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Bombe in Köln-EhrenfeldDiese Faktoren haben die Evakuierung so zeitaufwendig gemacht

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Das Ordnungsamt der Stadt Köln bei Evakuierungsmaßnahmen in Ehrenfeld.

  • Am Montag wurden 13.000 Menschen in Ehrenfeld evakuiert, weil dort eine Weltkriegsbombe entschärft wurde.
  • Unter den Evakuierten waren 20 Corona-Infizierte und 45 Kontaktpersonen - mehr als erwartet.
  • Eine Evakuierung mit so vielen eventuell und tatsächlich infizierten Menschen hat die Feuerwehr in Köln vorher noch nie stemmen müssen.

Köln-Ehrenfeld – Die Szenerie hatte fast etwas Gespenstisches: Dutzende Rettungswagen stehen in der Nacht zum Dienstag im Flutlichtschein vor dem Rhein-Energie-Stadion gegenüber der Jahnwiese. Die Motoren laufen, die Scheinwerfer sind eingeschaltet, in 20 Fahrzeugen sitzen Patienten. Einige sind in Decken gehüllt, weil die Türen zum Lüften offen stehen. Zwischen den Rettungswagen laufen Feuerwehrleute in weißen Ganzkörperschutzanzügen umher. „Stopp, hier geht’s nicht weiter für Sie“, ruft ein Sicherheitsmitarbeiter mit gelber Neonweste. Auf den fragenden Blick hin wird er deutlicher: „Ab hier ist Corona.“

Große Evakuierungsmaßnahmen nach Bombenfunden sind immer aufwendig, aber in Zeiten von Corona verlangen sie den Einsatzkräften von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Hilfsorganisationen noch ein großes Stück mehr ab, gilt es doch, die Betroffenen so zu transportieren und vorläufig unterzubringen, das sie weder Einsatzkräfte noch andere Evakuierte anstecken können – eine logistische Herausforderung.

20 Infizierte und 45 Kontaktpersonen evakuiert

Insgesamt 65 Menschen, die coronabedingt unter häuslicher Quarantäne stehen, wurden am Montagabend aus ihren Wohnungen in Ehrenfeld abgeholt und mit Rettungswagen zum Sammelplatz vor dem Stadion gebracht, während in der Fröbelstraße die Vorbereitungen für die Entschärfung einer Weltkriegsbombe getroffen wurden. Um 1.10 Uhr hatte der Kampfmittelbeseitigungsdienst den Sprengkörper unschädlich gemacht.

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20 der 65 Isolierten waren am Montag mit dem Virus infiziert, die übrigen 45 galten als Kontaktpersonen. Sie müssen zwei negative Tests vorweisen, ehe sie die Quarantäne verlassen dürfen. Zum Vergleich: Beim Bombenfund vorige Woche an der Uniklinik mussten sich die Rettungskräfte nur um drei Infizierte und neun Kontaktpersonen kümmern, der Aufwand war erheblich geringer.

Mit dem gleichzeitigen Transport einer „großen Anzahl“ von 65 Menschen, die nachgewiesen oder womöglich mit dem Virus infiziert sind, hatte die Feuerwehr in Köln bislang keine Erfahrungen, sagt Sprecher Ulrich Laschet am Tag danach. „Von daher war das für uns Learning by Doing.“ Es sei aber alles ruhig und gut verlaufen. „Es gab keine Beschwerden, wir werden das beim nächsten Mal wieder so machen.“

Infizierte streng getrennt von übrigen Evakuierten

Die Feuerwehr teilte die 65 Betroffenen in drei Kategorien ein: in Kontaktpersonen, in positiv Getestete ohne Symptome und in positiv Getestete mit Symptomen. Die erste Gruppe wurde vor dem Stadion im großen Rettungsbus der Feuerwehr untergebracht. Die zweite Gruppe kam ein paar Meter weiter in einem Mannschaftsbus der Feuerwehr unter, und die Menschen, die der Überwachung bedurften, mussten während der gesamten Zeit im Rettungswagen ausharren.

Sie alle blieben strikt getrennt von den übrigen 400 Evakuierten, die im VIP-Bereich des Stadions Unterschlupf fanden und vom Roten Kreuz mit Kartoffelsuppe und Getränken versorgt wurden. Die große Masse der insgesamt 13000 Ehrenfelder, die ihre Wohnungen verlassen mussten, kamen bei Freunden oder Verwandten oder in Hotels unter oder harrten in ihren Autos an den Straßensperrungen aus, bis die Bombe entschärft war.

Krankenwagen werden aufwendig gereinigt

Für die Feuerwehr dauerte die Arbeit noch bis in den frühen Morgen. Nach dem Rücktransport der Corona-Patienten und Kontaktpersonen mussten die Rettungswagen desinfiziert werden. Alle Kontaktflächen in den Fahrzeugen seien mit der „Scheuer-Wisch-Methode“ gereinigt worden, so Laschet, anschließend musste das Desinfektionsmittel zwei Stunden einwirken. Auch bei künftigen Bombenfunden werde man Corona-Patienten und Kontaktpersonen möglichst als letzte aus dem Gefährdungsbereich evakuieren, um die Rettungswagen davor so lange wie möglich einsatzbereit zu halten.

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Immerhin: Wenigstens die aufwendige Räumung des Seniorenwohnheims an der Mechternstraße ist den Bewohnern wie den Einsatzkräften am Ende erspart geblieben. Nach Rücksprache mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst, so Laschet, habe man die Menschen aus den oberen Stockwerken vorübergehend nach unten verlegt in Räume, die der Bombe abgewandt seien.

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