Arbeit zu „Discountpreisen“Kölner Kindertagespflege demonstriert für ihren Erhalt

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Das Bild zeigt Demonstrantinnen, die mit Schildern für den Erhalt der Kölner Kindertagespflege demonstrieren.

Demonstration für den Erhalt der Kölner Kindertagespflege.

Auch in diesem Jahr hätten viele Pflegende aus finanziellen Gründen oder, weil sie am Ende ihrer Kräfte waren, die Kindertagespflege verlassen.

„Kindertagespflege ist kein Ehrenamt“, stand auf dem Schild, das Michael Hollbring am Dienstagnachmittag auf dem Theo-Burauen-Platz vor dem Spanischen Bau des Rathauses hochhielt. Er gehörte zu den etwa 100 Demonstranten, die einem Protestaufruf der IG Kölner Tageseltern gefolgt waren. Als Tagesvater betreut Hollbring in angemieteten Räumen in Weidenpesch fünf Kinder. In den zurückliegenden fünf Jahren sei die Miete um 30 Prozent gestiegen, sagte er. Der städtische Mietzuschuss dagegen sei gleich geblieben; seit 2015 beträgt er einen Euro pro Kind und Stunde.

Die IG fordert 1,30 Euro. Auch sonst hält sie die Vergütung der öffentlichen Hand, die zu den einkommensabhängigen Elternbeiträgen hinzukommt, für zu gering in Zeiten von Inflation und stark gestiegener Energiepreise. Tageseltern erhalten von der Stadt festgelegte Stundensätze pro betreutem Kind. Sie setzen sich aus einer Förderleistung von aktuell 3,61 Euro und einem seit 2013 unveränderten Sachkostenbeitrag in Höhe von 1,73 Euro zusammen; macht in Privaträumen 5,34 Euro und in eigens angemieteten Räumen 6,34 Euro. Zurzeit wird der Zuschuss zu den Sachkosten neu berechnet.

Stadt könne auf die Betreuungsform nicht verzichten

„Die Kindertagespflege ist in Bedrängnis geraten“, sagte Kirsten Wüpping, Sprecherin der Interessengemeinschaft, die zuletzt im Mai zur Demonstration aufgerufen hatte. „Auch in diesem Jahr haben viele Kollegen und Kolleginnen aus finanziellen Gründen oder, weil sie unter den gegebenen Umständen am Ende ihrer Kräfte waren, die Kindertagespflege verlassen.“ Die Stadt Köln könne es sich nicht leisten, „auf diese hochwertige, kindorientierte, da familienähnliche Betreuungsform zu verzichten.“

Das Bild zeigt eine Rednerin bei  der Demonstration für den Erhalt der Kölner Kindertagespflege.

Eine Rednerin bei der Demonstration für den Erhalt der Kölner Kindertagespflege.

Allein um dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zu genügen, ist die Stadt auf die rund 900 Tagespflegepersonen angewiesen. Zum Ende des Kita-Jahres 2022/23 standen stadtweit rund 15.000 Plätze in der Kindertagesbetreuung für Unter-Dreijährige zur Verfügung, davon etwa 3900 in der Kindertagespflege, von denen mehr als 3400 belegt waren.

Versorgungsquote derzeit nicht erfüllt

Daraus ergibt sich eine U3-Versorgungsquote von 49,2 Prozent. Die Stadt Köln arbeitet nach eigenem Bekunden „weiter daran, die durch den Rat für die Zukunft beschlossene U3-Versorgungsquote von 52 Prozent zu erreichen“. In ihrer Rede sprach Wüpping auch die Konkurrenz zwischen Kindergärten und den schlechter bezahlten freiberuflichen Tagespflegekräften an: „Wir fangen verzweifelte Eltern auf, die für ihr dreijähriges Kind keinen Kitaplatz erhalten, während Kindergärten uns die jüngeren Kinder aus der Kindertagespflege herausreißen“.

Die Kitas lockten Erzieherinnen und Kinderpfleger mit zusätzlicher Altersvorsorge, Jobtickets und Prämien. Im Gegensatz dazu müssten Tagespflegepersonen mangels ausreichender finanzieller Unterstützung durch die Kommune ihre Arbeit zu „Discountpreisen“ leisten.

Die Demonstration fand aus gutem Grund in der Zeit statt, als der Jugendhilfeausschuss im Ratssaal tagte. Zeitweilig zeigte ein Teil der Demonstranten auf der Tribüne des Saals Präsenz. Denn, wie Wüpping sagte: „Wir benötigen die Unterstützung des Jugendhilfeausschusses, des Wirtschaftsausschusses, der Ratsmitglieder sowie der einzelnen Parteien.“

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