Strafvereitelung im Amt?Spezialeinheit des Kölner Zolls bei Razzia durchsucht

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Symbolbild

  • Im Rahmen einer Razzia ist das Zollkriminalamt in Köln von drei Staatsanwälten und zehn Polizeibeamten durchsucht worden.
  • Der Grund: Der Behörde wird vorgeworfen, Verdachtsanzeigen von Banken zur Geldwäsche nicht oder zu spät an Polizei und Justiz weitergegeben zu haben.
  • Warum die Durchsuchung sich nun zu einem Skandal beim Zoll auswachsen könnte, lesen Sie hier.

Köln – Selten durchsuchen Strafverfolger Kollegen. Noch seltener erfolgt eine Razzia, weil der Verdacht besteht, dass durch schlampige Arbeit viele Ermittlungsverfahren liegen bleiben. Als die drei Staatsanwälte aus Osnabrück und zehn Polizeibeamten an der Tür zum Zollkriminalamt am Dienstag an der Bergisch Gladbacher Straße erschienen, begehrten sie Einlass in die Räume der zolleigenen Financial Intelligence Unit (FIU).

Die Spezialeinheit kümmert sich um Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Die niedersächsischen Ermittler gehen dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt nach. Wie Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer mitteilte, „wird derzeit noch gegen unbekannte Mitarbeiter der FIU ermittelt“. Im Kern geht es um acht Fälle, in denen die Kölner Zollbehörde Verdachtsanzeigen von Banken zur Geldwäsche nicht oder zu spät an Polizei und Justiz weitergegeben haben soll.

Millionen über Geldinstitute in dunkle Kanäle nach Afrika geflossen

„So etwas müsste binnen 72 Stunden geschehen, ansonsten können wir manchen dubiose Finanzflüsse nicht mehr aufhalten“, so Retemeyer. Seinen Angaben zufolge sollen etwa 1,7 Millionen Euro über Geldinstitute in dunkle Kanäle nach Afrika geflossen sein. Die FIU soll zu spät reagiert haben. Die Hintergründe wollen die Staatsanwälte nun klären. Ein Sprecher der Generalzolldirektion sagte, man werde mit der Staatsanwaltschaft kooperieren.

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Die Durchsuchung könnte sich zu einem Skandal beim Zoll auswachsen. Sebastian Fiedler, Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, (BDK) befürchtet, „dass die Ermittlungen Tausende von Geldwäscheverdachtsmeldungen mit eindeutigen Straftaten ans Tageslicht bringen werden und von der FIU in die Ablage, den sogenannten Infopool, verbannt wurden“.

Zunehmende Kritik über zolleigene Spezialeinheit

Zudem werde offenbar, „wie viel schmutziges Geld dem Staat durch die Lappen ging“. Seitdem die FIU 2017 vom Bundeskriminalamt (BKA) zum Zoll wechselte, wächst die Kritik. Seither überprüfen Spezialisten in Dellbrück die Geldwäscheanzeigen der Banken bundesweit. Immer wieder klagen Vertreter der Sicherheitsbehörden darüber, dass die Zoll-Beamten die Verdachtsfälle zu langsam bearbeiteten. Das BKA monierte Ende 2018, dass die Mitteilungen der FIU oft fehlerhaft seien. Der „Spiegel“ berichtet, dass die Zollanalysten wichtige Meldungen über Terrorfinanzierung liegen ließen.

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Ferner musste die Bundesregierung auf Nachfrage der Opposition einen gehörigen Verfahrensstau bei der FIU einräumen. Im Mai 2019 lagen 3600 Meldungen auf Halde. Ein Zoll-Sprecher hebt indes die Fortschritte der Geldwäsche-Sektion hervor. So sei das Personal bei der FIU erhöht worden und seit Jahresbeginn hätten die Finanzfahnder erweiterte Zugriffe auf Polizeidatenbanken erhalten, um schneller Informationen zu gewinnen. „Dies wird dazu beitragen, die Arbeit der FIU weiter zu verbessern“, so der Sprecher.

FIU-Chef wechselt nach nur zwei Jahren auf anderen Posten

Zweifel bleiben. Vor wenigen Monaten kritisierten einige Landeskriminalämtern laut NDR in einer Schaltkonferenz, dass nur noch wenige Verdachtsmeldungen eingingen. Nach Informationen dieser Zeitung erreichte Anfang April ein Forderungsschreiben aus NRW Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Darin mahnt ihr Amtskollege Peter Biesenbach (CDU) einen schnelleren Informationsfluss durch die FIU an. Eine Antwort steht noch aus.

Zumal für den Zoll Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zuständig ist. Die Schlagzeilen aus Köln werden ihm nicht gefallen. Da passt es ins Bild, dass der FIU-Chef Christof Schulte nach nur zweijähriger Tätigkeit auf einen anderen Posten wechseln soll.

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