, und sie lachen sich kaputt.“

Planschemalöör im typischen Outfit mit blauen Badehosen und weißem Shirt.

Die vier Männer mit Badehose: Planschemalöör.

Planschemalöör bereiten sich auf anstrengende und berauschende Zeit ab 11.11. vor

Rother und seine Kollegen bereiten sich nun auf eine „berauschende“, aber auch kräftezehrende Zeit vor. Am Anfang fühle sich die Session immer wie Klassenfahrt an. Während viele Bands zwei Busse haben, einen für die Musiker, der andere für die Crew, fahren bei Planschemalöör alle zusammen in einem Wagen. Mittlerweile weiß der Sänger und Schauspieler, was er braucht, um die Session körperlich und mental zu überstehen. „Ausreichend Schlaf und Sauna. Dann heißt es für mich ab ins Neptunbad“, sagt Rother. „Die Konzertdichte ist sehr hoch. Ich habe noch nie etwas Anstrengenderes in meinem Leben gemacht. Der Tag sieht so aus: Bühne, Essen, Bett.“

Karnevalssonntag spielen sie dann ihr letztes Konzert. „Rosenmontag geben wir keine Konzerte mehr, dann wird sich verkleidet, und mit dem ganzen Team gefeiert. Das Feiern danach ist wichtig.“ Und das totale Abschalten auch. Ein Monat Urlaub, in der keine kölsche Musik läuft – um später dann wieder kreativ zu werden und ins Songwriting einzusteigen. Rother hat nach dem Konzertmarathon erstmal genug von der Bühne, vom Karneval, von seiner Stimme.

„Ich höre mich ja die ganze Zeit über reden. Nach Karneval gehe ich erstmal ins Schweigekloster. Da tut es gut, alles Revue zu passieren. Die ersten Tage sind richtig schlimm. Die innere Stimme wird sehr laut. Man schweigt eine Woche, am letzten Tag ist dann Feedbackrunde.“

Planschemalöör spielen am Donnerstag, 16. Oktober im Gloria. Tickets kosten 26 Euro. Ihr Weihnachtsplantsch.Konzert spielen sie am Samstag, 20. Dezember im Stadtgarten, 26 Euro im VVK.