11.11. in Corona-Zeiten„Wer den Kölner Karneval liebt, der bleibt zu Hause“

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Festkomitee-Chef Christoph Kuckelkorn auf den Rathausbalkon am menschenleeren Alter Markt

  • Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Festkomitee-Chef Christoph Kuckelkorn über den 11.11. und die Chance, Rosenmontag zu feiern.

Köln – Frau Reker, Herr Kuckelkorn, was machen Sie am 11.11.?

Kuckelkorn: Ich werde einen ganz normalen Arbeitstag leben. Dann habe ich etwas zu tun und komme nicht auf dumme Gedanken. Es gibt natürlich ein paar Termine. Wir haben nun mal ein Dreigestirn und suchen noch nach Möglichkeiten, den Karneval zumindest zu Hause auf dem Fernseher ein Stück weit erlebbar zu machen. Aber danach geht ein normaler Tag seinen Weg.

Reker: Ich gehe morgens in den Corona-Krisenstab, und dann mache ich im Rathaus weiter. Wie immer.

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Was raten Sie jenen, die jetzt noch überlegen, am 11.11. nach Köln zu kommen, um zu feiern?

Reker: Zu Hause zu bleiben. Hier ist am 11.11. nichts los, was mit Karneval zu tun haben könnte.

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Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln

Kuckelkorn: Wer den Karneval liebt, bleibt zu Hause. Jetzt ist eine karnevalistische Auszeit angesagt. Wir sind alle in der Verantwortung, dem nachzukommen. Es gibt keinen Grund, hierher zu kommen.

Und wenn sich doch jemand in den Zug setzt und nach Köln kommt?

Reker: In Köln gibt es ja auch jetzt keine gähnende Langeweile. Dazu ist diese Stadt nicht gemacht. Aber es gibt keine karnevalistische Attraktion. Man kann sich die Situation nicht mal schön trinken, denn es gilt überall im öffentlichen Raum ein Alkoholverbot.

Kuckelkorn: Die Stimmung für Karneval ist nicht da, deshalb werden die Leute nicht kommen.

Sie appellieren mit der großen Kampagne #diesmalnicht in Köln und weit über deren Grenzen hinaus, der Stadt fern zu bleiben. Wie ist die Resonanz auf die Aktion?

Kuckelkorn: Andere Städte haben direkt angerufen, weil sie die Kampagne übernehmen wollten. Wir haben nur positive Reaktionen bekommen. Jeder ist natürlich traurig. Wir Kölner können kaum aushalten, einmal nicht Gastgeber zu sein. Aber das müssen wir dieses mal.

Haben Sie Sorge, dass sich Privatpartys am 11.11. so gestalten, dass es gefährlich werden könnte?

Reker: Privatpartys sind nicht auszuschließen. Man kann nur auf die Einsicht aller Kölnerinnen und Kölner drängen. Wenn am 11.11. etwas passiert, merken wir das Ende November. Wenn es uns jetzt nicht gelingt, die Infektionszahlen vehement und langfristig zu drücken, dann geht das hier so weiter mit den Einschränkungen.

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Die Gastronomen und die Karnevalisten sind ja bisher sehr kooperativ.

Kuckelkorn: Die Solidarität ist so stark, weil die Menschen begreifen, welches Risiko ein Zusammenkommen birgt. Keiner möchte für ein Infektionsszenario verantwortlich sein. Zum anderen hat jeder Kölner die Hoffnung, dass sich, wenn wir den 11.11. opfern, die Zahlen so günstig entwickeln, dass sich vielleicht später in der Session kein Straßenkarneval, aber doch noch ein ganz kleiner Karneval entwickeln kann.

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Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval

Sie hoffen also, dass im Februar doch noch irgend gefeiert werden kann? Kuckelkorn: Vielleicht können wir dann kleine kulturelle Veranstaltungen doch wieder möglich machen. Man müsste improvisieren, aber das hätte den Charme der 1950er, 1960er Jahre, als der Karneval noch handgemacht und spontan war. Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Karneval von der Tiefe aus neu zu erfahren. Natürlich wird es keine großen Events oder Umzüge geben. Aber ich sehe jetzt noch keine Veranlassung, alles abzusagen. Vielleicht können sich in ein paar Monaten Vereine in kleinem Rahmen treffen. Oder es gibt virtuelle Möglichkeiten. Diese Session wird eine demütige, aber trotzdem optimistische Haltung ausmachen.

Der Karneval könnte sich auf seine wesentlichen Grundzüge konzentrieren?

Kuckelkorn: Exakt, das ist die Chance. Wir werden außerhalb Kölns oft nur mit Exzessen verbunden und nicht mit dem, was den Karneval wirklich ausmacht. Vielleicht können wir das jetzt rekultivieren.

Glauben Sie, dass die Karnevalsvereine die Pandemie überstehen?

Reker: Ja. Die Vereine gibt es ja das ganze Jahr, nicht nur in der Session. Der Zusammenhalt ist groß. Aber es gibt ein großes Problem für die, die den Karneval hauptberuflich betreiben.

Kuckelkorn: Es läuft kein Mitglied weg, weil wir Corona haben. Aber wir müssen uns jetzt um die professionelle Struktur des Karnevals kümmern und Langzeitschäden verhindern. Um Musiker, Künstler, Techniker, Veranstaltungssäle, bis hin zum Reinigungspersonal im Gürzenich.

Mancher wünscht sich eine Verschiebung des Karnevals in den Sommer. Aber kann man den Karneval einfach so verschieben?

Kuckelkorn: Der Kölner Karneval ist fest im Kirchenjahr verankert. Er hat einen Anfang und er hat ein Ende. Es gibt keine Nachhol-Session im Sommer. Wir müssen jetzt dem Karneval helfen zu überwintern. Dann wird er in der nächsten Session wieder blühen.

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