Tochter verlässt GerichtssaalSo brutal starb Petra Nohl – Anwalt spricht von zweitem Täter

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Die Kölnerin Petra Nohl wurde in der Nacht zu Karnevalssonntag im Jahr 1988 ermordet.

Die Kölnerin Petra Nohl wurde in der Nacht zu Karnevalssonntag im Jahr 1988 ermordet.

Von einem „Gewaltexzess“ sprach beim „Cold Case“-Prozess der Gerichtsmediziner, der Mordopfer Petra Nohl im Jahr 1988 obduziert hatte.

Sie solle besser den Saal verlassen, riet Rechtsmediziner Burkhard Madea am Freitag der Tochter von Mordopfer Petra Nohl, die den „Cold Case“-Prozess im Landgericht bisher an jedem Verhandlungstag verfolgt hat. Zu grausam seien die Details zum Tod der Mutter, die nun folgen sollten. Die 36-Jährige kam dem nach, ließ ihre Anwältin Eva Kuhn zurück. „Solch massive Verletzungen im Halsbereich, das habe ich in den 40 Jahren meines Berufslebens so nicht noch einmal gesehen“, sagte der Gutachter.

Täter trat brutal auf den Hals von Petra Nohl ein

Der Täter habe an jenem 14. Februar 1988 mindestens 30 Mal mit heftiger stumpfer Gewalt auf den Hals der 24-jährigen Petra Nohl eingewirkt. Ein Trümmerbruch des bei jungen Menschen eigentlich sehr elastischen Schildknorpels sei nur so zu erklären, dass immer wieder auf die am Boden liegende Frau eingetreten worden war. „Das war ein Overkill“, so der renommierte Professor, der damals die Obduktion durchgeführt hatte.

Der Leichenwagen mit der toten Petra Nohl musste sich 1988 in die Schull- und Veedelszöch einreihen, die am Tatort vorbeizogen.

Der Leichenwagen mit der toten Petra Nohl musste sich 1988 in die Schull- und Veedelszöch einreihen, die am Tatort vorbeizogen.

Ob die Tat auch von zwei Tätern begangen worden sein könnte, wollte Verteidiger Uwe Krechel wissen. Das sei grundsätzlich möglich, sagte Madea, doch das Geschehen erschien ihm „wie aus einem Guss“. Die Anwälte des Angeklagten hatten bereits mehrfach angedeutet, dass für sie auch der Kronzeuge in dem Verfahren als möglicher Beteiligter in Betracht käme. Der hatte in seiner Zeugenaussage erwähnt, Petra Nohl sei „totgetrampelt“ worden und „an ihrem Blut erstickt“.

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Woher der Zeuge dieses Wissen nahm, wurde in dessen Aussage nicht deutlich. Verdächtig habe der frühere Bekannte des Angeklagten sich laut Verteidiger Marc Piel auch deshalb gemacht, weil er seine Schwester um ein Alibi für die Tatnacht gebeten habe. „Warum macht man das, wenn man nichts mit der Tat zu tun hat?“, fragte Piel. „Das spricht jetzt nicht für mich“, hatte der Zeuge dazu im Gericht erklärt und gesagt, dass er damals nicht irgendwie in die Sache hineingezogen werden wollte.

Köln: Kronzeuge meldete sich nach TV-Bericht

Nachdem der „Cold Case“ Ende 2022 bei der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ vorgestellt worden war, hatte sich der Kronzeuge beim Sender gemeldet. Er habe damals mit dem Angeklagten Norbert K. die Diskothek „Chari Vari“ in der Innenstadt besucht, man sei an einem Taxistand auf Petra Nohl getroffen. K. sei dieser gefolgt. Später habe er vom Mord erfahren und seinen Freund zur Rede gestellt. Der habe aggressiv reagiert. Danach hatte der Mann knapp 35 Jahre geschwiegen.

Die Aussagen des Kronzeugen führten zu einem DNA-Treffer und der Festnahme von Norbert K. Polizisten schilderten beim Prozess, dass K. ganz ruhig reagiert habe, als man ihm im Frühjahr einen Durchsuchungsbefehl präsentiert und eröffnet habe, ihn zur Vernehmung mitzunehmen. Seine Ehefrau hingegen sei sehr aufgebracht gewesen. „Nein, nein, das kann nicht sein“, habe sie laut eines Beamten gerufen und gefragt, wie ernst die Lage sei. Sehr ernst, vermittelten ihr die Beamten.

Angeklagter dachte bei Festnahme nicht an den Mordfall Nohl

Eher entlastend erschien allerdings die von den Beamten geschilderte Tatsache, dass Norbert K. in der Festnahmesituation gar nicht auf den Fall Petra Nohl geschlossen habe. „Die Frau ist doch gar nicht tot“, soll er verwirrt geäußert und damit einen ihm früher vorgeworfenen Angriff auf eine Prostituierte am Militärring gemeint haben. Bei der späteren Vernehmung im Polizeipräsidium stritt er dann jede Beteiligung an dem Mord ab. Bis heute beteuert der 56-Jährige seine Unschuld.

Der Angeklagte und die Verteidiger Uwe Krechel und Marc Piel im Kölner Landgericht.

Der Angeklagte und die Verteidiger Uwe Krechel und Marc Piel im Kölner Landgericht.

Harsche Kritik übten die Verteidiger am Beschluss der Schwurgerichtskammer, den beantragten Ortstermin nicht durchzuführen. Die Gegebenheiten des damaligen Bierdorfs in der Schweizer Ladenstadt, heute Opernpassagen, in dem sich das „Chari Vari“ befand, seien vor Ort nicht mehr zu rekonstruieren, es habe sich zu viel verändert, so die Richterin. Die Staatsanwältin ergänzte, dass alte Fotos bereits genug Aufschluss über die Örtlichkeit gegeben hätten. Der Prozess wird fortgesetzt.

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