Nächster Wirbel im ProzessThomas Drach lehnt den Richter als befangen ab – wegen Pausenvorfall

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Der Reemtsma-Entführer Thomas Drach beim Prozess im Kölner Landgericht.

Der Reemtsma-Entführer Thomas Drach beim Prozess im Kölner Landgericht.

Erneut gab es Wirbel im Prozess um Thomas Drach. Weil der Richter sich in einer Pause unterhielt und die Staatsanwältin einen Witz machte. 

In den Prozess um Thomas Drach kehrt vor dem Landgericht keine Ruhe ein. Der frühere Reemtsma-Entführer lehnt nun den Vorsitzenden Richter Jörg Michael Bern offiziell ab – seine Verteidiger haben einen entsprechenden Antrag wegen der Besorgnis der Befangenheit gestellt. Hintergrund ist ein Wortwechsel des Richters mit einem Gutachter außerhalb der eigentlichen Hauptverhandlung.

Köln: Richter sprach in Prozesspause mit Gutachter

An einem früheren Verhandlungstag hatte Richter Bern den Sachverständigen Wolfgang Potthast in einer Prozesspause angesprochen. Potthast, Professor an der Kölner Sporthochschule, hatte Drach nach der Auswertung von Überwachungsbildern von Tatorten schwer belastet. Das Gespräch in Gerichtssaal 112 hatte Drachs Verteidiger Andreas Kerkhof bemerkt und sich irritiert gezeigt.

Kerkhof wollte vom Richter wissen, warum dieser außerhalb der Hauptverhandlung offenbar Prozessstoff mit dem Gutachter erörtere. Er solle hier kein Fass aufmachen, soll Bern dem Verteidiger daraufhin geantwortet und erklärt haben, lediglich ein Missverständnis habe klären zu wollen, das bei der Befragung des Sachverständigen innerhalb der Strafkammer aufgekommen sei.

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Kölner Anwalt: „Beweisaufnahme wurde durchgespielt“

Das Ablehnungsgesuch folgte auf dem Fuße. „Es kann nicht sein, dass der Richter mit dem Sachverständigen die Beweisaufnahme schon einmal durchspielt“, erklärt Kerkhof dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Nachfrage. Bern hatte das bestritten. Kerkhof wolle nun wissen, was der Richter genau mit dem Gutachter erörtert habe. Über den Befangenheitsantrag ist noch nicht entschieden.

In der Verhandlung am Montag war gleich der nächste Streit entbrannt. Eine weitere für Überwachungsvideos zuständige Sachverständige hatte von einem Vorgutachten berichtet. Das läge ihnen nicht vor, monierten die Verteidiger. Bern sagte, die Sachverständige müsse ihre internen Arbeitspapiere nicht herausgeben. Es zähle einzig und allein das bereits erstattete Gutachten.

Wirbel um scherzhafte Äußerung der Staatsanwältin

Nach minutenlanger Diskussion konstatierte Richter Bern: „Wir bewegen uns in einer Endlosschleife.“ Als Staatsanwältin Anja Heimig bemerkte, sich aufgrund der ständigen Wiederholungen bereits geistig verabschiedet zu haben, sagte Anwalt Kerkhof: „Das wäre aber ein Revisionsgrund, wenn hier eine Verfahrensbeteiligte fehlt.“ Ein weiterer Anwalt forderte die Protokollierung des Ausspruchs.

„Da sitzen ja zwei Vertreterinnen der Staatsanwaltschaft“, entgegnete Richter Bern. Staatsanwältin Heimig, die nur noch lachend und ungläubig den Kopf schüttelte, spreche ja nur für sich selbst. Es war wieder so ein Verhandlungstag, bei dem aus dem Fokus zu geraten schien, worum es eigentlich geht: nämlich vier Raubüberfälle mit zwei angeschossenen Geldboten. Der Prozess wird fortgesetzt.

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