Woelki vor neuem Missbrauchs-Gutachten„Nur die Wahrheit kann uns befreien“

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Woelki grimmig dpa

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki

Köln – Eine Woche vor der Präsentation eines Gutachtens zum Umgang des Erzbistums Köln mit Fällen sexualisierter Gewalt hat Kardinal Rainer Woelki ein umfassendes Durchgreifen angekündigt. Sowohl die Institution Kirche als auch die Verantwortungsträger müssten Konsequenzen daraus ziehen, „wo wir als Kirche Fehler gemacht haben und schuldig geworden sind“, sagte Woelki in seiner wöchentlichen Videobotschaft auf „domradio.de“.

„Um diese wichtigen Entscheidungen schnell und entschlossen, aber auch mit der gebotenen Sorgfalt treffen zu können, werde ich im Gutachten genannte Personen – wenn es nötig ist – vorläufig von ihren Aufgaben entbinden“, sagte Woelki. Er sei als Bischof und Christ zutiefst davon überzeugt, dass „nur die Wahrheit uns befreien kann“. Sich selbst bezog Woelki ausdrücklich ein. „Sofern es mich betrifft, habe ich bereits erklärt, dass ich mich den Ergebnissen der Untersuchung stellen werde. Dasselbe erwarte ich aber auch von anderen.“

Gutachten zu Missbrauchsfällen durchläuft letzte Prüfung

Nach Darstellung des von Woelki beauftragten Gutachters Björn Gercke, eines Kölner Strafrechtlers, gehören zu dem in Frage kommenden Kreis der in seinem Gutachten benannten Verantwortungsträger auf jeden Fall aktive und ehemalige Bischöfe und Generalvikare sowie mutmaßlich auch die verschiedenen Personalchefs. Inwieweit auch die namentliche Nennung von Verantwortlichen aus dem „Mittelbau“ der Bistumsverwaltung möglich ist, ist Gegenstand sogenannter äußerungsrechtlicher Prüfungen.

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Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Gercke bereits gesagt, dass der Vorwurf von Pflichtverletzungen „noch lebender“ Würdenträger des Erzbistums aus Gutachtersicht „nicht in allen Fällen“ ausgeräumt werden konnte.

Dem Vernehmen nach hat Gercke seine Arbeit inzwischen abgeschlossen. Diese durchläuft nun letzte juristische Prüfungen. Bis zuletzt haben Anwälte von Verantwortlichen versucht, in teils umfangreichen Schriftsätzen auf die Darstellungen des Gutachtens im Sinne ihrer Mandanten Einfluss zu nehmen.

Kardinal will Verantwortlichkeiten klar benennen

Woelki zeigt sich überzeugt, dass dies die Veröffentlichung nicht verhindert. „Wenn also am 18. März die unabhängige Untersuchung veröffentlicht wird, dann werden damit die Verantwortlichkeiten klar benannt“, so der Erzbischof. „Dann aber müssen wir zügig drangehen, welche Veränderungen es in unserem Bistum geben muss. Denn Vertuschung oder Mauschelei darf es nicht mehr geben. Zu dieser Haltung stehe ich.“ Erste Ergebnisse würden am 23. März bekanntgegeben, teilte das Erzbistum mit.

Wie Gercke dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte, enthält sein Gutachten auch eine Bewertung von Woelkis Verhalten im Fall des Düsseldorfer Priesters Johannes O. Den Missbrauchsverdacht gegen den mit ihm befreundeten Geistlichen hatte Woelki im Jahr 2015 nicht untersucht und nach Rom gemeldet. Kirchenrechtler sehen darin eine Verletzung päpstlicher Normen. Woelki macht geltend, eine Erkrankung von O. habe eine Untersuchung des Vorwurfs unmöglich gemacht. Eine Antwort des Papstes auf Woelkis Bitte um eine Überprüfung des Vorgangs steht aus.

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Eine Woche nach der Veröffentlichung von Gerckes Gutachten will das Erzbistum auch das 2020 von Woelki unter Verschluss genommene erste Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zugänglich machen. Es werde für Opfer, Journalisten und „die interessierte Öffentlichkeit“ zur Einsicht im Kölner Maternushaus, dem Tagungshaus des Erzbistums, ausgelegt, damit diese „selbst einen Vergleich zwischen den beiden Gutachten ziehen“ könnten.

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