KölnLiegt unter der Vogelsanger Straße die Residenz des römischen Statthalters?

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Kaum vorstellbar: Teile der heutigen Vogelsanger Straße waren vor knapp 2000 Jahren eine luxuriöse Badeanlage.

Köln – Archäologen haben unter der Vogelsanger Straße Spuren einer luxuriösen römischen Therme gefunden. Die Entdeckungen wurden im Zuge von Bauarbeiten gemacht – und sie sind nicht nur spektakulär, sondern auch von immenser historischer Bedeutung. So konnten die Forschenden des Römisch-Germanischen Museums herausfinden, dass im Straßenabschnitt zwischen Roßstraße und Geisselstraße im römischen Köln eine rund 130 Quadratmeter große Badeanlage errichtet wurde. Die Archäologen ordnen sie einer Vorstadtvilla zu, deren Überreste zwischen Mechtern- und Thebäerstraße bereits im Jahr 1934 entdeckt wurden.

„Das entdeckte repräsentative Badegebäude mit Ziegeln aus militärischer Produktion und die Größe und Ausstattung der Gesamtanlage deuten auf eine herausragende Bedeutung der ehemaligen Villa an der Vogelsanger Straße hin“, sagt Gregor Wagner, Abteilungsleiter für Bodendenkmalpflege im Römisch-Germanischen Museum. Eigentlich standen die Ziegel für Privatbauten im römischen Köln nicht zur Verfügung. Wagner sieht darin einen Hinweis dafür, dass die Vorstadtvilla als Residenz des in Köln residierenden römischen Statthalters von Niedergermanien fungiert haben könnte. „Um diese Vermutung zu überprüfen, müssen allerdings weitere Untersuchungen angestellt werden“, sagt Wagner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er rechnet durch die Analyse der Funde mit weiteren Erkenntnissen.

Entscheidende Entdeckungen für die Forschung am römischen Köln

Die Anlage war aufgeteilt in jeweils ein Heiß-, Warm- und Kaltbad, von den Badbesuchern wurde jedes dieser Becken im Rahmen eines Baderundgangs nacheinander aufgesucht. Verkleidungen aus unterschiedlichen Marmorsorten und Reste von Mosaikfußböden zeugen von einer luxuriösen Ausgestaltung – mit Fußbodenheizung. Als „sensationell“ bezeichnet die Stadt die gut erhaltenen Reste der Wand- und Deckenmalereien, die in dieser Ausführung einzigartig für die römischen Provinzen entlang von Rhein und Donau war.

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So wurden in den bunt bemalten Putz Muschelschalen und Schneckenhäuser eingedrückt. Vergleichbare Dekorationen sind bisher nur aus einer über 600 Kilometer vom Rhein entfernten Region in der heutigen Bretagne bekannt, dem antiken Armorica. Klar ist also: Die Besitzer der Villa verfügten über wichtige Beziehungen weit über das Rheinland hinaus.

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Ein freigelegter ehemaliger Kanal.

Die Entdeckungen werfen für die Erforschung des römischen Kölns eine grundsätzliche Frage auf: Haben die Vorstadtvillen den Handel und die politische Entwicklung viel stärker geprägt als bislang angenommen? „An unzähligen Stellen in der Stadt liegen Bodendenkmäler auch im heutigen öffentlichen Straßenraum“, betont Wagner.

Die Villa an der heutigen Vogelsanger Straße war die wohl wichtigste in der antiken Vorstadt, aber nicht die einzige. „Am Barbarossaplatz und unter St. Pantaleon sind durch archäologische Ausgrabungen wichtige Vorstadtvillen bekannt“, erklärt Wagner. „Eine weitere Vorstadtvilla vermuten wir an der Dasselstraße, hier wurde im 19. Jahrhundert ein Badegebäude entdeckt.“ Weitere Funde gelten als wahrscheinlich, sind aber abhängig von Baumaßnahmen, ohne die Ausgrabungen in der Regel nicht möglich sind.

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Die Auswertung der Funde an der Vogelsanger Straße dauert noch an. Im Landesmuseum in Bonn wurden sie teilweise bereits ausgestellt und für ihre herausragende historische Bedeutung gewürdigt. Der Ort, der laut Gregor Wagner definitiv „eine Sonderstellung im nahen Umfeld der römischen Provinzhauptstadt“ einnahm, wird nun wieder von Autos, Radfahrern und Fußgängern überquert. Unter dem Asphalt wurde die historische Bausubstanz allerdings bestmöglich erhalten.

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