Geburtsort des Kölsch und PilgerzielWas Köln-Kalk alles zu bieten hat

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Die Geburtsstätte des Kölsch: Die Sünner-Brauerei an der Kalker Hauptstraße kann man besichtigen

  • Urlaub in der eigenen Stadt ist in diesem Jahr besonders gefragt. Wir stellen während der Sommerferien Kölner Veedel vor. Auch solche, in denen man vielleicht noch nie war.
  • Wir verraten, was besonders sehenswert ist und warum es sich lohnt, auch mal neue Ecken der Stadt zu entdecken. Ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
  • Dieses Mal geht es nach Kalk. Kalk war einst Schauplatz großer industrieller Geschichte. Im Quartier wurde aber auch das erste Kölsch gebraut.

Köln – Für einen Familienausflug ist Kalk nicht unbedingt das beste Ziel – es sei denn, alle Familienmitglieder sind alt genug, um Kölsch trinken zu dürfen. In der ehemaligen, stolzen Industriestadt Preußens, die erst 1910 von Köln eingemeindet wurde, steht nicht nur das älteste Industriegebäude-Denkmal der Stadt, das immer noch die Funktion erfüllt, für das es mal gebaut wurde. Der Prachtbau der Sünner-Brauerei ist auch die Geburtsstätte des „Kölsch“, zumindest des Namens für das Kölner Bier. An dem Gebäude an der Kalker Hauptstraße bezeugt eine seltsame Bezeichnung eine kuriose Geschichte: „Zechenbrauerei“ ist da zu lesen.

Und tatsächlich: Hier wollte man mal Kohle abbauen. Mitte des 19. Jahrhunderts hatten es einige finanzstarke Unternehmer für möglich gehalten, aus Kalk ein Braunkohlegebiet zu machen. Der Versuch, damit Gewinne einzufahren, wurde 1868 nach nur wenigen Jahren wieder aufgegeben. Das Gelände wurde an die Familie Sünner verkauft. Die konnte die Stollen gut gebrauchen. Reinstes Grundwasser wurde zum Bierbrauen und die kühlen Stollenkeller zur Lagerung verwendet. Auch die Tradition als Ausflugslokal ist lang. Sünners eröffneten neben der Brauerei das Lokal „Zur Zeche“. Man kann sich die Brauerei bei Führungen zeigen lassen und im Sünner-Biergarten oder Keller zünftig essen.

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Zeugnisse aus der Zeit, wo hier Zehntausende in Industriebetrieben beschäftigt waren, gibt es noch an allen Ecken. Doch produziert wird nicht mehr viel. Den Schlusspunkt des in den 1970er Jahren beginnenden Niedergangs setzte die Schließung der Chemischen Fabrik Kalk 1993. Das, was die Stadt aus dem ehemaligen CFK-Gelände gemacht hat, ist keine Reise wert. Es sei denn, man möchte dort ins Erlebnismuseum Odysseum.

Kalker Kapelle, Kalker Hauptstraße 244, täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet Pflanzstelle, Neuerburgstr. 4, Infos unter www.pflanzstelle.blogsport.eu

Besichtigungen der Sünner-Brauerei nach vorheriger Absprache, Donnerstag bis Samstag, 9,90 Euro, www.suenner-keller.de

Sünner-Biergarten und Keller, Kalker Hauptstraße 260, Montag bis Donnerstag ab 16 Uhr, Freitag bis Sonntag ab 14 Uhr

Bäckerei Schlechtrimen, Kalker Hauptstraße 210, täglich ab 6.30 Uhr Weiterer Gastro-Toptipp: Blauer König, Markt 24, günstig, lecker, nette Atmosphäre, Dienstag bis Sonntag ab 11.30 Uhr 

Wer sich für die Industriearchitektur interessiert, sollte besser durch den Kalker Süden spazieren. In einigen Industriehallen wird gearbeitet, andere stehen leer. Seit Jahren wird über Abriss, Sanierung und künftige Nutzung diskutiert. Wer mitdiskutieren will, wandert am besten von der Haltestelle „Kalker Kapelle“ aus die Kapellenstraße Richtung Süden, vorbei am vom Caritasverband sehenswert umgestalteten Klarissenkloster. Wenn man gegenüber rechts abbiegt, erreicht man die ersten großen KHD-Hallen.

Die Bevölkerung in Köln-Kalk wandelt sich

Über die dem Gründer der Sünner-Brauerei gewidmete Straße geht es zur Dillenburger Straße bis zum Abzweig Neuerburgstraße, wo man das Öko-Projekt „Pflanzstelle“ und die „Halle Kalk“ findet. Hier betrieb das Schauspiel mal eine Außenspielstätte. Das Gebiet ist im Wandel: Die Kaiserin-Theophanu-Schule wächst wie die Wohnbebauung weiter ins Industriegebiet hinein.

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Kleine Idylle am Stadtgarten: Die Terrasse des Café Schlechtrimen

Das vegane Restaurant „Trash Chic“ oder die „Pflanzstelle“, die für „soziokulturelle und urbane Landwirtschaft“ wirbt, belegen, dass sich die Bevölkerung im Arbeiterviertel wandelt. Zurück auf der Kalker Hauptstraße kann man sich ein Stück Kuchen beim Traditionsbäcker Schlechtrimen am Stadtgarten Kalk gönnen und dem multikulturellen Treiben auf der Einkaufsstraße zusehen.

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Kalk ist nicht nur Schauplatz großer Industriegeschichte. Der Ort hat auch eine lange touristische Tradition. Vor der Industrialisierung lebten viele Kalker vom Fremdenverkehr, oder besser gesagt von den Besuchen frommer Menschen. Sie glaubten an die Wunderkraft einer Statue, die man in der Kalker Kapelle findet. Seit dem Mittelalter wurde diese Figur der Maria mit dem vom Kreuz genommen Jesus besondere Kräfte nachgesagt. Sie überstand Naturgewalten, Brandstiftung und den Bombenhagel des Weltkriegs. Zunächst war das Gnadenbild in einem kleinen Häuschen untergebracht.

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1666 bedankten sich die Kalker und die Bürger umliegender Orte mit dem Bau einer Kapelle dafür, dass die Pest verschwunden war. Die Kalker Maria war eine Massenattraktion. Wer nicht zum Beten kam, genoss angeblich beste Kalker Luft oder das Angebot der Ausflugslokale. In der NS-Zeit wurden Schweigegänge katholischer Männer nach Kalk zu stillen, aber doch imposanten Demonstrationen gegen die Nazis.

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Kalk befindet sich im Wandel

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kalker Kapelle nach Plänen von Rudolf Schwarz und Karl Wimmenauer neben der Marienkirche als schlichter Backsteinbau, für den auch Trümmersteine der zerstörten Kirche benutzt wurden, wieder aufgebaut. Mit einer Glaswand an der Ostseite gelang es, den Kreuzgang im Freien mit der Kapelle zu verbinden. In der Südwand findet man ein Fenster des Glaskünstlers Georg Meistermann, der auch die Fenster in der großen, leider meist verschlossenen Kirche nebenan gestaltet hat. 

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