Kölner HansaringHaltestelle des Grauens – Furchtbar ist gar kein Ausdruck

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Die S- und Stadtbahn-Haltestelle Hansaring

  • Schimmelnder Abfall, eine tote Taube an den Fahrradständern, Müll, der sich zentimeterhoch ansammelt. Die S- und Stadtbahn-Haltestelle Hansaring starrt vor Unrat, Kot und Dreck.
  • Das findet jedenfalls Ex-Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner, als sie sich nach Karneval ein Bild von der Situation macht.
  • Unsere Kolumnistin fragt sich, wer an der Verwahrlosung der Haltestelle Schuld hat, die einst zu den geradezu schicken Stationen im KVB-Netz gehörte.

Köln – Manchmal frage ich mich, ob Sie denken, ich wäre unglücklich, wenn ich in Köln nichts zu meckern hätte. Weit gefehlt! Ich wäre ausgesprochen froh darüber. Schließlich lebe ich lieber in einer schönen Stadt. Sie bestimmt auch. Deshalb nehme ich es einfach mal als Kompliment, wenn Leserinnen und Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mich auf Missstände und Schmuddelecken in der Stadt hinweisen und mir sagen: „Können Sie darüber nicht mal etwas schreiben?!“

Kürzlich war es wieder soweit: Ich müsse mir unbedingt die S- und Stadtbahn-Haltestelle Hansaring ansehen. Die sei in ganz furchtbarem Zustand. Also bin ich direkt nach Karneval hingefahren. Und ich muss sagen: Furchtbar ist gar kein Ausdruck!

Wenn Karneval mit Tonnen von Müll über Köln hinweggeht

Generell bin ich ja der Meinung, Großstädte sind keine Postkarten-Idyllen. Und mag speziell Köln auch im Ruf stehen, besonders schmuddelig zu sein, so muss ich doch zu seiner Ehrenrettung sagen: Wenn ich zum Beispiel bei meiner Tochter in Hamburg bin, bewege ich mich dort auch nicht nur in blitzblank geputzten Quartieren. In Köln bin ich umgekehrt sogar erstaunt, wie schnell und gründlich die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) die Straßen und Plätze wieder sauber bekommen, wenn der Karneval mit seinen Tonnen von Müll über sie hinweggegangen ist.

Doch dann gibt es doch immer wieder die Momente, in denen ich vollkommen fassungslos bin. Mein Ortstermin am Hansaring war so ein Moment. Dass die – Verzeihung – Idioten mit ihren Spraydosen überall ihr Unwesen getrieben haben, lasse ich mal beiseite. Sonst würde ich in dieser Stadt mit der Klage ja nie fertig.

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Die Wände der Haltestelle Hansaring sind mit Graffiti besprüht.

Aber zentrale Bereiche der Haltestelle starren dermaßen vor Unrat, Kot und Dreck, dass man sich nur noch ekelt. Ich habe schimmelnden Abfall gesehen, eine tote Taube direkt an den Fahrradständern, wo sich der Müll ohnehin zentimeterhoch angesammelt hat. Es dreht einem den Magen um, oder lassen Sie es mich mal in geboten derber Form sagen: Es ist zum Kotzen. Ich kann überhaupt nicht begreifen, dass man so etwas der Bürgerschaft und den Gästen Kölns zumutet, die hier jeden Tag zu Tausenden verkehren.

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Eine tote Taube liegt direkt an den Fahrradständern

Ein- und Ausgänge der KVB-Haltestelle sind eine einzige Sauerei

Besonders die Ein- und Ausgänge zur unterirdisch gelegenen KVB-Haltestelle sind eine einzige Sauerei. Die schräggestellten Überdachungen aus Glas und blau lackiertem Stahl sowie besonders die gelben, Pylonen-artigen Plastiken mit den integrierten Beleuchtungskörpern, die Manfred Stein Anfang der 1990er Jahre als Ergänzung zur 20 Jahre älteren Ursprungsbebauung von Johann-Herbert Klaucke entworfen hat, waren eigentlich einmal ein Hingucker. Die Haltestelle Hansaring gehörte damit einmal zu den wirklich ansprechend gestalteten, geradezu schicken Stationen im KVB-Netz.

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Die Glasscheiben sind blind vor Schmutz.

Aber was ist daraus geworden? Die Lackfarbe abgeblättert, die Glasscheiben blind vor Schmutz, die Leuchtstoffröhren so voll mit Taubenkot, dass sie kaum mehr Licht geben. In den Ecken der Dachschrägen ist der Taubenmist zu einer dicken, übel riechenden, teigartigen Masse verbacken. An den Treppen hoch zur S-Bahn hat der Urin von 20 Jahren seine Spuren hinterlassen. Rostfarbene Ränder und Schlieren auf Kacheln und Betongemäuern sind dafür ein ziemlich untrügliches Indiz.

Haltestelle Hansaring: Seit der Erbauung nichts mehr passiert?

Dass hier nicht täglich oder wöchentlich geputzt wird, das kann ich schon nachvollziehen. Aber nicht wenigstens einmal im Quartal oder meinetwegen im halben Jahr? Nimmt denn hier nie jemand einen Schrubber in die Hand? Kann hier keiner mal nach dem Rechten sehen und die Fensterputzer oder einen Maler mit etwas Farbe vorbeischicken? Nach 30 Jahren wäre ein Neuanstrich der Stahlprofile doch wirklich keine unangemessene Verschwendung.

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Spontan hätte ich ja gewettet, dass an dieser Haltestelle seit der Erbauung nichts mehr passiert ist. Aber als Kolumnistin habe ich das Glück der Rückkopplung mit aufmerksamen Redakteuren. Tim Attenberger hat mich daran erinnert, dass die Stadt im Jahr 2015 eigens eine Pressekonferenz veranstaltet und die Haltestelle Hansaring als Musterbeispiel für das Aufräumen der Kölner Straßen, Plätze und Grünflächen vorgeführt hat. Zur Verbesserung der Zustände sei eigens das „Stadtbildforum“ gegründet worden, war damals im „Stadt-Anzeiger“ zu lesen.

Kompetenz-Geschiebe im Niemandsland der Zuständigkeiten

Das klingt fünf Jahre später wie ein einziger schlechter Witz. Bei der Lektüre des Artikels fand ich zugleich meinen Verdacht bestätigt, woran das alles liegt: am dauernden Kompetenz-Geschiebe im Niemandsland der Zuständigkeiten. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, als ich die Erklärung von Franka Schinkel las, die schon 2015 die Funktion einer „Stadtraummanagerin“ bekleidete: Es gebe „für einen öffentlichen Ort sehr viele Verantwortliche“.

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2015 wurde die Haltestelle Hansaring als Musterbeispiel für Sauberkeit vorgeführt – das ist heute nicht mehr der Fall.

Und dann folgte die Aufzählung von ungelogen elf Unternehmen, politischen Gremien, Ämtern und Behörden. Wie soll bei solch einem Wirrwarr je etwas Sinnvolles herauskommen? Ob die Stadtraummanagerin in den letzten fünf Jahren mal am Hansaring danach geschaut hat, was aus ihrem „Modellprojekt“ geworden ist?

Bahnsteige der KVB sind recht gut gepflegt

Die Folgen des Verantwortungs-Vakuums sind hier überdeutlich: Die verkommenen Bereiche liegen genau dort, wo nicht eindeutig die Deutsche Bahn oder die KVB zuständig sind. Deren Bahnsteige sind jeweils recht gut gepflegt. Aber die Zone dazwischen! Als Parallelbeispiele kommen mir der Mülheimer Bahnhof oder die Haltestelle Chorweiler in den Sinn – und das nährt den Verdacht: Der Schlendrian hat Methode!

Gerüchteweise habe ich gehört, am Hansaring sei das Problem, dass die Stadt und die KVB sich nicht auf die Konditionen für ein gemeinsam beauftragtes Reinigungsunternehmen einigen könnten. Ich bin gespannt, ob die Verantwortlichen sich hierzu äußern – und vor allem: ob sie Abhilfe schaffen und am Hansaring endlich mal sauber machen, regelmäßig.

Aufgezeichnet von Joachim Frank

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