Karnevals-Absagen in KölnWie kann ein alternativer Rosenmontagszug aussehen?

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Die Band Paveier bei einer Sitzung 2017

Köln – Das Festkomitee Kölner Karneval (FK) hat am Montag bekanntgegeben, dass der Rosenmontagszug 2022 wegen der Corona-Pandemie erneut nicht in der gewohnten  Weise stattfinden kann. Stattdessen solle eine alternative Lösung gefunden werden, um zumindest die Persiflage-Wagen, mit denen sich der Karneval zu politischen und gesellschaftskritischen Themen äußert, der Öffentlichkeit vorstellen zu können. „Wir prüfen, welche alternativen Konzepte kurzfristig möglich sein könnten, um den kölschen Jecken trotzdem einen besonderen Rosenmontag zu bereiten“, sagte Zugleiter Holger Kirsch. Nachdem auch alle alternativen Sitzungen abgesagt wurden, scheint die Session 2021/ 2022 auch ohne Lockdown weitgehend nicht stattzufinden. Ein Überblick.

Wie könnte ein alternativer Rosenmontagszug aussehen?

Die Persiflage-Wagen auf verschiedenen Plätzen in den Kölner Veedeln als Ausstellungsstücke in zugangskontrollierten Bereichen zu zeigen, wäre eine Möglichkeit.  Denkbar wäre auch, wie beim Sambadrome in Rio de Janeiro mit festen Tribünen auf beiden Seiten eines deutlich verkürzten Zugweges etwa entlang der Ringe aufzuwarten  –  auf Sitzplätzen im Außenbereich ließen sich dann die Abstände optimal einhalten.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Auch  eine personengenaue Rückverfolgung wäre möglich. Eine weitere Alternative wäre ein Rosenmontagszug im Rhein-Energie-Stadion.  Sollte der 1. FC Köln bis Ende Februar Corona-konform  vor Publikum spielen dürfen, könnte auch  das  ein Weg sein. Alle drei Versionen sind TV-kompatibel. Eine Wiederholung des im letzten Jahr so erfolgreichen Hänneschen-Zuges im Miniaturformat wird es definitiv nicht geben.

Welche Folgen hat die Absage des klassischen Rosenmontagszuges?

Die erste direkte Folge war die Absage der Schull- un Veedelszöch am Karnevalssonntag. Deren Zugleiter Willi Stoffel erklärt dazu: „Unsere komplette Logistik baut auf der Infrastruktur des Rosenmontagszuges auf.“ Für die Schulen und Veedelsvereine, die nur wenige personelle und finanzielle Ressourcen hätten, müsse daher schnell Klarheit geschaffen werden. Es ist  die dritte Absage der Zöch in Folge.

Auch der Nippeser Dienstagszug, neben Ehrenfeld der größte Veedelszug der Stadt,  wurde am Dienstag abgesagt. „Das Spannungsfeld zwischen sehr hohen behördlichen Auflagen, dem hohen Gut des Gesundheitsschutzes aller Beteiligten sowie der daraus resultierenden hohen Kosten für Gäste, Zugteilnehmenden und Gesellschaft zwingen die KKG Nippeser Bürgerwehr 1903 e.V. zu diesem traurigen Schritt. Wenn es die Situation im Februar 2022 zulässt, wird sich die Gesellschaft über mögliche Alternativveranstaltungen am Tag des Nippeser Dienstagszuges entsprechend äußern.“

Was ist mit den Rosenmontagszugteilnehmern?

Die Gesellschaften haben ihre Teilnehmer bereits im Herbst angemeldet, Kosten sind aber noch keine entstanden. Das Ordern von Wurfmaterial hat man im Hinblick auf die Pandemie vielerorts reduziert. Günther Ebert, Sprecher der Roten Funken: „Wir haben viel weniger gekauft als sonst, aber es hätte gereicht, um teilnehmen zu können.“  Jetzt müsse man überlegen, wie man die Kamelle unters Volk bringe.

Wer sonst ist von der Absage betroffen?

In erster Linie das FK, weil etwa Tribünen bereits geordert und die Persiflage-Wagen im Bau sind. Da viele der Ehrenamtler aber zwischen den Jahren im Urlaub sind, kann man dort zu den anfallenden Kosten derzeit noch nichts sagen. Auch die Frage, ob eventuell Kosten durch Land oder Bund übernommen werden könnten, ist offen.

Rosenmontag dpa

Die meisten Züge werden wohl ins Wasser fallen. Für den Kölner Rosenmontagszug wird eine alternative Lösung gesucht.

Gibt es klare Regeln, wer Anspruch auf Unterstützung hat?

Nur bedingt. Im Dezember hatten die Karnevalsoffiziellen und die Landesregierung sich beraten. Ministerpräsident Hendrik Wüst und FK-Präsident Christoph Kuckelkorn hatten daraufhin die Empfehlung an alle ausgesprochen, auf Karnevalspartys, -sitzungen und -bälle zu verzichten. So will man einen Lockdown verhindern, der auch andere Kulturveranstaltungen betreffen würde. Als Gegenleistung bietet man den Vereinen eine Übernahme der entstandenen Ausfallkosten von bis zu 90 Prozent.

Wie funktioniert das?

Die Landesregierung habe in Abstimmung mit dem Bund sichergestellt, dass Veranstalter einerseits und Künstler, Technik- und Hilfspersonal sowie Saalbetreiber andererseits bei pandemiebedingten Absagen finanziell unterstützt werden. Dafür stehe den Betroffenen auf Bundesebene  der „Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen“ offen, für den die Veranstalter sich anmelden müssten.

Die Antragsdauer wurde mittlerweile bis Ende Januar 2022 verlängert. Auf Landesebene besteht mit dem Förderprogramm des MHKBG „Neustart miteinander“ die Möglichkeit, eingetragene Vereine zu unterstützen, die ehrenamtlich getragene, öffentliche Veranstaltungen durchführen.

Ausfallzahlungen für Vereine versprochen

Für Bundesfonds und Landesprogramm ist geklärt: Sie springen unter bestimmten Bedingungen mit Ausfallzahlungen auch dann ein, wenn private Veranstalter oder Vereine pandemiebedingt freiwillig die Veranstaltung absagen. Das gelte, so Wüst, für alle Veranstaltungen zwischen 18. November 2021 und 28. Februar 2022.

Wie wird das Angebot angenommen?

Offensichtlich ist die Nachfrage groß, dafür spricht die Fristverlängerung. Konkrete Zahlen wollte die Düsseldorfer Staatskanzlei auf Anfrage aber nicht nennen. Eine Sprecherin teilte mit: „Die Landesregierung befindet sich derzeit in enger Abstimmung mit dem Bund, um die landesseitige Unterstützung bestmöglich auf die Hilfsprogramme des Bundes (Sonderfonds Kultur, Überbrückungshilfen) abzustimmen, die die Karnevalsvereine grundsätzlich ebenfalls in Anspruch nehmen können. Bisher können beim Land noch keine Anträge gestellt werden.“   Bis zum Auszahlen von Fördergeldern scheint es noch ein weiter Weg zu sein.

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Hat die Landesregierung zu schnell zu viel versprochen? Ist eventuell gar nicht so klar, dass die Karnevalisten aus dem Sonderfonds des Bundes etwas abbekommen?

Fragen, die schnell geklärt werden sollten. „Wir werden den Landesvater an seinen Worten messen“, sagt etwa Michael Gerhold, Präsident der Nippeser Bürgerwehr. „Wir haben vorsichtshalber alle Veranstaltungen beim Sonderfonds registriert. Der Förderantrag wird dann innerhalb von acht Wochen nach Absage der Veranstaltung  gestellt.“ Die neun kölschen Traditionskorps wollen sich Anfang Januar besprechen und auf eine einheitliche Linie verständigen.

Was ist mit  alternativen Sitzungen?

Die  Stunksitzung hat am Montag alle geplanten Sitzungen für die laufende Session abgesagt, obwohl bereits mehr als 50 000 Tickets verkauft waren. . Hauptgrund: „Das war alles nicht mehr planbar“, sagt Stunker-Sprecher Winni Rau. Wenn noch im Spätherbst seitens der Politik versprochen wurde, es gebe keine Einschränkungen im Winter für Geimpfte, wäre dann kurz vor Weihnachten die Obergrenze auf 750 Besucher festgelegt worden. „Und keiner kann uns sagen, ob das nicht Mitte Januar nochmal reduziert wird auf zwei- oder dreihundert“, so Rau weiter.  

Man habe sich bereits letzten Sommer beim Sonderfonds des Bundes registriert und hoffe, so zumindest einen Teil der Kosten wie Ausfallmieten sowie der Ausfallhonorare für Technikers oder Ensemble erstattet zu bekommen. „Wir haben ja bereits 10 Tage lang im E-Werk aufgebaut, geprobt und zwei Generalproben vor Publikum gespielt.“ Auch Deine Sitzung und Fatal Banal haben bereits alles abgesagt.

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Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat den Karnevalisten viel versprochen.

Findet die „Lachende Arena“ statt?

Bei der wohl größten Karnevalssitzung der Welt ist man nach wie vor in der „Findungsphase“, sagt Lanxess-Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher: „Wir warten die neue Coronaschutzverordnung ab, die ab 12. Januar gilt.“ Der Manager echauffiert sich über die „Symbolpolitik“, die derzeit betrieben werde. Zu „überregionalen Großevents – was immer das ist“ , wie etwa Fußball- oder Eishockeyspielen, dürften keine Zuschauer, während gleichzeitig im Weihnachtszirkus oder im Theater, an Orten mit geringerer öffentlicher Wahrnehmung,  750 Zuschauer  zugelassen seien. Ein Ungleichgewicht, das aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei: „Zumal unsere Halle, unsere Belüftungsanlage und unsere Sicherheitskonzepte sichere Events ermöglichen“.

Und die Puppensitzung?

Im Hänneschen-Theater geht man derzeit davon aus, dass die Puppensitzung (Premiere 9. Januar) stattfinden wird. Unklar ist, wie viele Zuschauer dabei sein können. Auch das Divertissementchen soll mit 750 Zuschauern im Staatenhaus  Ende Januar wie geplant Premiere feiern.

Was ist mit dem Dreigestirn?

Das Kölner Dreigestirn tritt zum zweiten Mal unter denkbar schlechten Bedingungen an. Aus dem groß geplanten Einzug in die Hofburg wird wohl ein Fototermin. Und die für 7. Januar geplante Proklamation findet ohne Publikum im Gürzenich statt. Das verkündet zumindest der übertragende Sender WDR, das FK dementiert nicht. Das Trifolium wird sich wohl auch in diesem Jahr weitgehend auf Sozialtermine im kleinen Kreis konzentrieren müssen. Karneval feiern 2022? Kann der Jeck irgendwie vergessen.

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