Rechtsrheinischer SpaziergangVon Dorf zu Dorf und durch Kölns wilde Natur

Lesezeit 6 Minuten

Rath-Heumar/ Brück – Wir starten an der „Schmitzebud“ (1) in Rath, dem ältesten Kiosk in Köln. Schon 1898 wurden an dieser Stelle in einer hölzernen Bude Eis und Getränke an Ausflügler verkauft, die auf dem Weg ins Bergische Land waren.

In den 30er-Jahren wurde der Kiosk zum beliebten Treffpunkt für Radrennfahrer, die zu ihren Touren durchs Bergische starteten. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Familie Schmitz das Büdchen, daher der Name. Auch wenn inzwischen die Pächter mehrmals wechselten, ist die Imbissbude noch heute eine Kult-Adresse.

Wir gehen in die Forsbacher Straße bis zum Alten Forsthaus. Das Waldgebiet dahinter war schon in der Steinzeit besiedelt. In den 50er-Jahren fand man hier zahlreiche Hügelgräber (2). Bis auf eine Hinweistafel und eine Reihe von Erdhügeln, die man über einige Treppenstufen erreicht, ist hier heute nichts mehr zu sehen. Die bei der Auflösung der Gräber gefundenen Faustkeile und Tongefäße befinden sich im Römisch-Germanischen Museum. Zurück auf der Forsbacher Straße biegen wir am alten Forsthaus in die Donar-, dann links in die Einherier- ab und stoßen auf die Wodanstraße. Wir sind, wie die Straßennamen verraten, in der Göttersiedlung (3) am Rande des Königsforstes, die Anfang der 20er-Jahre auf einem 50 Hektar großen Feld entstanden ist. Damals hatte die „Siedlungsgenossenschaft Eigenheim Königsforst“ 20 markante Doppelhäuser errichtet, die es zum Teil noch heute gibt.

Zeitreise in die 20er-Jahre

So ist der Spaziergang über die Wodanstraße auch eine Zeitreise in die 20er-Jahre. Hier steht fast jedes Haus unter Denkmalschutz. Die Siedlung enthält charakteristische Elemente einer Gartenstadt, mit großen Hausgärten, Grünflächen und Plätzen. Ein besonderes Highlight: das Torbogenhaus in der Heimdallstraße, das wir zur Linken liegen lassen und weiter der Wodanstraße folgen. Im Haus Nr. 47 befand sich damals ein protestantisches Gebetshaus. Ein Provisorium, das der Rather Presbyter Wilhelm Becker für preußische Staatsbeamte, die in der Göttersiedlung wohnten, erbauen ließ. Heute ist es ein normales Wohnhaus, scheint aber für Dreharbeiten attraktiv. 2011 diente es als Kulisse für den Film „Linda geht tanzen“.

Wenige Schritte weiter steht im Vorgarten von Haus Nr.57 eine Skulptur von Meinolf Zavelberg. Der Forstwirtschaftsmeister aus dem Siebengebirge hat einen abgestorbenen Baumstamm in ein Liebespaar verwandelt. Im Haus Nr. 52 wohnte einst der Sozialdemokrat Wilhelm Sollmann, der 1933 von der SS in seinem Rather Haus verhaftet und anschließend verschleppt wurde.

Haus Wodan

Ein Doppelhaus aus den 20er-Jahren in der Wodanstraße

Wir verlassen die geschichtsträchtige Wodanstraße, gehen am Baldur-Platz vorbei in die Baldurstraße nach rechts immer geradeaus bis zum Waldrand. Wir lassen uns vom Verkehrsschild „Sackgasse“ nicht irritieren und erreichen nach einem kurzen Anstieg eine kleine Anhöhe. Oben angekommen gehen wir scharf nach links und schauen quasi von oben in die Gärten der unten liegenden Häuser. Diese Abbaukante ist ein Relikt aus den Anfängen des 20.Jahrhunderts, damals wurden hier Kies und Sand für den Bau der Kölner Eisenbahndämme abgebaggert.

Vom Pferdepfad zum Matschloch

Nach wenigen Metern erreichen wir den Königsforst (4), ein über 2500 Hektar großes Naturschutzgebiet, das sich von Rath bis ins Bergische Land erstreckt. Oben auf dem Damm queren wir den breiten Weg und nehmen den linken Fußweg neben dem Pferdepfad. Durch die Birkenaue erreichen wir nach wenigen Minuten das sogenannte Matschloch (5). Der kleine Selbach, der aus dem Rather Weiher Richtung Flehbach fließt, hat hier mitten im Wald ein Kinderparadies geschaffen. Eine kleine Sandinsel, die vom Bach umspült wird, lädt Kinder zum Matschen und Staudammbauen ein. Je nach Wasserstand verwandelt sich das Matschloch auch schon mal in einen großen See, der die Birkenaue dann komplett flutet.

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Spaziergang Rath-Heumar/ Brück

Weiter geht es über die Holzbrücke und dann rechts bis zum Hauptweg. Hier wenden wir uns nach links und laufen zirka einen Kilometer schnurgerade, vorbei an der 12 Apostelbuche (6) bis zur Kreuzung an der Schutzhütte „Am Dicken Stock“. Ab hier folgen wir dem Schild „Wildgehege Brück“ und queren eine Schnellstraße, die nach Bensberg führt. Weiter geht’s durchs Grüne bis zu einer Holzbrücke, hinter der wir uns scharf nach links wenden. Wir folgen dem mäandernden Flehbach bis zum Wildgehege Brück (7). Rechts und links des Weges kann man Wildschweine beobachten, bevor es an zwei geschnitzten Füchsen vorbei nach rechts zum Rotwild geht.

Infos zur Tour

Das Freizeitangebot in Pandemie-Zeiten ist begrenzt. Wir empfehlen, die Veedel der Stadt mit langen Spaziergängen zu erkunden. Die aktuellen Einschränkungen erschweren die gastronomische Versorgung unterwegs. Aber am Startpunkt gibt es etwa das Kiosk Schmitzebud in Rath und am Ende der Tour eine Eisdiele an der Olpener Straße in Brück.

An- und Abfahrt: Der Spaziergang beginnt an der KVB Haltestelle Königsforst (Linie 9) und endet an KVB-Haltestelle Flehbachstraße (Linie 1). Wer mit dem Auto kommt, findet einen großen P&R an der Haltestelle Königsforst und nimmt für den Rückweg den Bus Nr.154 am Brücker Mauspfad, Haltestelle Olpener Straße/ Ecke Hovenstraße.

Länge: Die Strecke beträgt rund neun Kilometer. Wer auf die Busrückfahrt verzichten möchte, kann vom Brücker Marktplatz aus über die Flehbachaue zusätzlich vier Kilometer bis zum Auto zurückwandern.   

Wir verlassen das Wildgehege und biegen an der nächsten Kreuzung nach links ab. In der Ferne sehen wir schon die ersten Häuser von Brück. „Am Wildwechsel“ wenden wir uns erst nach rechts und dann nach links in die Königsforststraße. Das denkmalgeschützte Fachwerkhaus mit der Nr.100 an der Ecke Am Wildwechsel/Königsforststraße aus dem Jahre 1911, das einzige Highlight der Straße, lassen wir links liegen und gehen weiter bis zum Brücker Mauspfad.

Auf den Spuren der Händler

Der Mauspfad (8) ist ein alter zollfreier Handelsweg, der wahrscheinlich von Händlern genutzt wurde, um das Kölner Stapelrecht, eine Zollsteuer im Mittelalter, die für alle durch Köln transportierten Handelsgüter fällig war, zu umgehen. Der Pfad verläuft bis heute über 24 Kilometer vom Norden in den Süden und wechselt seinen Namen, wenn er das nächste Veedel erreicht.

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Am Brücker Mauspfad gehen wir nach rechts und gleich wieder links in die Hovenstraße, die im Zickzack ins alte Zentrum von Brück führt. Mitten auf der Straße steht ein altes Wegkreuz und gleich danach folgt auf der linken Seite der Gräfenhof (9). Dieses Gehöft aus dem 12. Jahrhundert gehörte der Abtei Altenberg, wechselte dann in den Besitz des Grafen von Berg und später in den der Familie Hoven. In den 60er-Jahren wurde die historische Vierkantanlage zur Erweiterung der Brücker Grundschule in Teilen abgerissen, die übrigen Bauten verfielen nach und nach.

Gräfenhof in Brück 1

Der Gräfenhof in Brück

Mitte der 80er-Jahre wurde die Ruine, begleitet vom Stadtkonservator, nach historischem Vorbild mit originaler Bausubstanz wieder aufgebaut. Spätestens jetzt sieht man, dass Brück einmal ein Straßendorf im Stil des bergischen Landes war, bevor es 1914 nach Köln eingemeindet wurde. Bald erreichen wir den Brücker Marktplatz, der vorwiegend ein Parkplatz ist. Von der Eisdiele auf der Olpener Straße behaupten Insider, sie böte das beste Eis im Rechtsrheinischen. Also geht’s mit der Eistüte in der Hand zum Zielpunkt. Wir queren die Olpener Straße und nehmen den Fußweg durch die Grünanlage direkt am Flehbach entlang zur KVB-Haltestelle.

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